Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Einem Ehegatten steht der Werbungskostenpauschbetrag nach § 14 Abs. 1 Ziff. 2 EStDV 1953 (ß 9a Ziff. 2 EStG 1955) bei den Einnahmen aus Kapitalvermögen nicht zu, wenn sein Einkommen und das seines mit ihm zusammen lebenden Ehegatten insgesamt die Grenze von 3.000 DM (ab 1. Januar 1955 6.000 DM) überstiegen hat. Es spielt dabei keine Rolle, ob die Ehegatten getrennt oder zusammen veranlagt werden.
Normenkette
EStG §§ 9, 9a Ziff. 2; EStDV § 14 Abs. 1 Ziff. 2
Tatbestand
Der Beschwerdeführer (Bf.) hatte 1953 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von 32.338 DM. Seine mit ihm zusammen lebende Ehefrau hatte Einnahmen aus Kapitalvermögen von 93 DM. Der Bf. wollte diesen Betrag aus der Veranlagung ausgenommen haben, weil seiner Ehefrau der Werbungskostenpauschbetrag von 200 DM gemäß § 14 Abs. 1 Ziff. 2 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) 1953 zustehe. Das Finanzamt lehnte den Antrag unter Berufung auf Abschn. 69 Abs. 2 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1953 ab.
Das Finanzgericht wies die Sprungberufung als unbegründet zurück. Es führte im wesentlichen aus: Grundsätzlich müßten die Einkünfte jedes Ehegatten selbständig ermittelt werden. Wenn beide Ehegatten Einkünfte aus Kapitalvermögen hätten, müßten grundsätzlich bei den Einnahmen jedes Ehegatten die ihm entstandenen Werbungskosten abgesetzt werden. Anders als in den Fällen des § 14 Abs. 1 Ziff. 1 und Ziff. 3 EStDV 1953 sei aber der Werbungskostenpauschbetrag bei Einnahmen aus Kapitalvermögen auch an die Voraussetzung geknüpft, daß das Einkommen eine bestimmte Grenze nicht übersteige. Das Einkommen müsse auf beide Ehegatten bezogen werden. Wenn also das Einkommen zusammen veranlagter Ehegatten die maßgebende Grenze übersteige, so sei der Werbungskostenpauschbetrag des § 14 Abs. 1 Ziff. 2 EStDV 1953 nicht zu gewähren.
Entscheidungsgründe
Auf die Rechtsbeschwerde (Rb.) muß die Vorentscheidung aufgehoben werden, damit das Finanzamt die Veranlagung des Bf. und seiner mit ihm zusammen lebenden Ehefrau nach Massgabe des inzwischen erlassenen Gesetzes vom 26. Juli 1957 durchführt (vgl. Urteil des Senats VI 33/56 U vom 31. Oktober 1957, Slg. Bd. 65 S. 520, Bundessteuerblatt - BStBl - 1957 III S. 433).
Dabei hat das Finanzamt den vom Bf. beantragten Werbungskostenpauschbetrag des § 14 Abs. 1 Ziff. 2 EStDV 1953 nicht zu gewähren. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs werden die Pauschbeträge des § 14 Abs. 1 Ziff. 1 EStDV 1953 bei Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit und des § 14 Abs. 1 Ziff. 3 a. a. O. bei wiederkehrenden Bezügen, insbesondere Sozialrenten, wenn bei zusammen lebenden Ehegatten jeder Ehegatte solche Einnahmen hat, doppelt gewährt, soweit die Pauschbeträge die tatsächlichen Einnahmen nicht übersteigen (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 325/54 U vom 3. November 1955, Slg. Bd. 61 S. 495, BStBl 1955 III S. 390, und die gleichzeitig ergehende, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmte Entscheidung des Senats VI 162/55 U). Entsprechendes gilt, wie das Finanzgericht zutreffend angenommen hat, grundsätzlich auch für den hier streitigen Werbungskostenpauschbetrag bei den Einnahmen aus Kapitalvermögen nach § 14 Abs. 1 Ziff. 2 EStDV 1953. Im Streitfall ist diese Vorschrift aber nicht anwendbar, weil das Einkommen der zusammen lebenden Ehegatten insgesamt die Grenze von 3.000 DM - in § 9a Ziff. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1955 ist die Grenze auf 6.000 DM erhöht worden - überstiegen hat. Das Finanzgericht hat mit Recht diese Einkommensgrenze auf das gemeinsame Einkommen der Ehegatten bezogen. § 14 Abs. 1 Ziff. 2 EStDV 1953 ist ein Kleinrentnerprivileg. Die Gewährung des Pauschbetrags nach § 14 Abs. 1 Ziff. 2 EStDV 1953 ist nicht nur, wie nach Ziff. 1 und 3 a. a. O., davon abhängig, daß entsprechende Einnahmen vorhanden sind, sondern auch, daß das Einkommen eine verhältnismäßig geringe Höhe nicht übersteigt. Der Wille des Gesetzgebers, nur bestimmte Steuerpflichtige mit geringem Einkommen tariflich zu begünstigen, ist hier klar zum Ausdruck gekommen. Für Vergünstigungen, die nicht auf bestimmte Einnahmen, sondern auf das Einkommen bezogen sind, ist aber das Einkommen der zusammen lebenden Ehegatten maßgebend, und zwar, wie der Senat bereits entschieden hat, auch auf Grund des Gesetzes vom 26. Juli 1957, durch das die Besteuerung von Ehegatten für die Jahre 1949 bis 1957 neu geregelt worden ist (vgl. Urteile des Senats VI 9/56 S vom 24. Januar 1958, BStBl 1958 III S. 77, und VI 207/57 U vom 31. Januar 1958, BStBl 1958 III S. 108). Es spielt dabei keine Rolle, ob die Ehegatten getrennt oder zusammen veranlagt werden.
Fundstellen
Haufe-Index 409017 |
BStBl III 1958, 208 |
BFHE 1958, 543 |
BFHE 66, 543 |