Praxis-Beispiel

Benchmarking-Beispiel: Planungszyklus in Corona-Krise verkürzt

Notgedrungen steht ein Unternehmen aus der Benchmarking-Runde mit der Corona-Krise vor der Herausforderung, Aktualität vor Exaktheit zu priorisieren. Kurzerhand werden kürzere Planungszyklen implementiert und mit hohem Aufwand manuell Szenario-Analysen durchgeführt. Um in Zukunft sowohl aktuell als auch exakt planen zu können, wird mit Abflachen der Krise über die Digitalisierung des Planungsprozesses diskutiert.

Ein zentrales Dilemma im Controlling besteht seit jeher darin, exakt und gleichzeitig aktuell zu planen (s. Abb. 4). Mit zunehmender Dynamik im Unternehmensumfeld wird der Wunsch datenbasiert Entscheidungen zu treffen immer größer. Datenbasiert meint häufig tagesaktuelle Daten, die in eine exakte Planung fließen. Die Herausforderung dabei ist, dass exakte Planung einen großen zeitlichen Aufwand erfordert, für die bei aktueller Planung kein zeitlicher Vorlauf vorhanden ist. Entsprechend wird mehr Gewicht auf den einen oder anderen Pol dieser Ambidextrie gesetzt.

Abb. 4: Planungs-Ambidextrie – Planungsdimension 2: exakt und aktuell

Die Benchmarking-Studie legt offen, dass bei den befragten Unternehmen bisher meist Exaktheit vor Aktualität priorisiert wurde. In der Konsequenz basiert die Planung häufig auf veralteten Daten, die von der Realität überholt werden. In der Krise wurde deutlich, dass diese Priorisierung nicht aufrechterhalten werden konnte. Ein Befragter erklärt dies:

"Wenn Sie in 14 Tagen über den letzten Monat sprechen, sind Sie zu spät. Das interessiert keinen mehr."

Aus diesem Grund wurde in der Krise Aktualität höher priorisiert. Viele Unternehmen haben in diesem Zuge kürzere Planungszyklen eingeführt. Diese ermöglichten, die Planung mit neuen Annahmen und neuen Zahlen zu aktualisieren. Einhergehende Einbußen in der Exaktheit zugunsten der Aktualität wurden in Kauf genommen. Ein Befragter erklärt:

"Es ist nicht akzeptabel zu warten. Dann hat man mir gesagt, in dem Fall gäbe es auch die Gefahr von Abweichungen. Und dann habe ich gesagt, ja, die nehmen wir in Kauf."

Während einige Unternehmen diese ersten Schritte hin zu einer agilen Planung als Basis für eine langfristige Veränderung ihrer Planungsprozesse ansehen, versuchen andere Unternehmen mit Abflachen der Krise in alte Planungsmuster zurückzukehren, um wieder verlässlicher planen zu können.

Die Krise hat die Diskussion hinsichtlich dieser Ambidextrie neu entfacht. Insbesondere im Hinblick auf die Digitalisierung ergeben sich neue Möglichkeiten, beide Aspekte besser zu balancieren. Mit geeigneten Tools lassen sich Daten tagesaktuell verarbeiten, entsprechend aussagekräftige Forecasts und Szenarien ableiten und somit möglichst exakt planen.[1] Deshalb ist es wichtig, in einer digitalen Transformation von Planungsprozessen, Exaktheit und Aktualität auf Basis der veränderten Voraussetzungen neu zu priorisieren.

[1] Kappes/Brosig, 2022, S. 19ff.

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