Metaverse: Arbeiten als Avatar

VR-Brillen und virtuelle Firmen-Hubs statt Einbahnstraßenkommunikation per E-Mail, Videokonferenzen und lange Dienstreisen zu kurzen Vor-Ort-Meetings: Sieht so bald unser Arbeitsalltag aus? Was ist möglich? Wo liegen die Grenzen? Georg Pepping, Arbeitsdirektor bei T-Systems, skizziert, wie das Arbeiten im Metaverse aussehen könnte.

Gaming, Shopping und Konzert – alles virtuell möglich. Aber wie arbeitet es sich im Metaverse? Das enorme Potenzial verblüffend realer Erlebnisse in neuen, über VR-Brillen wahrgenommenen Welten stößt in der Unterhaltungs- und Marketingbranche auf großes Interesse. Erst vor kurzem zeigte Abba, wie hologrammartige Avatare das Publikum einer ganzen Konzerthalle zum Kreischen bringen können. Die Neugier auf virtuelle Erfahrungen ist also geweckt. Was aber bedeuten diese jüngsten Entwicklungen für unsere künftige Zusammenarbeit im Joballtag?

Klar ist: Im Job gelten andere Spielregeln als beim Gaming oder beim Shoppen im virtuellen Showroom. Klar ist aber auch: Im Metaverse sind professionelle Interaktionen intuitiver, flexibler und innovativer als über Video-Konferenzen – wir stehen also auf der Schwelle zu einer neuen Art der Zusammenarbeit. Eine Art Union der virtuellen Realitäten – also eine fluide virtuelle Welt, in der wir uns mit unserem Avatar-Klon bewegen, unproblematisch verreisen und wie selbstverständlich in einer digitalen Währung zahlen – gibt es zwar noch nicht. Aber schon heute profitieren Unternehmen von ersten Metaverse-Plattformen und virtuellen Arbeitsräumen.

Erste Schritte im Metaverse: Was kann mein Avatar?

Ich habe es ausprobiert: Lächle ich zu Hause und hebe meine Hand, kann mein Avatar meine Kollegin mit einem fröhlichen Winken begrüßen – wie im Büro, obwohl sie ein paar hundert Kilometer entfernt in ihrem eigenen Homeoffice sitzt. Nutzer entdecken eine ganz neue virtuelle Welt mit einem digitalen Erlebnis, das deutlich mehr Interaktion und Identifikation zulässt als bisher etwa Teams oder Zoom.

Ein paar Beispiele: Ich kann meinem Avatar meinen abfotografierten Kopf aufsetzen, mein Homeoffice-Outfit per Körperscan ins Digitale übertragen und mich dank Spatial-Audio-Funktion virtuell zurückziehen, um mich in einer kleinen Gruppe zu unterhalten, während die anderen im Raum davon nichts mitbekommen. Ohne die Kamera je einzuschalten, kann ich mich auf diese Weise ganz frei und intuitiv bewegen. Digitale Mimik und Gestik erhalten eine ganz neue Natürlichkeit. Haben Mitarbeitende außerdem eine eigene Kleidergarderobe oder dekorieren ihren Schreibtisch im virtuellen Firmengebäude, können sie sich stark mit ihrem Metaverse-Alter-Ego identifizieren – womöglich mehr als mit ihrem Video-Meeting-Ich. Das mag auch daran liegen, dass die individuelle und kreative Gestaltungsfreiheit vielen einfach Spaß macht. Mit diesen neuen Chancen können eintönige und ermüdende Video-Calls wohl kaum mithalten.

Metaverse als Experimentierraum für Mitarbeiter und Stakeholder

Außerdem müssen Mitarbeitende im virtuellen Raum auf nichts verzichten, was sich remote bewährt hat: Screen- und Dokumenten-Sharing oder Brainstorming auf Miro lassen sich nahtlos in Metaverse-Realitäten übertragen. Durch die Kombination mit neuen Funktionen wie eine eindrucksvoll realistische Sprech- sowie 3D-Audio-Qualität und das Schrumpfen oder Vergrößern von Modellen und Avataren erhält die alte digitale Welt nur zusätzlichen Spielraum. Teams, die international zusammenarbeiten, können sich ohne lange Reise flexibel und ökologisch nachhaltig im virtuellen Raum treffen. Wie per Video, aber mit einem wesentlichen Unterschied: Bereits im Hinblick auf verschiedene Standorte innerhalb Deutschlands sind sich Avatare näher als Kamera-Kästchen in Zoom – das stärkt das Teamgefühl der Mitarbeitenden.

Bei T-Systems beispielsweise können die Beschäftigten in drei sogenannten Innovation Labs mit VR-Ausstattung experimentieren und an Schulungen zum Umgang mit der neuen Technologie teilnehmen. Zusätzlich zu den flexibel nutzbaren Büroräumen der Meet & Connect Hubs finden verstreute Teams mit den Innovation Labs eine neue Anlaufstelle und lernen neue Kollegen und Kolleginnen kennen. Für Mitarbeitende, die sich schon souveräner im virtuellen Raum bewegen, finden auch Kreativ-Workshops und fachliche Fortbildungen statt. Auch Kunden-Meetings können die Mitarbeitenden vor Ort in den Labs im Metaverse abhalten. Denn neben den Vorteilen für die Mitarbeitenden selbst profitieren die Kunden des Unternehmens davon, dass technische Entwicklungen als virtuelle Modelle greifbarer werden – etwa, wenn sich plötzlich das Innere der E-Auto-Batterie öffnet oder sie den Einsatz einer Software für Krankenhauskommunikation virtuell mitverfolgen.

Schnittstelle von Büro und Homeoffice: Was bleibt?

Dennoch sind all die Vorteile wie Flexibilität, gestärkte Identifikation und spielerische Leichtigkeit nur in Maßen genießbar. Für einen gesunden, abwechslungsreichen Arbeitsalltag braucht es weiterhin den persönlichen Kontakt. Besonders in manchen Situationen sind echte menschliche Gestik und Mimik unverzichtbar. Deshalb werden reale Treffen zwischen Mitarbeitenden und Kunden nicht komplett verschwinden.

Aber Homeoffice, Büro oder virtuelle Welt – was funktioniert wann am besten? Das Activity-Based-Working-Konzept, welches auch T-Systems anwendet, bietet wertvolle Entscheidungshilfen: Dabei bestimmt die Aktivität den Arbeitsort. Personalgespräche, Onboarding, wichtige Kunden-Termine oder knifflige Workshop-Themen sind beispielweise gute Gründe für einen Vor-Ort- und Live-Termin. Beschäftigte sollten sich demnach immer fragen, in welchem Format sie ihre Tätigkeit am produktivsten umsetzen können.

Was ebenfalls bleibt ist die Verantwortung des Arbeitgebers für seine Beschäftigten: Neben der technischen Ausstattung gehört dazu auch die nötige Sicherheit im Hinblick auf digitales Intellectual Property sowie souveräne Cloud-Anbieter und Datenschutz. Unter den richtigen Rahmenbedingungen eröffnen Metaverse-Anwendungen also neue Möglichkeiten, Unternehmen menschlich wie wirtschaftlich voranzubringen.


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