Coaching und Training: Widerstände im Coaching überwinden

Wohl jeder Coach kennt das Phänomen: Das Coaching bleibt an einer Stelle stecken, weil der Coachee im Widerstand ist. Welche Barrieren es im Coaching gibt und wie Coachs dazu beitragen können, diese zu überwinden, erklärt Coaching-Expertin Heide Straub in der "Wirtschaft + Weiterbildung".

Coachings sind eine populäre Entwicklungsmethode – wenn auch der Wunsch von Mitarbeiter und Managern, sich coachen zu lassen, in der Praxis nicht immer erfüllt wird. Laut einer aktuellen Studie des internationalen Coaching-Verbands ICF (International Coach Federation) sind die Kunden von Coachings nach wie vor meist nur Top-Manager. Auf der Mitarbeiterebene hingegen kommen bislang noch wenige in den Genuss von Coachings.

Eine Strategie, um in Unternehmen mehr Mitarbeitern Coachings zugänglich zu machen, ist es, interne Mitarbeiter als Coach auszubilden und einzusetzen – etwa Manager, die auf diese Weise ihre eigenen Mitarbeiter coachen. Diese Entwicklung war der Anlass für den ICF, diese Gruppe in diesem Jahr auch erstmals in seiner weltweiten Coaching-Studie zu befragen (mehr zur ICF-Verbandsumfrage 2016 lesen Sie hier).

Rechtzeitig erkennen, warum der Coachee blockt

Doch ob Coachs nun intern im Unternehmen coachen oder als Externer zu Rate gezogen werden – eines haben sie gemeinsam: Gibt es im Coaching Widerstände – also blockt etwa der Coachee verbal oder non-verbal die Vorschläge des Coachs oder wehrt diese gar aggressiv ab –, ist der Erfolg des gesamten Coachings gefährdet.

Coaching-Expertin Heide Straub, Mitgründerin des Weiterbildungs- und Beratungsanbieters Comteam Academy + Consulting in Gmund, schätzt, dass ein Drittel aller Coachings an Widerständen scheitert. Umso wichtiger ist es also für Coachs, rechtzeitig zu erkennen, dass und warum ihr Coachee blockt.

Vier Arten von Barrieren – vier Arten von Lösungsansätzen

In der aktuellen Ausgabe der "Wirtschaft + Weiterbildung" (Ausgabe 10/2016) erklärt Straub, welche Arten von Barrieren es in Coachings gibt – und was der Coach tun kann, um den Coachee dabei zu unterstützen, diese zu überwinden. Die Coaching-Expertin unterscheidet vier Arten von Barrieren.

Barriere 1: die Einsichts-Barriere

An der Einsichts-Barriere steckt jemand fest, der Klarheit vermeidet, sich nicht mit einem Thema auseinandersetzen möchte und ausweicht. Probleme werden genannt, aber keine Ideen, wie man zu Lösungen kommt. Dahinter steckt die Angst, sich festlegen zu müssen. Hier gilt es für den Coach, mit dem Coachee in Kontakt zu gehen: Auf inhaltlicher Ebene sollten konkret die Themen und Fragen, auf emotionaler Ebene die Ängste und Unsicherheiten angesprochen werden. Durch gezieltes Nachfragen kann der Coach die Situation konkretisieren. Ziel ist es, für Klarheit zu sorgen und Wege zu erschließen.

Barriere 2: die Handlungs-Barriere

An der Handlungs-Barriere verhindert Überverantwortung effektives Handeln. Wer hier festhängt, bevorzugt meist Routine und schaltet Unberechenbares aus. Aus Angst, andere zu enttäuschen, fällt es schwer, "nein" zu sagen, sodass eigene Bedürfnisse unterdrückt werden. Indizien für diese Barriere sind Verzögern und Aushalten, mehrfach das gleiche Gespräch zu führen, ohne Verbindlichkeit zu schaffen. Bei der Arbeit an dieser Barriere ermutigt der Coach den Coachee, zunächst kleinere Entscheidungen zu treffen und ermöglicht, "nein" zu sagen. Anfangs kann auf risikoärmeren Testfeldern außerhalb des beruflichen Umfelds geübt werden. Wichtig ist, dass sich der Coachee mit den eigenen Bedürfnissen und dem Gefühl der Überverantwortlichkeit auseinandersetzt.

Barriere 3: die Stärkungs-Barriere

Die Stärkungs-Barriere verhindert, Erreichtes anerkennen und Leistung würdigen zu können. Sie zeigt sich, indem jegliche Art von Stärkung und Unterstützung – auch die des Coachs – aus Gewohnheit abgewehrt wird. Folge ist eine zweiflerische Haltung allem und jedem gegenüber. Hinter der Barriere verbirgt sich die Angst zu unterliegen, Grenzen akzeptieren und sich und anderen Fehler eingestehen zu müssen. Damit sich die Barriere öffnen kann, müssen Coach und Coachee einen Weg finden, wie Erreichtes wertgeschätzt werden kann. Dabei sollte lösungsorientiert herangegangen werden. Der Coachee muss etwa lernen, Lob auszusprechen und anzunehmen. Nur, wenn Leistung gewürdigt wird, kann der Coachee hinter die Barriere und damit in den Zustand der Zufriedenheit gelangen.

Barriere 4: die Abschluss-Barriere

An der Abschluss-Barriere verhindern das Nicht-aufhören- und Nicht-loslassen-Können die Beendigung eines Prozesses. Hinweise sind ein schnelles Arbeitstempo, Perfektionismus und Detailverliebtheit. Das dauerhaft hohe Energielevel führt dazu, dass "der Hamster im Rad" keine Ruhe findet. Die Angst, in ein Loch zu fallen, führt zu ständigem Weitermachen und Unterdrücken von Gefühlen, sowohl positiven als auch negativen. Für die Arbeit an der Abschluss-Barriere muss der Coachee in erster Linie in einen Zustand der Entspannung kommen. Der Coach sollte dazu sowohl auf inhaltlicher Ebene Kontakt machen ("Es scheint ständig noch etwas zu verbessern zu sein?!"), wie auch auf emotionaler ("Es fällt schwer, loszulassen!?").

 

Hinweis: Dieser Text ist ein Auszug aus Ausgabe 10/2016 der "Wirtschaft + Weiterbildung". Im kompletten Beitrag "'Mein Coachee ist im Widerstand' – was tun?" von Heide Straub erfahren Sie mehr zum Thema "Widerstände im Coaching": Unter anderem erläutert die Autorin anhand von Beispielen aus ihrer Coachingpraxis, wie sie Coachees geholfen hat, die verschiedenen Arten von Barrieren zu überwinden – und warum manchmal auch der Abbruch des Coachings die richtige Lösung sein kann.

Schlagworte zum Thema:  Coaching, Personalentwicklung