Interim-Manager auswählen

HR-Manager sollten bei der Auswahl, dem Einsatz und bei der Projektbegleitung von Interim-Managern eine zentrale Rolle einnehmen. Doch häufig nimmt allein die Bereichsleitung diese Aufgaben wahr. Ein Plädoyer für eine stärkere Präsenz von HR beim Interim-Einsatz mit Tipps für die Praxis.

Interim-Manager werden dann eingesetzt, wenn im eigenen Unternehmen aktuell keine geeigneten internen Führungskräfte zur Verfügung stehen, eine plötzlich entstandene Vakanz überbrückt werden muss oder alle Manager mit anderen Aufgaben ausgelastet sind. Sie sind hervorragend ausgebildete Experten, die Umsetzungserfahrung aus vielen vorangegangenen Mandaten mitbringen.

Interim-Manager auswählen: Abteilungsübergreifend denken

Damit sie das richtige Know-how mitbringen und ihre Stärken einsetzen können, ist die Auswahl von geeigneten, speziell auf die Fragestellung passenden Interim-Managern entscheidend. HR-Manager sollten diese Auswahl nicht nur dem Bereichsleiter überlassen, denn dieser kennt nur die Anforderungen und Ziele seines Bereichs. Oftmals sind aber andere Unternehmensbereiche oder vor- oder nachgelagerte Prozesse mit von den Maßnahmen des Interim-Managers beeinflusst. Deshalb sollten HR-Manager eine Klammer bilden und die Implikationen für andere Bereiche vordenken.

Was für die eigene Abteilung eine Verbesserung darstellt, kann für andere Bereiche eine Verschlechterung oder Kostensteigerungen mit sich bringen. Daher gehören bei der Definition der Zielportfolios und der Adaption der Auswirkungen der vereinbarten Maßnahmen auch die Leiter der anderen davon betroffenen betrieblichen Bereiche mit an den Tisch.

Kompetenzen der Interim-Manager richtig prüfen

Dass der HR-Manager bei der Auswahl geeigneter Interim-Manager zu Beginn die „Hard Facts“ wie Ausbildung, berufliche Stationen, Erfahrungen, Seniorität, Kenntnisse von Projektsteuerungsmethoden, Branchenkenntnisse et cetera im Lebenslauf analysiert, ist selbstredend. Mindestens ebenso wichtig sind die Soft Skills der Kandidaten wie Kommunikations- und Durchsetzungsfähigkeit, Offenheit, Kreativität, Fingerspitzengefühl, Umgang mit Kollegen, Organisiert- und Zielorientiertheit, die erst durch ein persönliches Kennenlernen zu erkennen sind. Gespräche mit dem vermittelnden Interim Provider und das persönliche Kennenlernen des Interim-Managers sind daher unabdingbar.

Um das Interim-Projekt erfolgreich zu gestalten und die Aufgabe im vorgesehen Zeitrahmen mit den vereinbarten Meilensteinen und Kosten zu erreichen, muss der Interim-Manager mit Kollegen und Vorgesetzten aller angrenzenden Fachbereiche optimal zusammenarbeiten. Der HR-Manager muss daher die Kollegen und Teammitglieder, ihre persönlichen wie fachlichen Hintergründe, die offenen und versteckten Spielregeln, die Kultur und das Machtgefüge kennen, um eine Person zu finden, die Akzeptanz findet. Wird dieser Abgleich zwischen Soll- und Ist-Profil nicht mit dem HR-Manager und der Fachabteilung durchgeführt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das Projekt suboptimal läuft oder sogar scheitert.

Interim-Management: Ziele festlegen und überprüfen

Interim-Manager haben eine klare, täglich zu beweisende Zielorientierung und keine Angst, sich mit unangenehmen Fragestellungen zu beschäftigen. Während fest angestellte Manager oftmals vor harten Maßnahmen, die nachteilig für die eigene Karriere sein können, zurückschrecken, schlagen Interim-Manager konsequent Maßnahmen zur Verbesserung der Situation vor und setzen diese mit um. Sie werden üblicherweise für sechs bis neun Monate als Freelancer für ein konkretes Projekt verpflichtet und sind kurzfristig kündbar. Sie müssen täglich ihre Berechtigung unter Beweis stellen und sind hoch motiviert, die Ziele in dem vereinbarten Zeitrahmen zu erreichen – auch mit Blick auf weitere Interim-Aufgaben und eine positive Rückmeldung an den vermittelnden Interim-Provider.

Diese klare Zielorientierung, verbunden mit einem konsequenten Umsetzungswillen, macht Interim-Manager so effizient. Das Unternehmen kann erwarten und fordern, dass sie nach einer minimalen Orientierungszeit vom ersten Tag an produktiv sind. Für den HR-Bereich ist auch die Frage des Return on Investment entscheidend. Das Investment (Tagessatz und Spesen) für einen Interim-Manager bewegt sich meist zwischen 35.000 und 40.000 Euro pro Monat. Daraus ergibt sich, dass die eingesparten Kosten höher sein müssen. Das heißt, dass die Opportunitätskosten höher wären, wenn der Interim-Manager nicht eingesetzt wird und das Projekt damit nicht erledigt wird.

Es ist unabdingbar, dass das Unternehmen zu Beginn des Mandats klare Ziele und Meilensteine, einen Zeitplan und voraussichtliche Einsparungen vereinbart. Diese sind regelmäßig, zu Beginn in 14-tägigem Turnus, auf Realisierbarkeit und Relevanz zu überprüfen und gegebenenfalls nachzujustieren. Dies sollte gemeinsam mit den Fachbereichen und der HR-Abteilung erfolgen. Stellen sich Schwierigkeiten bei der Umsetzung ein, ist eine sofortige Korrektur und Anpassung erforderlich. Der Erfolg oder Misserfolg eines Interim-Projekts entscheidet sich bereits in den ersten vier Wochen, wenn es gelingt, ein ganzes Team hinter die Aufgabe zu bringen – oder nicht.

HR ist Coach für den Interim-Manager

Ein Interim-Manager ist in der Regel auf sich allein gestellt, hat ein ungenaues Briefing erfahren und wird von den betroffenen Mitarbeitern und Abteilungen mit Skepsis und Misstrauen beobachtet. Die Realität stellt sich anders als erwartet heraus. Um ein erfolgreiches Ergebnis zu erreichen, benötigt der Interim-Manager die Rückendeckung durch die Geschäftsleitung und ein flankierendes Coaching durch HR. Dieses Coaching erfordert viel Gespür für die möglichen Ressentiments und Ängste der Betroffen vor Personalabbau, neuen Zuständigkeiten oder neuen Arbeitsabläufen. Sieht die Aufgabe des Interim-Managers beispielsweise vor, die bestehenden Arbeitsabläufe und Prozesse hinsichtlich der Möglichkeit einer Digitalisierung und einer Kostenreduktion zu untersuchen, könnte dies zum Arbeitsplatzabbau und damit verbundenen Widerständen führen.

In diesen Fällen kommt dem HR-Manager eine Schlüsselrolle bei der Kompromissfindung zwischen dem betriebswirtschaftlich Notwendigen und dem in der Realität Machbaren zu. Nur erfahrene HR-Manager kommen hierfür infrage. Hinzu kommt die Aufgabe, die betroffenen Teams und Abteilungen mittels einer offenen Kommunikation auf die Notwendigkeit und die eventuellen Konsequenzen der Maßnahmen hinzuweisen.

Werden die drei Themen „Auswahl, Zielorientierung und Coaching des Interim-Managers“ vom HR-Management begleitet, wird ein Interim-Projekt für alle Beteiligten zum Erfolg führen.

Dr. Wilhelm Bahner ist Partner der EIM Executive Interim Management GmbH in München.


Der Artikel ist zunächst im Personalmagazin, Ausgabe 04/2019, erschienen.

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