Prof. Dr. Christian Fink, Dr. Fedor Zeyer
Tz. 32
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Die Definition einer nahestehenden Partei ist nicht auf Unternehmen begrenzt. Auch natürliche Personen und Mitglieder des Managements in Schlüsselpositionen (key management personnel) können einer berichterstattenden Einheit nahestehen. Insbesondere in Bezug auf die Abgrenzung zwischen den Beziehungen, die eine natürliche Person gegenüber einer berichterstattenden Unternehmung haben kann, und derjenigen zwischen zwei Unternehmen trennt IAS 24 klar. Dies wird beispielsweise durch die Trennung der Definitionen der Tatbestandsmerkmale für nahestehende Personen und der für nahestehende Unternehmen in IAS 24.9 erreicht.
So sind nach IAS 24.9 (a) Personen oder nahe Familienangehörige dieser Personen als einem berichterstattenden Unternehmen nahestehend zu klassifizieren, wenn diese das Unternehmen beherrschen, gemeinschaftlich führen oder einen maßgeblichen Einfluss auf dieses ausüben können.
Die Tatbestände der Beherrschung, der gemeinschaftlichen Führung sowie des maßgeblichen Einflusses sind in Übereinstimmung mit den oben aufgeführten Definitionen zu verstehen und analog zu den entsprechenden Beziehungen zwischen zwei Unternehmen auszulegen. Diese analoge Auslegung von Beziehungen, ob die entsprechenden Parteien nun eine Person oder ein Unternehmen sind, wird auch an verschiedenen Stellen im Rahmen der Basis for Conclusions klarstellend erwähnt (zB IAS 24.BC23).
Tz. 33
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
IAS 24.9 (a) bezieht nahe Familienangehörige explizit in die Abgrenzung der Beziehungen ein, da hierbei regelmäßig angenommen wird, dass diese bei ihren Transaktionen mit dem berichtenden Unternehmen von der natürlichen Person beeinflusst werden oder ihrerseits auf die natürliche Person bei deren Transaktionen mit dem berichtenden Unternehmen Einfluss nehmen. Es dürfte jedoch für Dokumentationszwecke schwierig sein, neben der verwandtschaftlichen Beziehung auch die unmittelbare oder gar mittelbare (über die Einflussnahme auf die natürliche Person) wirtschaftliche Beziehung eines nahen Familienangehörigen einer natürlichen Person iSv. IAS 24 zum berichterstattenden Unternehmen zu belegen. Die Betrachtung hat hierbei grundsätzlich einzelfallbezogen und unter Würdigung des individuellen Sachverhalts zu erfolgen. So ist auch die Aufzählung nahestehender Familienangehöriger in IAS 24.9 nicht als abschließend zu betrachten. Dies wird auch bereits im Standardtext dadurch angedeutet, dass die genannten Personengruppen zu den nahen Familienangehörigen "gehören" und diese somit nicht abschließend darstellen. In vielen Fällen sind diesem Kreis auch erwachsene Kinder, Eltern und Geschwister hinzuzurechnen (vgl. PricewaterhouseCoopers, 2019, 6.17). Dabei erweist sich die Einzelfallentscheidung oftmals als schwierig. Während nichteheliche Kinder bspw. die Beziehungsnähe der Elternteile im Regelfall untermauern, führen sie im Zweifel dann nicht zu den Angabepflichten gem. IAS 24 bzgl. der Eltern, wenn beide Elternteile nicht mehr in einem gemeinsamen Haushalt leben bzw. mindestens ein Elternteil mit einem neuen Partner in einer Beziehung in einem gemeinsamen Haushalt lebt. Auch zwischen Geschwistern, bei denen kein Abhängigkeitsverhältnis (zB aufgrund von Geschäftsunfähigkeit oder Minderjährigkeit) vorliegt, wird ein Nahestehen regelmäßig nicht bestehen. Daher ist der Begriff der Familienangehörigen im Zweifel eng auszulegen. Zwar kann unter wirtschaftlicher Betrachtungsweise ein Nahestehen auch ohne Verwandtschaftsverhältnis iSv. IAS 24 existieren – zB im Falle eines nicht verheirateten Paares. Das grundlegende Objektivierungserfordernis sowie die äußerst problematische Abgrenzung derartiger Beziehungen dürfte jedoch im Regelfall zu einer Verneinung des Näheverhältnisses führen.
Beispiel 8:
Frau A hält 20 % der Anteile an der berichterstattenden C GmbH und übt auf diese maßgeblichen Einfluss aus. Des Weiteren hält sie 50 % an der D GmbH und führt diese gemeinschaftlich mit einer dritten Partei. Frau A ist verheiratet mit Herrn A, dem 100 % der Anteile an der B GmbH gehören und der diese beherrscht. Der gemeinsame Sohn, Junior A, besitzt schließlich 20 % der Anteile an der E GmbH, auf die er maßgeblichen Einfluss ausübt.
Sowohl Frau A als auch Herr A und Junior A sind zueinander nahestehende Personen iSv. nahen Familienangehörigen. Gegenüber von ihnen beherrschten, gemeinschaftlich geführten oder maßgeblich beeinflussten Unternehmen sind sie wie eine einzige Person zu betrachten, da es bei natürlichen Personen kein abgestuftes Nahestehen gibt. Deshalb sind aus der Sicht der C GmbH alle drei nahestehende Personen. Dies gilt für Frau A, da sie maßgeblichen Einfluss auf die C GmbH ausübt und für Herrn A und Junior A, da diese Familienangehörige von Frau A sind. Auch die D GmbH steht der berichtenden Einheit (C GmbH) nahe, da Frau A an deren gemeinschaftlicher Führung mitwirkt und gleichzeitig maßgeblichen Einfluss auf die C GmbH ausübt. Die Vorgehensweise ist hier bei natürlichen Personen als Anteilseigner als...