Setzt Bestechung im Sport jetzt schon beim Nachwuchs an?

Immer stärker scheint im Sport der Lack von Fairplay und Regeltreue abzublättern. In den USA wurde ein hochrangiger Adidas-Manager wegen Korruptionsverdachts verhaftet. Ihm wird vorgeworfen, im Basketballsport durch Bestechung von Jugendtrainern im College-Basketball talentierte Nachwuchsspieler auf die Marke Adidas eingeschworen zu haben.

Der renommierte deutsche Hersteller von Sportbekleidung, die Firma Adidas, ist in den USA ins Visier der Strafverfolgungsbehörden geraten. Ein Manager des Sportartikelherstellers sowie neun weitere verdächtige Personen, darunter Trainer, die die Basketball-Jugend in den USA trainieren, wurden festgenommen. Es geht unter anderem um Bestechung von Nachwuchsspielern der Oklahoma State University sowie einer Universität in Südkalifornien.

Adidas zeigt sich überrascht

Die Firma Adidas hat die Verhaftung des Managers, der als Direktor für globales Sport-Marketing zuständig ist, bestätigt. Adidas erklärt, selbst keine Kenntnis über ein mögliches kriminelles Verhalten ihres Mitarbeiters zu besitzen. Das Unternehmen betont, alles zu tun, um zur Aufklärung beizutragen.

Sportträume von Jugendlichen instrumentalisiert?

Der US-Staatsanwalt hat die Verhafteten in einer Pressekonferenz scharf angegriffen. Sie hätten auf perfide Weise die sportlichen Träume von Athleten ausgenutzt. Dies sei das Ergebnis einer zwei Jahre andauernden verdeckten Ermittlung, bei der unter anderem auch Telefone abgehört worden seien. Seitens einer bekannten Sportartikelmarke seien Gelder unmittelbar an Familien von Spielern geflossen.

„Pay-to-Play-System“

Nach den Feststellungen der Staatsanwaltschaft soll der Adidas-Manager zusammen mit Trainern und einem Finanzberater eine regelrechte „Pay-to-Play-Kultur“ geschaffen haben. Ziel sei es gewesen, Talente im Basketball mit weitergehenden Ambitionen bereits im Vorfeld ihrer Karriere an bestimmte Spielervermittler und Sponsoren zu binden.

Adidas betreibt engagiertes Sponsoring

Die dem Manager zum Vorwurf gemachte Methode würde - wäre sie nicht illegal - grundsätzlich in das von Adidas betriebene weltweite und besonders in den USA verstärkt umgesetzte Sponsoringsystem passen. In den USA hat der Sportartikelhersteller sich unter anderem in das Football-Team der Universität von Miami eingekauft und Sponsoringverträge mit anderen College-Mannschaften, so der Basketballmannschaft einer Universität in Kentucky, abgeschlossen. College-Basketball ist in den USA ein Milliardengeschäft. Das Sponsoring als solches ist üblich und grundsätzlich legal.

Adidas konnte seine Marktanteile in den USA steigern

Adidas ist es mit Sponsoring-Maßnahmen gelungen, seinen Marktanteil in den USA - teilweise zulasten des Erzkonkurrenten Nike - deutlich zu steigern. Das Herzogenauracher Sportunternehmen Adidas macht inzwischen ein Fünftel seines Umsatzes in den USA.

Bestechungsgelder im sechsstelligen Bereich

In dem von US Staatsanwaltschaft behaupteten ausgeklügelten Bestechungssystem soll der Adidas-Manager die Schmiergelder über Strohmänner und Spielerberater verteilt haben. Das Unternehmen selbst bestreitet vehement, von den kriminellen Machenschaften gewusst zu haben. Ein Problem dabei könnte werden, dass die Zahlungen über die Bücher von Adidas gelaufen sind, darunter Einzelbeträge in der Größenordnung von 100.000-150.000 Dollar.

Adidas betont die Maxime ethischer Geschäftsführung

In den Firmenunterlagen von Adidas wurden die Zahlungen nach derzeitigem Kenntnisstand als Beratungshonorare geführt. Der Konzern betont, dass intern die Zahlungen nicht als möglicherweise unsauber aufgefallen seien. Der verhaftete Manager habe grundsätzlich über solche Beträge verfügen können. Für das Unternehmen habe keinerlei Grund bestanden, an der Ausweisung der Beträge als Beraterhonorare in irgendeiner Form zu zweifeln. Adidas betonte seine Verpflichtung gerade als Sportartikelhersteller, für den die Sportjugend eine besondere Bedeutung hat, „voll und ganz zu Compliance, Integrität und ethischer Geschäftsführung“ zu stehen.

Möglicherweise handelte der US-Manager auf eigene Faust

Die Stellungnahme der deutschen Firmenleitung ist nicht unplausibel, möglicherweise hat sie tatsächlich von den dem US-Manager vorgeworfenen Machenschaften nichts gewusst. Im Ermittlungsverfahren gilt im übrigen für alle Betroffenen nach wie vor die Unschuldsvermutung.

Dennoch ist die Affäre für das Herzogenauracher Unternehmen auch insofern unangenehm, als die wenig rühmliche Rolle des verstorbenen Ex-Chefs Robert Louis-Dreyfus im Rahmen der Vergabe der Fußball-WM 2006 gerade dabei war, zu verblassen.

Kontrolle von Compliance bleibt ein schwieriges Problem

Die Affäre zeigt einmal mehr, welch langwieriges und mühseliges Unterfangen es ist, eine nachhaltige Compliance-Kultur in einem Wirtschaftsunternehmen - erst recht einem  weltweit agierenden - zu etablieren und wirksam zu kontrollieren. Dies gilt besonders für die Fälle, in denen ein einzelner Mitarbeiter eigenmächtig aus dem Ruder läuft. Der Aktie von Adidas hat die Affäre nicht gut getan. Ihr Wert ist kurzzeitig deutlich gefallen.


Hintergrund:

Die Installation eines soliden Compliance-Managements, engmaschige Dokumentationen und stetige Kontrolle der Compliance-Kultur durch funktionierende Compliance-Management-Systeme sind eine unverzichbare Voraussetzungen, um im Ernstfall glaubhaft machen zu können, dass es sich bei Compliance-Verstößen und Alleingänge gehandelt hat.

Schlagworte zum Thema:  Compliance-Management, Compliance, Korruption