Die Forderungen aus Lieferung und Leistung gehören zum Working Capital, da sie originär im Tagesgeschäft entstehen. Sie binden Kapital. Daher sind sie Teil vieler Bilanzkennzahlen. Grundsätzlich sind niedrige Forderungen vorteilhaft gegenüber einem höheren Bestand an offenen Ausgangsrechnungen.
Vermögensaufbau = Anlagevermögen / Umlaufvermögen × 100
mit den Forderungen als Teil des Umlaufvermögens
- Liquidität 2. Grades = (Forderungen + flüssige Mittel) / kurzfr. Fremdkapital × 100
Debitorenlaufzeit = durchschnittliche Forderungen / (Umsatzerlöse + MwSt.) × 360
wobei anstelle der nicht öffentlich verfügbaren durchschnittlichen Forderungen die Forderungen LuL aus der Bilanz verwendet werden.
Das Forderungsmanagement als Teil des Working Capital Managements ist ein besonders sensibler Bereich, da alle Maßnahmen immer auch die Kunden betreffen.
Management der offenen Posten
Die offenen Forderungen gegenüber den Kunden werden in sog. offenen Posten verwaltet. Das Working Capital Management bestimmt die Regeln im Umgang mit den offenen Posten. Es gilt ein System aufzustellen, in dem die fälligen Positionen zeitnah erkannt werden. Die säumigen Kunden müssen schnell angesprochen werden, z. B. durch eine Mahnung. Sanktionen wie ein Lieferstopp oder die Berechnung von Verzugszinsen sollen zur Zahlung bewegen. Gerichtliches Mahnverfahren und letztendlich die Klage gegen den Schuldner sind dann nur noch selten notwendig.
Kundenauswahl
Erfolgreiches Forderungsmanagement beginnt mit der Auswahl der Kunden. Die Bonität von Neukunden muss vor der ersten Lieferung geprüft werden. Das höhere Risiko eines Zahlungsverzuges auf bestimmten Vertriebswegen, wie z. B. der Export in osteuropäische Länder, muss bekannt und durch geeignete Maßnahmen, z. B. eine Exportkreditversicherung des Bundes, ausgeglichen werden.
Zahlungskonditionen
Einen besonderen Einfluss auf die Höhe der Forderungen und damit auf die des Working Capital haben die Zahlungsziele, die den Kunden eingeräumt werden. Wird gegen Vorkasse verkauft, gibt es keine Forderungen. Ein Zahlungsziel von 30 Tagen hat eine Forderungshöhe von 1/12 des Jahresumsatzes zur Folge. Eine Differenzierung des Zahlungsziels nach Vertriebswegen, z. B. Vorkasse im Internetshop und 30 Tage Ziel im Vertrieb über den Außendienst sind ein erprobtes Mittel zur Senkung der Forderungshöhe.
Zahlungsanreize
Zu den Zahlungskonditionen gehören auch vereinbarte Anreize, die den Kunden zur vorzeitigen Bezahlung seiner Rechnungen animieren. Skonto ist ein Nachlass auf den Rechnungsbetrag, wenn die Bezahlung zu bestimmten Zeitpunkten vor Ablauf der Zahlungsfrist erfolgt.
Manipulation zum Bilanzstichtag
Die Bilanz wird zu einem Stichtag erstellt, die Bilanzkennzahlen sind demnach stichtagsbezogen. In der Praxis wird daher oft kurz vor diesem Stichtag versucht, die Bilanzwerte schnell zum Positiven zu verändern. Gerade die Forderungen sind geeignet, wenn z. B. große Einzelforderungen mit besonderem Anreiz noch schnell vor dem Jahresende realisiert werden. Es kostet in der Regel viel Geld, um den Kunden zur Mitarbeit zu bewegen. Günstiger sind eine ständige Überwachung und Reaktion auf die Forderungen im ganzen Jahr.
Veränderung der Forderungshöhe durch Veränderung der Konditionen
Ein Anbieter von individuellen Bekleidungsstücken hat in den letzten Jahren neben seinem originären Geschäft erfolgreich einen Online-Vertriebsweg aufgebaut. Inzwischen stammen bereits 1,5 Mio. EUR Umsatz aus dem digitalen Shop. Nur historisch zu begründen war die bis vor einem Jahr angebotene Zahlungskondition mit Verkauf gegen Rechnung und 30 Tagen Zahlungsziel.
Diese Zahlungskondition führte zu durchschnittlich 125.000 EUR Forderungsbestand. Daraus wiederum ergibt sich eine Finanzierung, die bei 2 % Kreditzinsen 2.500 EUR pro Jahr kostet. Außerdem kam es zu Forderungsausfällen von ca. 1 % des Umsatzes, also ca. 15.000 EUR pro Jahr. Die in digitalen Vertriebswegen übliche Vorauskasse wurde vor einem Jahr ohne großen Widerstand der Kunden eingeführt. Jetzt gibt es keine Forderungen mehr. Entstanden sind Anzahlungen der Kunden, die in der Bilanz als Verbindlichkeiten ausgewiesen werden. Die Finanzierungskosten sind negativ, da ein Guthaben (die Anzahlungen) erwirtschaftet wird. Einen Forderungsausfall gibt es nicht, da eine Belieferung erst nach Zahlungseingang erfolgt. Allein aus Kostengründen hat sich die Umstellung gelohnt.
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|
30 Tage |
Vorauskasse |
Umsatz |
EUR |
1.500.000 |
1.500.000 |
durchschnittliche Forderungen |
EUR |
125.000 |
-12.329 |
Finanzierungskosten |
% |
2,00 |
2,00 |
Finanzierungskosten |
EUR |
2.500 |
-247 |
Forderungsausfall |
EUR |
15.000 |
0 |
Summe Kosten |
EUR |
17.500 |
-247 |
Auch auf die Bilanzkennzahlen hat diese Veränderung einen Einfluss. In der früheren Situation mit 30 Tagen Zahlungsziel wurden die Forderungen aus dem digitalen Geschäft als Teil der gesamten Forderungen LuL ausgewiesen. Das Working Capital betrug damals 1,14 Mio. EUR, die EK-Quote 23,2 %.
Aktiva |
Bilanz zum 31.12.20XX |
Passiva |
Anlagevermögen |
2.750.000 |
1.225.000 |
Eigenkapital |
... |