Was die Ampelkoalition für Compliance plant

Der Koalitionsvertrag der zukünftigen Ampelkoalition liegt vor. Neben Schwerpunkten wie Klimaneutralität und Digitalisierung enthält der Vertrag Vorhaben zur Verbesserung der Compliance in Unternehmen und in der Gesellschaft - zumal die Vorgängerregierung einige Vorhaben nicht durchzog. Bei Hinweisgebersystemen, Compliance-Sanktionen und Geldwäschebekämpfung soll nachgeschärft werden.

Bisher in der Öffentlichkeit eher wenig beachtet enthält der Koalitionsvertrag auch deutliche Ansagen zur Verbesserung der Compliance in Unternehmen und in der Gesellschaft.

Die letzte Regierung hat Compliance-Vorhaben liegen lassen

Zwei wesentliche Gesetzesvorhaben im Bereich Compliance konnte die schwarz-rote Koalition entgegen ihrer ursprünglichen Absicht nicht umsetzen: Das geplante „Verbandssanktionengesetz“ sowie das „Gesetz zur Umsetzung der EU-Whistleblower- Richtlinie“. Letzteres müsste nach der EU-Richtlinie noch bis zum 17.12.2021 verabschiedet werden. Dies dürfte auch der neuen Koalition nicht mehr gelingen.

Die Ampel plant Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie

Der Koalitionsvertrag sieht auf Seite 111 unter der Rubrik Unternehmensrecht vor, die EU-Whistleblower-Richtlinie „rechtssicher und praktikabel“ umzusetzen. Die Richtlinie sieht für Unternehmen ab einer Beschäftigtenzahl von 50 Mitarbeitern die Einrichtung eines internen, anonymen Hinweisgebersystems vor. Dieses Hinweisgebersystem soll nach dem Willen der Koalitionäre so eingerichtet werden, dass Mitarbeiter in Unternehmen die Möglichkeit erhalten, erhebliche Verstöße gegen Verhaltensrichtlinien und unternehmerisches Fehlverhalten anonym zu melden, soweit deren Aufdeckung im öffentlichen Interesse liegt. Dabei soll es nach dem Koalitionsvertrag unerheblich sein, ob sich die gemeldeten Verstöße gegen EU-Recht - so die EU-Richtlinie - oder gegen innerstaatliche Verhaltensrichtlinien und Regeln richten.

Effektive Schutzmaßnahmen für Whistleblower

Die Whistleblower sollen nach dem Willen der Koalitionäre effektiv vor rechtlichen Nachteilen infolge ihrer Meldung geschützt werden. Ein Anliegen das, in aller Welt, bisher kaum erfolgreich war. Die Koalition will die Option von Beratungsangeboten für Whistleblower sowie deren finanzielle Unterstützung prüfen, wenn Arbeitnehmer sich gegen ungerechtfertigte Repressalien des Unternehmens zur Wehr setzen. Die Umsetzung dieser Richtlinie dürfte nach dem Koalitionsvertrag wegen der jetzt schon nicht mehr einzuhaltenden EU-Frist zu den ersten Gesetzesvorhaben der neuen Ampelkoalition gehören.

Verbandssanktionengesetz wurde ad acta gelegt

Das Verbandssanktionengesetz gehört nach dem Koalitionsvertrag nicht zu den vorrangigen Koalitionsplänen. Die Koalition will das bestehende System der Sanktionsmöglichkeiten gegenüber Unternehmen, die Compliance-Anforderungen verletzen, überarbeiten. Nach dem Koalitionsvertrag will sie einen verlässlichen Rechtsrahmen schaffen, in dem die Compliance-Pflichten der Unternehmen präzisiert werden, um auf diese Weise die nötige Rechtssicherheit für Unternehmen zu schaffen.

Mehr Tempo bei der Gleichstellung von Männern und Frauen

Im Rahmen der Compliance-Pflichten wird auch die Gleichstellung von Frauen und Männern eine besondere Rolle spielen (Seite 114 des Koalitionsvertrages). Der Gender Data Gap - also die unterrepräsentierte Erhebung gesellschaftlicher, wirtschaftlicher oder medizinisch relevanter Daten über das weibliche Geschlecht - soll geschlossen werden, vor allem im medizinischen Bereich. Die Gleichstellung von Frauen und Männern soll in Deutschland noch in diesem Jahrzehnt endgültig erreicht werden. So soll mit Hilfe einer gleichstellungsorientierten Jungen- und Männerpolitik die UN-Frauenrechtskonvention effektiv umgesetzt werden.

Höherer Frauenanteil in Führungspositionen angestrebt

Die Entwicklung des Frauen- und Männeranteils in den Führungsebenen der Privatwirtschaft sowie des öffentlichen Dienstes soll ständig beobachtet werden. Gegebenenfalls sollen Gesetze zur Durchsetzung dieser Rechte wie das Entgelttransparenzgesetz nachgeschärft werden. Das Gleichstellungsziel will die Koalition nicht nur innerstaatlich, sondern weltweit fördern. Gemeinsam mit anderen Ländern sollen im Sinne einer „Feminist Foreign Policy“ die Ressourcen und die Repräsentanz von Frauen und Mädchen weltweit gestärkt und gesellschaftliche Diversität gefördert werden. Weltweit sollen mehr Frauen in internationale Führungspositionen entsandt werden (Seite 145 des Koalitionsvertrages).

Mehr Compliance im Immobiliensektor

Die künftige Koalition will die Geldwäsche noch effektiver bekämpfen. Bei besonders finanzmarktnahen Verpflichteten soll die Geldwäscheaufsicht auf die BaFin übertragen werden. Geldwäschemeldungen aus dem Nichtfinanzbereich, insbesondere dem Immobiliensektor, sollen erleichtert werden. Die illegale Finanzierung von Immobilien zum Zwecke der Geldwäsche soll durch eine Erhöhung der Meldebereitschaft bekämpft werden. Das Datenbankgrundbuch soll mit dem Transparenzregister verknüpft werden, um die um sich greifende Verschleierung der wahren Eigentümer von Immobilien zu beenden. In diesem Zusammenhang steht die Einführung eines digitalen Euro als Ergänzung zum Bargeld auf der Agenda der Koalitionäre.

EU-Geldwäschebehörde in Frankfurt

Die Koalition will sich entsprechend den Plänen der EU-Kommission für eine EU-Geldwäschebehörde mit Sitz in Frankfurt einsetzen. Zur Bekämpfung der Finanzkriminalität und der Schwarzarbeit soll auch der Zoll moderner und digitaler aufgestellt werden.

Die Parteien müssen noch zustimmen

Die Wirtschaft begrüßt trotz einiger kritischer Stimmen in ihrer Mehrheit die geplanten Verschärfungen und erhofft sich hiervon mehr Planungs- und Rechtssicherheit. Ob die Koalition ihr Ziel einer nachhaltigeren Unternehmens-Compliance, insbesondere im Finanz- und Immobiliensektor, erreichen kann, wird sich erst nach Umsetzung der Vorhaben in Gesetzesform zeigen. Zuvor müssen noch die Parteitage bzw. Parteimitglieder dem von den künftigen Koalitionären vorgelegten Koalitionsvertrag zustimmen.

Der Koalitionsvertrag

Weitere News zum Thema:

Hinweisgebersysteme und die EU-Whistleblower-Richtlinie

Geldwäscherichtlinie

EU-Richtlinie für mehr Lohngleichheit


Schlagworte zum Thema:  Compliance, Koalitionsvertrag