Wie die Deutschen ihre Chefs bewerten
Arbeitgeberbewertungsportale bieten Recruitern die Möglichkeit, ihr Unternehmen in einem positiven Licht darzustellen und so potenzielle Kandidaten auf sich aufmerksam zu machen. Sie haben aber auch eine Seite, die für Arbeitgeber weniger erfreulich ist: Gibt es im Unternehmen schlechte Chefs, wenig Geld oder ein frostiges Arbeitsklima, kann sich das ebenfalls in Online-Bewertungen niederschlagen – und so möglicherweise Bewerber vergraulen.
Führungsqualität: Vorgesetztenverhalten analysiert
Mit der Frage, wie gut die Führungskräfte in deutschen Unternehmen auf ihrem Portal wegkommen, haben sich nun Mitarbeiter der Arbeitgeberbewertungsplattform Kununu beschäftigt und dafür rund 300.000 Bewertungen analysiert. Dafür wurden alle Bewertungen untersucht, die deutsche Arbeitnehmer in den vergangenen zwölf Monaten zum Thema "Vorgesetztenverhalten" abgegeben haben. In dieser Kategorie bewerten Mitarbeiter, ob ihre Vorgesetzten realistische Ziele setzen, ob die Mitarbeiter in Entscheidungen eingebunden werden, diese klar und nachvollziehbar sind und wie sich ihre Vorgesetzten in Konfliktfällen verhalten. Die Skala reicht von eins (sehr unzufrieden) bis fünf (sehr zufrieden).
Wo die besten Führungskräfte arbeiten
Die untersuchten Bewertungen ordnete Kununu nach Bundesländern und Branchen, sodass die Ergebnisse zeigen, wo die besten Chefs Deutschlands zu finden sind: Besonders gut geführt wird demnach in Berlin, Hamburg und Bayern. Bei den Branchen schneiden Beratung/Consulting, Internet/Multimedia und Personaldienstleistung am besten ab.
Am anderen Ende des Führungsqualitäts-Rankings landen die Führungskräfte aus Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg, bei den Branchen sind es die Textilbranche, das Handwerk, die Nahrungsmittelindustrie sowie die Land- und Forstwirtschaft.
Allerdings ergibt die Untersuchung auch, dass die Vorgesetzten hierzulande alles in allem ganz gut abschneiden. Denn die Diskrepanz zwischen den besten und schlechtesten Chef-Bewertungen fällt im Durchschnitt nicht allzu groß aus: Bei der Bewertung nach Bundesländern bekommen die besten Bosse aus Berlin eine durchschnittliche Bewertung von 3,49 Punkten. Die Vorgesetzten aus Sachsen-Anhalt am anderen Ende der Skala kommen immer noch auf 3,05 Punkte, befinden sich also auch noch in der oberen Hälfte der Skala von eins (sehr schlecht) bis fünf (sehr gut).
Mitarbeiter fordern mehr Mitbestimmung
Der Report gibt auch Aufschluss darüber, was die Kununu-Nutzer in den schlechten Chefbewertungen kritisieren. Ein zentraler Punkt: Sie bemängeln, dass in deutschen Unternehmen noch zu häufig von oben nach unten regiert werde. Ginge es nach den Befragten, sollte die Kultur in den Unternehmen nicht so sehr auf hierarchischen Vorgaben und strikter Kontrolle beruhen. Stattdessen wünschen sie sich, Entwicklungen im Unternehmen offen diskutieren und beeinflussen zu können – und einen höheren Grad an Selbstbestimmung.
"Die Anforderungen der Mitarbeiter haben sich in den letzten Jahren verändert. Das bedeutet, dass sich auch die Führungsmodelle entsprechend ändern müssen. Es geht um Zielerreichung und Vertrauen anstelle von Präsenzdenken und Arbeitskontrolle. Für Mitarbeiter bedeutet das natürlich mehr Druck durch Verantwortungsübernahme, positiv formuliert aber auch mehr Freiheit in der Arbeit", kommentiert Johannes Prüller, Head of Global Communications and Insights von Kununu, dieses Ergebnis.
Kürzlich zeigte jedoch eine Studie des Beratungsunternehmens Comteam, dass die Forderung nach mehr Mitbestimmung genau an diesem Druck scheitern könnte: Denn obwohl die Angestellten unter den 461 Befragten mehr Autonomie fordern, scheuen viele von ihnen die damit verbundene Verantwortung.
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