dbb Jahrestagung: Digitalisierung der Verwaltung

Die Bedeutung der Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung wurde selten so viel diskutiert wie im vergangenen Jahr. Denn nicht zuletzt die Corona-Krise hat gezeigt, wie wichtig eine effektive und gut vernetzte Verwaltung ist. Auch im Rahmen der dbb Jahrestagung bildete der Stand der Digitalisierung ein Schwerpunktthema.

So haben dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach und Bundesinnenminister Horst Seehofer die herausragende Leistung der Beschäftigten gewürdigt, aber auch den Nachholbedarf in Sachen Digitalisierung diskutiert.

Im europäischen Vergleich weit hinten

"Der Bund leistet viel für die Digitalisierung der Verwaltungsdienstleistungen. Aber wenn wir alle politischen Ebenen betrachten, sind wir noch lange nicht auf der Erfolgsspur. Im europäischen Vergleich ist Deutschland im hinteren Drittel. Insbesondere die kommunale Ebene ist weit abgekoppelt. Die Länder müssen jetzt Geld in die Hand nehmen und die Kommunen unterstützen", sagte Silberbach beim politischen Schlagabtausch mit dem Bundesinnenminister zum Auftakt der dbb Jahrestagung 2021.

Einheitlichkeit trotz Föderalismus

Seehofer unterstrich hierbei, dass die Digitalisierung von Dienstleistungen des Bundes bereits eine hohe Dynamik entwickelt habe. Vom entstandenen Digitalisierungsdruck, der unter anderem mit finanzieller Unterstützung des Bundes kanalisiert werde, sollen in der Folge auch Länder und Kommunen profitieren und Dienstleistungen schneller digitalisieren. Dabei könne nur der Föderalismus garantieren, dass die Maßnahmen auch treffsicher seien, so Seehofer. "Und der Föderalismus spricht dabei nicht gegen Einheitlichkeit, sondern sorgt mit seinen Pro- und Contra-Prozessen für Qualität in der Umsetzung", zeigte sich Seehofer überzeugt.

Kein Flickenteppich beim Onlinezugangsgesetz

Silberbach warnte dagegen vor einem Flickenteppich bei der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes. "Wir brauchen ein einheitliches Vorgehen. Mein Appell an alle Gebietskörperschaften: Einer macht die Blaupause für die digitale Dienstleistung und die anderen übernehmen das Modell – ohne Sonderanpassungen."

Grundlegender Bewusstseinswandel nötig

Der Bundesinnenminister räumte zudem ein, dass ein grundlegender Bewusstseinswandel nötig sei, denn "der Markt regelt in Bezug auf die Digitalisierung nicht alles. Vielmehr hat die Krise viele tote Winkel ausgeleuchtet, was unsere IT-Infrastrukturen betrifft." Das betreffe unter anderem den Bildungsbereich, schnelle Internetzugänge oder die immer noch vorhandenen Mobilfunklöcher. Hier müsse das Digitalisierungstempo weiter anziehen. Seehofer hielt an dem Ziel fest, Behördendienstleistungen bis Ende 2022 flächendeckend digital verfügbar zu machen.

Leitungsausbau muss beschleunigt werden

In einer weiteren Diskussionsrunde unterstrich auch der Zweite Vorsitzende des dbb Friedhelm Schäfer die Notwendigkeit, den Leitungsausbau zu beschleunigen. Schäfer befürchtet, dass der aktuelle Digitalisierungsrückstand zum Standortnachteil für Deutschland werden kann: "Wir müssen uns beeilen. Der Breitbandausbau ist dabei von entscheidender Bedeutung. Das Onlinezugangsgesetz wird bei Bürgerinnen und Bürgern nur positiv aufgenommen werden, wenn überall im Land – auch in ländlichen Regionen – eine 'rumpelfreie' Datenübertragung sichergestellt ist.“

Digitale Leistungen in der Fläche 

Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, Dr. Markus Richter sieht alle Beschäftigten in der Verwaltung im positiven Sinne von der Digitalisierung betroffen: "Wir haben hochspannende gesellschaftsrelevante Themen, die man mitgestalten kann und ich glaube, dass deutlich mehr mit einer agilen Arbeitsweise möglich wäre, als wir bisher denken. Es ist das Jahr der Umsetzung. Die Weichen sind gestellt. Bis Ende 2022 sollen die Behördendienstleistungen flächendeckend digital verfügbar sein. Das ist ein hochambitionierter Zeitplan. Es geht in den nächsten Monaten vor allem darum, die digitalen Dienstleistungen in die Fläche zu bringen", so Richter.

Gestaltung soll bei der Fachabteilung liegen 

Als falschen Ansatz betrachtete Richter, dass bei der Digitalisierung zu oft auf die IT-Abteilungen verwiesen werde: „Wir müssen deutlich machen, dass an erster Stelle die Fachabteilungen stehen. Es gibt durch die Digitalisierung viele Möglichkeiten, interne Verwaltungsabläufe zu vereinfachen. Die Gestaltung liegt aber bei der jeweiligen Fachabteilung. Das kann nicht delegiert werden.“

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