Regeln für den Risiko- und Chancenbericht

Für die Risikoberichterstattung im Lagebericht sind einige Regeln zu beachten, die hier näher erläutert werden.

Risikoberichterstattung gliedert sich in mehrere Teile

Aktuell zeigt nicht nur die Corona-Pandemie, sondern auch weitere Themen, wie die Digitalisierung oder der Klimawandel, wie fragil einige Geschäftsmodelle sind und wie wenig ein vergangenheitsorientierter Jahresabschluss dann teilweise noch aussagt. Daher verwundert es nicht, dass Adressaten der Rechnungslegung sich vermehrt der Analyse des Lageberichts zuwenden, in der stärkere prognostische Elemente enthalten sind und insbesondere über die Risiken und Chancen zu berichten ist.

Nach DRS 20.135 teilt sich die Risikoberichterstattung auf in

  • eine Berichterstattung zum Risikomanagementsystem – was für kapitalmarktorientierte Unternehmen nach § 315 Abs. 2 Nr. 5 HGB explizit bezüglich der internen Kontroll- und Risikomanagementsystems im Hinblick auf den Konzernrechnungslegungsprozess gefordert ist –,
  • eine Berichterstattung zu den (wesentlichen) einzelnen Risiken sowie
  • eine zusammenfassende Darstellung der Risikolage des Konzerns, wobei auch auf die Risikotragfähigkeit des Konzerns eingegangen werden kann (DRS 20.160-161).

Risikoberichterstattung auf unterschiedliche Weise möglich

Die Unternehmen können bei der Darstellung der Risiken nach DRS 20.157 auf zwei Arten vorgehen:

  • Bei der Bruttodarstellung sind die Risiken vor den ergriffenen Maßnahmen sowie gesondert die Maßnahmen zur Risikobegrenzung darzustellen;
  • bei der Nettobetrachtung sind die Risiken nach Risikobegrenzungsmaßnahmen darzustellen, allerdings müssen auch hier gesondert die ergriffenen Maßnahmen dargestellt werden.

Werden dabei im Rahmen der internen Risikosteuerung die identifizierten Risiken auch quantifiziert an das Management berichtet, sind diese i. S. d. Management Approach zwingend extern so zu kommunizieren. Vornehmlich dürfte sich die Pflicht zur Quantifizierung auf finanzwirtschaftliche Risiken, z. B. Markpreis, Kredit- und Bonitätsrisiken und rechtliche Risiken wie etwa Bußgelder erstrecken. Dabei können nach DRS 20.158 die Auswirkungen von Risiken z. B. durch den Abschluss eines Termingeschäfts oder einer Versicherung begrenzt werden.

Berichterstattung über Chancen

Bei der Berichterstattung über Chancen ist analog wie bei den Risiken vorzugehen. Es ist konzernspezifisch zu entscheiden, ob eine Darstellung zusammengefasst oder getrennt erfolgen soll.

Rangfolge bei der Darstellung der Risiken

Des Weiteren besteht nach DRS 20.162 das Wahlrecht, die Risiken in einer Rangfolge zu ordnen oder zu gleichartigen Kategorien zusammenzufassen. Mit der Bildung einer Rangfolge anstelle gleichartiger Risikokategorien, etwa als A-, B- und C-Risiken, wird im Rahmen der Risikoberichterstattung unmittelbar die relative Bedeutung der Risiken betont, was für den Rechnungslegungsadressaten den Vorzug bietet, dass auf einen Blick es ersichtlich ist, welche Bedeutung die einzelnen Risiken für das Unternehmen haben und insofern für den Adressaten besonders lesenswert sind. Eine Abrundung der Risikoberichterstattung stellt die Forderung aus DRS 20.160 dar, wonach die berichteten Einzelrisiken zu einem Gesamtbild der Risikolage zusammenzuführen sind, was aus Adressatensicht äußerst begrüßenswert ist, denn übersichtliche Verdichtungen der risikorelevanten Informationen weisen eine hohe Entscheidungsnützlichkeit für die Abschlussadressaten auf. Dabei kann das Unternehmen neben der der Berücksichtigung von Diversifikationseffekten (DRS 20.160) auch auf die seine Risikotragfähigkeit eingehen (DRS 20.161).

Saldierung von Chancen und Risiken unzulässig

Die Chancenberichterstattung regelt DRS 20 analog zur Risikoberichterstattung, indem nach DRS 20.165 die Mindestanforderungen zur Risikoberichterstattung aus DRS 20.135-164 sinngemäß zur Berichterstattung über die wesentlichen Chancen anzuwenden sind. Entsprechend des Gesetzeswortlautes aus § 315 Abs. 1 Satz 5 HGB (bzw. § 289 Abs. 1 Satz 4 HGB) betont das DRSC, dass über Chancen und Risiken ausgewogen zu berichten und eine Saldierung von Chancen und Risiken unzulässig ist (DRS 20.166-167), was im Ganzen den Grundsätzen der Vollständigkeit und Richtigkeit Rechnung trägt.

Empirisch feststellbare Defizite

Untersuchungen von Lageberichten großer Kapitalgesellschaften zeigen (vgl. z.B. Müller/Seebeck/Weeger, Chancen- und Risikoberichterstattung im Lagebericht mittelständischer Unternehmen – relevante Informationen oder Informationsüberfrachtung?, StuB 10/2021, S. 400-406), dass sich die Risikoberichterstattung in den letzten Jahren im Vergleich zum Jahr 2013 deutlich verbessert hat. Allerdings gibt es weiterhin Bereiche mit deutlichem Handlungsbedarf. Besonders kritisch sticht hierbei die Beurteilung der Risiken heraus. Die Pflicht zur Risikobeurteilung leitet sich direkt aus dem Gesetz ab, weshalb die schlechten Ergebnisse umso überraschender sind. Fraglich ist ob die Unternehmen keine Beurteilung vornehmen, da ihnen das nötige Risikomanagementsystem fehlt, um eine solche Beurteilung vornehmen zu können, oder ob die Kenntnis der Berichterstattungspflicht fehlt. Dabei ist auffällig, dass jene Unternehmen, welche die Risiken beurteilen nicht klar herausstellen, ob es sich dabei um wesentliche Risiken handelt. Bei näherer Betrachtung der Darstellung der Beurteilung wird klar, wie wichtig für den Adressaten die Information ist, ob die Risiken vor oder nach Begrenzungsmaßnahmen dargestellt werden. Für eine klare Berichterstattung wäre es besonders wünschenswert, wenn die Ersteller hierzu eine klare Aussage treffen würden, da somit der Informationsgehalt der beurteilten Risiken immens steigen würde.

Gute Ergebnisse in der Beurteilung konnten in jenen Berichten erzielt werden, welche eine Kategorisierung der Risiken vorgenommen haben. Es wurden mehr Risiken genannt und der Großteil der genannten kategorisierten Risiken wurde beurteilt. Im Vergleich zur Gesamtcompliance wurden in den kategorisierenden Berichten etwa 40 % Risiken mehr pro Jahr beurteilend dargestellt.

DRS 20 fordert mit einer Gesamtbeurteilung die Einzelrisiken zu einem Gesamtbild zu verdichten. Dem folgt aber nur gut die Hälfte der Unternehmen. Nur ein Sechstel der Unternehmen nimmt eine abschließende Beurteilung dem Verständnis von DRS 20 vor. Die Unternehmen sollen ein abschließendes Urteil zur Gesamtlage treffen, diese geht über die reine Verneinung der Bestandsgefährdung hinaus.

Auch ist festzustellen, dass fast ein Fünftel der Unternehmen keinen Chancenbericht erstellen. Zudem stimmt das Chancenverständnis bei über zwei Dritteln nicht mit DRS 20 überein.

Risikobericht bezüglich der Finanzinstrumente

Nach § 315 Abs. 2 Nr. 1 HGB ist im Konzernlagebericht in Bezug auf die Verwendung von Finanzinstrumenten im Lagebericht einzugehen auf:

  • die Risikomanagementziele und -methoden des Unternehmens (Nr. 1a), einschließlich seiner eingesetzten Methoden zur Absicherung aller wichtigen Arten von Transaktionen, welche im Rahmen der Bilanzierung von Sicherungsgeschäften erfasst werden sowie
  • die Marktpreis-, Kredit- und Liquiditätsrisiken sowie Risiken aus Zahlungsstromschwankungen, denen das Unternehmen ausgesetzt ist (Nr. 1 b),

sofern dies für die Beurteilung der Lage oder der voraussichtlichen Geschäftsentwicklung des Konzerns von Bedeutung ist. Nach DRS 20 hat der Konzern, sofern eine Berichterstattung zur Beurteilung der wirtschaftlichen Lage oder der voraussichtlichen Geschäftsentwicklung wesentlich ist, gesondert auf folgende Punkt einzugehen:

  • Auf die Risikoarten, denen der Konzern aufgrund seiner gehalten Finanzinstrumente zum Bilanzstichtag ausgesetzt ist, wie z. B. Marktpreis-, Ausfall- und Liquiditätsrisiken (DRS 20.181a),
  • die Risikomanagementziele für die entsprechenden Risikoarten, denen der Konzern zum Bilanzstichtag ausgesetzt ist (DRS 20.181b) sowie
  • die Risikomanagementmethoden im Hinblick auf die Abwehr der Risiken aus der Verwendung von Finanzinstrumenten, welche der Konzern eingeht (DRS 20.181c).