Studie

New-Work-Barometer 2025: New Work lebt leiser weiter


New-Work-Barometer 2025: New Work lebt leiser weiter

Öffentlich flaut der Hype um New Work ab. Doch viele Unternehmen halten an den Praktiken fest. Das zeigt das aktuelle New-Work-Barometer. Es untersucht, was Unternehmen unter New Work verstehen, welche Methoden sie anwenden und welche Rolle Themen wie psychologisches Empowerment oder Homeoffice spielen.

Frithjof Bergmann, der Erfinder des Begriffs New Work, bezeichnete Arbeit als "milde Krankheit": Sie trete montags plötzlich auf, sei zwei Tage akut und bis Freitag halte man sie irgendwie durch (Bergmann, 2004). Nun scheint der Begriff New Work selbst infiziert. In sozialen Medien wie Linkedin nehmen ehemals New-Work-Begeisterte Abstand, Beraterinnen und Berater wechseln auf den Schwerpunkt Künstliche Intelligenz und insgesamt sinkt das mediale Interesse. Während der Pandemie liefen Dokus zu New Work sogar im öffentlich-rechtlichen Fernsehen.

Doch was in den Medien geschieht, ist das eine – wie Unternehmen reagieren das andere. Was passiert mit dem Begriff New Work in deutschsprachigen Betrieben? Und was bedeutet das für die Personalarbeit? Diesen Fragen widmete sich das New Work-Barometer auch in seiner sechsten Auflage. Die Studie führt das Institute for New Work and Coaching (INWOC) der SRH University of Applied Sciences jährlich gemeinsam mit dem Medienpartner Personalmagazin (Haufe) sowie dem Praxispartner HRpepper durch.

Bedeutungszuwachs bleibt, Enthusiasmus schwindet

Im Vorjahr sah eine deutliche Mehrheit von 80,9 Prozent der Befragten New Work im Aufwind. Nun erwarten nur noch 66,3 Prozent einen deutlichen Bedeutungszuwachs in den kommenden drei Jahren. 21,3 Prozent rechnen mit sinkender, 12,5 Prozent mit gleichbleibender Relevanz. Die Einschätzung bleibt also insgesamt positiv, fällt jedoch deutlich verhaltender aus als 2024. New Work breitet sich aus Sicht der meisten Teilnehmenden weiter aus – bei nachlassendem Enthusiasmus.

Verständnis von New Work: konstante Raten

Die Teilnehmenden sollten wie in den Vorjahren angeben, wie stark sie verschiedenen Verständnissen von New Work zustimmen. Dazu bewerten sie auf einer siebenstufigen Skala (1 = "überhaupt nicht" bis 7 = "voll und ganz"), wie gut die folgenden vier Definitionen zu ihrem persönlichen Verständnis von New Work passen:

  1. Bergmann: New Work hat das Ziel, das gegenwärtige Lohnsystem zu überwinden. Menschen sollen der Arbeit nachgehen, die sie wirklich, wirklich wollen und mit technologischer Unterstützung Produkte selbst herstellen, die sie zum täglichen Leben brauchen.
  2. New Work Charta: Jenseits isolierter Maßnahmen und Einzelmethoden konzentriert sich die Essenz von New Work in fünf Prinzipien, die sich im unternehmerischen Alltag widerspiegeln: Freiheit, Selbstverantwortung, Sinn, Entwicklung und soziale Verantwortung.
  3. Psychologisches Empowerment: New Work sind verschiedene Maßnahmen, die die Zielsetzung haben, das psychologische Empowerment der Mitarbeitenden zu steigern; d h. das Erleben von Sinnhaftigkeit, Selbstbestimmung, Einfluss und Kompetenz am Arbeitsplatz.
  4. Arbeitszeit- und Arbeitsortautonomie: New Work beinhaltet vor allem Initiativen, die die Arbeitsort- und Arbeitszeitautonomie in Organisationen fördern. Durch New Work wird mobiles Arbeiten und Homeoffice in Organisationen ermöglicht.

Zustimmung zu verschiedenen Verständnissen von New Work

 Anmerkung. Der Mittelwert M ist die Summe aller Messwerte dividiert durch die Anzahl der Messwerte n. In der Psychologie interessieren uns häufig die Mittelwerte von Gruppen, um Aussagen über Einzel-beobachtungen hinweg zu treffen. SD bezeichnet die Standardabweichung. Sie beschreibt, wie stark die Werte um den Mittelwert M variieren.

Psychologisches Empowerment weiter vorne

Die Ergebnisse (siehe Abbildung 1) zeigen über die Jahre überaus konstante Zustimmungsraten zu den vier Perspektiven – trotz wechselnder Stichproben. Bergmanns Vorstellung bleibt weiter abgeschlagen, das Homeofficeverständnis liegt im Mittelfeld. Auf Platz eins bleibt das Verständnis, dass New Work psychologisches Empowerment fördern sollte.

Psychologisches Empowerment nach Spreitzer (1995) umfasst vier Facetten: Kompetenz, Selbstbestimmung, Einfluss und Sinn. Die Teilnehmenden sollten angeben, welche ihrer Ansicht nach Empowerment besonders fördern. Selbstbestimmung liegt mit 82 Prozent vorn – wie auch im Vorjahr (81 Prozent). Sinnerleben legte leicht zu – von 43 auf 45 Prozent. Kompetenz sinkt von 54 auf 51 Prozent, Einfluss von 38 auf 33 Prozent. Demnach hat sich der Befund der Vorjahre in 2025 noch einmal verstärkt: Viele Organisationen übertragen ihren Mitarbeitenden zwar Selbstbestimmung, lassen ihnen aber keine Macht.

KI hält noch nicht bei New Work Einzug

Jedes Jahr geben die Teilnehmenden an, wie stark sie verschiedene Praktiken mit New Work verbinden. Sie bewerten jede Praktik auf einer Skala von 1 ("überhaupt nicht") bis 7 ("voll und ganz"). Die Liste der Praktiken ist über die Jahre gewachsen. Neue Praktiken kamen hinzu, wenn sie häufiger von Teilnehmenden genannt wurden oder aus Forschungssicht an Relevanz gewinnen.

Auch hier bleibt das Bild konstant: Die drei Spitzenreiter, die Befragte am stärksten mit New Work assoziieren, sind nach wie vor empowermentorientierte Führung, offene Fehlerkultur und Selbstorganisation. Neu hinzugekommen sind drei KI-Praktiken: KI-gestützte Prozessoptimierung, Projektarbeit und Führung. Sie landen im Vergleich auf den hinteren Plätzen.

Welche New-Work-Praktiken zulegten

Ein weiterer Teil des New-Work-Barometers beschäftigte sich damit, wie verbreitet verschiedene New-Work-Praktiken in den Organisationen der Teilnehmenden sind – entweder in deren eigener Arbeitspraxis oder bei Beratungen als Teil des Beratungsportfolios. Abbildung 2 zeigt, wie sich die Verbreitung der Praktiken in den letzten drei Jahre entwickelt hat.

Auch hier wurden die drei ergänzten KI-Praktiken (KI-gestützte Prozessoptimierung, KI-gestützte Projektarbeit, KI-gestützte Führung) abgefragt und landen im mittleren oder hinteren Feld. Die meisten Praktiken bleiben bestehen, doch es gibt auch Gewinner und Verlierer. Während sich Digital Leadership, gewählte Führungskräfte und Holokratie eher auf dem absteigenden Ast finden, legten Arbeitsortautonomie, agile Projektarbeit und offene Fehlerkultur zu.

New Work Barometer_Praktiken

Hier geht es zur gesamten Abbildung 2.

New-Work-Barometer: Homeoffice-Hoch hält an

Den vermeintlichen Trend, dass Unternehmen Mitarbeitende flächendeckend ins Büro zurückholen, bestätigt die Stichprobe also nicht – Arbeitsortautonomie bleibt auf hohem Niveau. Die Homeoffice-Verbreitung und damit verbundene Regelungen waren im Vorjahr ein Schwerpunkt des New-Work-Barometers. Aufgrund der anhaltenden Debatte wurden vertiefende Fragen auch 2025 beibehalten.

Wie schon 2024 liegt der Anteil der Arbeitszeit im Homeoffice bei durchschnittlich 50 Prozent. Zusätzlich gaben die Befragten an, auf welcher Ebene Homeoffice-Regelungen getroffen werden – auf der von Organisation, Team oder Individuum (Skala von 1 bis 7). Am häufigsten greifen Vorgaben auf Organisationsebene (M = 5,4), gefolgt von Team- (M = 4,4) und Individualebene (M = 4,1). Weitere Analysen ergeben ein ähnliches Bild wie im Vorjahr: Regeln auf Organisationsebene korrelieren nicht mit der Unternehmensleistung. Dagegen bestehen signifikante positive Zusammenhänge auf Team- (r =.2) und Individualebene (r =.26).

New Work Hushing: nicht sagen, aber tun?

New Work hat in der Öffentlichkeit an Popularität eingebüßt. Der Begriff scheint abgedroschen, konkrete Maßnahmen wie Homeoffice, agile Projektarbeit oder Selbstorganisation jedoch nicht. Unternehmen verzichten möglicherweise auf das Label New Work, halten aber an ihrem Kurs fest. Wie bei Nachhaltigkeits- und Diversity-Themen hoffen sie womöglich, durch leisere Töne Kritik und Gegenwind zu vermeiden.

Das New-Work-Barometer verzeichnet nur leichte Rückgänge im Bedeutungszuwachs von New Work. Eine klare Mehrheit geht sogar von einer weiteren Steigerung aus. Das ist bemerkenswert, denn New Work hat in den letzten Jahren einen Aufschwung erfahren. Die zugrundeliegende Umfrage ist nicht repräsentativ, so dass besonders viele New-Work-Fans teilgenommen haben könnten. Dagegen spricht: Die größte Teilnehmendengruppe der Stichprobe ist der öffentliche Dienst – ein Bereich, der bisher bei New Work nicht besonders hervorgetreten ist. Homeoffice, New-Work-Praktiken und deren Einsatzhäufigkeiten bleiben konstant. Weder die Wirtschaftskrise noch der KI-Hype bremsen das Thema aus. Die Unternehmen machen weiter.

Über das New-Work-Barometer 2025

Zwischen Ende März und Mitte Mai 2025 nahmen 569 Personen am Online-Fragebogen teil. Die SRH und ihre Partner rekrutierten die Teilnehmenden, erstmals beteiligte sich auch die DGFP. Die Zusammensetzung der Stichprobe ändert sich jährlich. 22 Prozent hatten bereits in den Vorjahren mitgemacht. 

87 Prozent Teilnehmenden kamen aus Deutschland, 5 Prozent aus Österreich und 6 Prozent aus der Schweiz. Die Branchen waren breit gestreut. Am stärksten war die öffentliche Verwaltung vertreten (14 Prozent), gefolgt von Beratung und der IT (beide 12 Prozent). Die meisten Teilnehmenden stammten wie im Vorjahr aus KMUs mit 2 bis 250 Beschäftigten (33 Prozent). 29 Prozent arbeiteten in Organisationen mit 1001-10.000 Beschäftigten, 14 Prozent in solchen mit mehr als 10.000 Beschäftigten. Selbstständige machten weniger als ein Prozent aus. 49 Prozent der Befragten waren Führungskräfte, davon 40 Prozent im HR-Bereich, 18 Prozent im Vorstand und 42 Prozent in anderen Leitungsfunktionen. 62 Prozent bezeichneten sich als weiblich, 37 Prozent als männlich und 0,5 Prozent als divers. Der Großteil war 31 bis 50 Jahre alt (59 Prozent). Trotz der Vielfalt ist das Barometer nicht repräsentativ.


Zu den Autoren:

Carsten C. Schermuly ist Professor für Wirtschaftspsychologie an der SRH Berlin University of Applied Sciences.

Carla Rinne arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der SRH Berlin University of Applied Sciences und der Charité - Universitätsmedizin Berlin.

Matthias Meifert ist Gründer und Geschäftsführer der Managementberatung HR Pepper. 


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