Feedback: Online-Plattform zur Chefkritik

Jeder zehnte Mitarbeiter kritisiert seinen Chef aus Angst vor einem Karriereknick gar nicht. Ein Online-Portal soll Abhilfe schaffen: Dort können Mitarbeiter ihrem Vorgesetzten anonym Feedback geben. Doch beleidigt wird nicht - die Betreiber veröffentlichen nur, was konstruktiv ist.

Chefkritik ist eine heikle Sache: Zwar möchten Mitarbeiter ihrem Vorgesetzten gerne die Meinung sagen – aber das Arbeitsklima und die eigenen Karrierechancen sollten dadurch nicht negativ beeinflusst werden. Eine Befragung von Stellenanzeigen.de ist kürzlich zu dem optimistisch stimmenden Ergebnis gekommen, dass fast drei Viertel aller Mitarbeiter eigenen Angaben zufolge diese Kunst beherrschen und positive Erfahrungen mit der Kritik am Chef gemacht haben.

Das positive Ergebnis relativiert sich jedoch bei genauerem Hinsehen – denn das Kritikgeben setzt natürlich auch voraus, dass das Feedback gehört wird. Und das ist nicht bei allen Chefs der Fall: Jeder fünfte Befragte sagt, er habe noch keinen Vorgesetzten erlebt, der Kritik von unten annimmt.

Kann ein anonymes Feedback ein faires Feedback sein?

Manche Mitarbeiter haben deshalb schon resigniert. In der Befragung gibt jeder Zehnte an, seinen Chef lieber gar nicht erst zu kritisieren, weil er negative Auswirkungen auf die Karriere fürchtet. Diesen Mitarbeitern bietet nun die Website www.feedback-fuer-den-chef.de eine risikoarme Plattform zur Chefkritik. Unter dem Motto "Ein anonymes Feedback, das konstruktiv gegeben wird, ist ein faires Feedback" können Mitarbeiter ihrem Vorgesetzten dort ohne Angabe ihres Namens Kritik zukommen lassen – oder ihn auf die Posts anderer Nutzer aufmerksam machen. Der Chef erhalte so neue Impulse für sein Verhalten als Vorgesetzter, formulieren die Betreiber den Nutzen des Portals.

Diskriminierendes und Beleidigendes wird nicht zugestellt

Wer nun ein Portal voller "Boss Bashing" erwartet, wird enttäuscht, denn beim Feedback für den Chef geht es überraschend zivilisiert zu. Das hängt wohl auch mit den Regeln des Portals zusammen: Posts werden nur dann veröffentlicht, wenn sie den Kriterien des Portalteams entsprechen. Ist das Feedback nicht konstruktiv formuliert, intervenieren die Betreiber. Diskriminierende und beleidigende Texte sowie Texte, die das Portalteam nicht oder nur schwer in eine konstruktive Fassung übersetzen kann, werden nicht zugestellt.

Feedback des Monats: Auch Lob ist erlaubt

Unter den eingegangen Kommentaren wählt das Team je ein Feedback des Monats. Die bereits gekürten Vorschläge stimmen optimistisch, denn die Nutzer fassen offenbar unter "Kritik" nicht nur Negatives: Einige Chefs konnten sich bereits über Lob an ihrem Verhalten freuen.

Ob es sinnvoll ist, dass die Nutzer der Plattform ihre Kritik anonym äußern? Sicher werden nicht alle Chefs ein Feedback annehmen, von dem sie nicht wissen, von wem es stammt. Doch sonst bleibt, wie die Erhebung von Stellenanzeigen.de zeigt, eben jeder zehnte Mitarbeiter aus Angst lieber stumm.

Schlagworte zum Thema:  Feedbackkultur