3.1 Das Gesetz verpflichtet Unternehmen mit mindestens 3.000 (ab 2023) bzw. 1.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (ab 2024). Wie genau ermittelt man, ob ein Unternehmen diese Arbeitnehmerschwellen erreicht? Gilt hier das Pro-Kopf-Prinzip?

Ja, die allgemeine Arbeitnehmerdefinition des § 611a BGB ist anzuwenden. Diese unterscheidet nicht zwischen teilzeitbeschäftigten und vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.

3.2 Welche Arten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sind hier mitzuzählen?

Auch hier sind die allgemeine Arbeitnehmerdefinition des § 611a BGB sowie die Rechtsprechung anzuwenden. Zudem ist zu berücksichtigen, ob die jeweilige Arbeitnehmerin bzw. der jeweilige Arbeitnehmer kennzeichnend für die maßgebliche Größe des Unternehmens ist. Das ist gegeben, wenn die Beschäftigungsdauer mindestens 6 Monate beträgt.

Demnach werden neben regulären Vollzeit- und Teilzeitarbeitnehmerinnen /-arbeitnehmern voll (pro Kopf) berücksichtigt:

  • ins Ausland entsandte Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer,
  • Leiharbeitnehmerinnen/-arbeitnehmer, wenn die Einsatzdauer beim Entleihunternehmen 6 Monate übersteigt (vgl. Regierungsbegründung, S. 14),
  • leitende Angestellte,
  • folgende besondere Gruppen von Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmern:

    - Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer in Probezeit,

    - Heimarbeiterinnen/-arbeiter,

    - unselbständige Handelsvertreterinnen/-vertreter,

    - Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer in Kurzarbeit oder

    - wegen Mutterschaftsurlaub Abwesende.

Nicht zu berücksichtigen sind:

  • Leiharbeitnehmerinnen/-arbeitnehmer, wenn die Einsatzdauer beim Entleihunternehmen 6 Monate nicht übersteigt,
  • Freie Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter und Selbstständige,
  • Organmitglieder juristischer Personen,
  • in aller Regel Gesellschafterinnen/Gesellschafter juristischer Personen (Ausnahme: die Person ist als nicht geschäftsführende/geschäftsführender Gesellschafterin/Gesellschafter zugleich Arbeitnehmerin/Arbeitnehmer in dem Unternehmen),
  • Personen, bei denen die Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis im Geschäftsjahr mehr als 6 Monate ruhen (z. B. ausgeschiedene Vorruheständlerinnen/Vorruheständler, Personen in der passiven Phase der Altersteilzeit, Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer in Elternzeit),
  • Beamtinnen/Beamte sowie Soldatinnen/Soldaten (hier liegt ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis vor),
  • Auszubildende, Umschülerinnen/Umschüler gemäß Berufsbildungsgesetz, Praktikantinnen/Praktikanten und Volontärinnen/Volontäre.

3.3 Was bedeutet im Zusammenhang mit der Ermittlung der Arbeitnehmerzahl eines Unternehmens "in der Regel … beschäftigt"?

Es zählen gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LkSG nur die "in der Regel" beschäftigten Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer. Die Berechnung der "in der Regel" beschäftigten Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer hat gemäß Regierungsbegründung, S. 13 mittels einer rückblickenden Betrachtung sowie einer Prognose hinsichtlich der zukünftigen Personalentwicklung zu erfolgen. Die Voraussetzungen entsprechen denen, die vom Bundesarbeitsgericht im Rahmen der Mitbestimmung entwickelt wurden.

3.4 Fallen gemeinnützige Unternehmensformen (bspw. Vereine, Stiftungen, gemeinnützige Gesellschaften (gGmbH, gUG, gAG), Genossenschaften) in den Anwendungsbereich des LkSG? Gelten hier Besonderheiten bei der Anwendung des LkSG?

Gemeinnützige Unternehmensformen des Privatrechts fallen ohne Einschränkung in den Anwendungsbereich des Gesetzes. Es gelten keine Besonderheiten.

3.5 Fallen juristische Personen des öffentlichen Rechts (JPöR) in den Anwendungsbereich?

Juristische Personen des öffentlichen Rechts (JPöR), d. h. Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts, fallen nur unter das Gesetz, soweit sie unternehmerisch am Markt tätig sind. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des LkSG auf juristische Personen des öffentlichen Rechts ist dabei, dass der unternehmerisch tätige Teil der juristischen Person die Voraussetzungen des § 1 LkSG (eigenständig) erfüllt. Das heißt umgekehrt, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts, die überhaupt nicht unternehmerisch am Markt tätig sind, oder deren unternehmerische Tätigkeit nicht die Schwellenwerte des § 1 LkSG erreicht, keine Verpflichtungen aus dem LkSG treffen.

Eine unternehmerische Tätigkeit am Markt liegt vor, wenn die juristische Person des öffentlichen Rechts Dritten (natürlichen Personen, Unternehmen, anderen JPöR) gegenüber eine Dienstleistung oder ein Produkt (auch unentgeltlich) anbietet und dabei das Anbieten der Dienstleistung oder des Produktes in Konkurrenz zu anderen Marktteilnehmenden (anderen Unternehmen und/oder anderen JPöR) geschieht. Eine solche Konkurrenzsituation liegt immer dann vor, wenn die Dienstleistung bzw. das Produkt auch von anderen Marktteilnehmenden angeboten werden kann.

3.6 Erfasst das Gesetz auch den Einkauf von Leistungen durch juristische Personen des öffentlichen Rechts?

Der Einkauf von Leistungen ist nur insoweit Bestandteil der unternehmerischen Tätigkeit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts i. S. d. LkSG, als er zum Zwecke der o. g. Marktbetätigung erfolgt.

3.7 Wie ist es zu verstehen, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts (JPöR) nur in den Anwendungsbereich fallen, "soweit" sie unternehmerisch am Markt tätig sind?

Entsprechend ihrer eingeschränkten Erfassung durch das LkSG werden nur die Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer gezählt, die organisatorisch dem unternehmerisch tätigen Teil der juristischen Person des öffentlichen Rechts zuzuordnen sind. Anhand dieser Zählweise ist zu bestimmen, ob die Schwelle der 3.000 (ab 2023) bzw. 1.000 (ab 2024) Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer im Sinne des § 1 LkSG erreicht ist. Beamtinnen/Beamte werden dabei nicht mitgezählt. Zugleich obliegen die Pflichten des LkSG der JPöR nur in dem unternehmerisch tätigen Bereich.

3.8 Fallen juristische Personen des Privatrechts in öffentlicher Hand in den Anwendungsbereich?

Für juristische Personen des Privatrechts in öffentlicher Hand gelten keine Besonderheiten. Sie fallen unter den Anwendungsbereich, wenn die Voraussetzungen des § 1 LkSG erfüllt sind.

3.9 Können Gebietskörperschaften (Bund/Länder/Landkreise/Kommunen) Obergesellschaften i. S. d. LkSG für unternehmerisch tätige juristische Personen sein, an denen sie beteiligt sind?

Nein, die Gebietskörperschaften fungieren nicht als Obergesellschaften.

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