Sicherheit beim „Power-to-Gas“-Verfahren

In Wasserstoffanlagen, Wasserstoffkraftwerken bzw. Power-to-Gas-Anlagen wird regenerativ erzeugter „Ökostrom“ in chemische Energie (sogenannte EE-Gase, Synthesegase) umgewandelt. Dabei wird das „Power-to-Gas“-Verfahren (deutsch: Strom zu Gas) angewendet. Diese Methode hat den Vorteil, dass es durch die Nutzung erneuerbarer Energien wesentlich klimaschonender funktioniert als die bisherige Gewinnung von Wasserstoff aus fossilen Brennstoffen.
Elektrolyse und Methanisierung
Beim Power-to-Gas-Verfahren wird zunächst im Elektrolyseur Wasser mithilfe des regenerativ erzeugten Stroms in seine Einzelteile zerlegt, also Sauerstoff und Wasserstoff. Da der Wasserstoff eine deutlich geringere Energiedichte als das im Gasnetz befindliche Methan besitzt, könnte nur sehr wenig Wasserstoff in die Netze eingespeist werden. Aus diesem Grund wird der Wasserstoff „methanisiert“, d. h. durch Erhitzung und Kohlendioxid-Zugabe zu Methan und Wasserdampf umgewandelt. Das so entstandene Methangas kann dann vollständig ins Gasnetz eingespeist werden.
Entzündbarkeit
Was bedeutet diese Technologie für die Arbeitssicherheit? Die meisten der notwendigen Schutzmaßnahmen sind die gleichen wie an konventionellen Erdgasanlagen. Aber bei einer Risikoanalyse ist zu bedenken, dass bei diesem Verfahren zwei Gefahrstoffe statt nur einem Gefahrstoff zu berücksichtigen sind. Neben dem Erdgas müssen zusätzlich die durch den Wasserstoff bedingten Gefährdungen beachtet werden.
Auch die unterschiedlichen Zünd- bzw. Explosionsgrenzen der beiden Stoffe sind in einer Gefährdungsbeurteilung unbedingt in Betracht zu ziehen. Die unteren Explosionsgrenzen beider Stoffe sind dabei mit vier Volumenprozent zwar gleich, aber Wasserstoff entzündet sich bereits bei einer deutlich geringeren Zündenergie als Erdgas. Schon bei einem einzigen Funkenschlag eines Werkzeuges kann es dann unter Umständen bereits zu einer Explosion kommen.
Gefährdungsbeurteilung
Der Arbeitgeber muss auf Basis der Gefährdungsbeurteilung nach Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) die organisatorischen, technischen und personenbezogenen Schutzmaßnahmen nach dem Stand der Technik festlegen, welche alle Anforderungen aus der GefStoffV bezüglich Brand- und Explosionsschutz erfüllen. Ob er diese Voraussetzungen tatsächlich umgesetzt hat, wird durch eine diesbezüglich befähigte Person oder eine zugelassene Überwachungsstelle (ZÜS) überprüft.
Zu den Grundvoraussetzungen der Arbeitssicherheit zählt unter anderem die Einteilung der Arbeitsbereiche in Risiko- oder Gefährdungszonen (sog. ATEX- oder Ex-Zonen); in denen je nach Gefährdungspotenzial weitere Schutzmaßnahmen umzusetzen sind.
Gefahr durch Thermoöl
In Anlagen, in denen aus „grünem“ Wasserstoff und Kohlendioxid Methan hergestellt wird, kommen zusätzlich Wärmeträgerflüssigkeiten bzw. Wärmeträgeröle, das sogenannte Thermoöl, zum Einsatz. Beim Entweichen des Thermoöls aus unter Druck stehenden Anlagenteilen (Leckage) verteilt sich dieses in der Regel sprühnebelartig in seine Umgebung.
Entsteht ein Leck an flüssigkeitsführenden Anlagenteilen unter hohen Temperaturen, muss beim Austreten des Thermoöls oberhalb seiner Siedetemperatur mit einer spontanen Verdampfung und Ausbildung einer zündfähigen Dampf- bzw. Nebelwolke gerechnet werden. Sind in der Nähe der Leckagestelle elektrische Zündquellen oder heiße Oberflächen nahe der Zündtemperatur vorhanden, sind eine Explosion und auch ein Folgebrand sehr wahrscheinlich. Bei falscher Isolierung besteht zudem die Gefahr eines Brandes in der Isolation.
Risikoanalyse durch Hersteller
Die Gefährdungsbeurteilung ist ausschließlich Sache des Unternehmers bzw. Anlagenbetreibers. Worin besteht dagegen die Verantwortung des Anlagenherstellers bzw. des Herstellers einzelner Anlagen-Komponenten?
Im Rahmen der Entwicklung des Produkts muss er eine Risikobeurteilung erstellen. Er ist aber nicht verpflichtet, diese Risikoanalyse dem Anlagenkäufer zur Verfügung zu stellen. Auf die wichtigsten Restrisiken, die beim Betrieb der Anlage eventuell entstehen könnten, muss er ihn aber hinweisen. Und das nicht nur mündlich, sondern auch schriftlich mittels der Betriebsanleitung. Zusätzlich sollte das Betreiberunternehmen aber auch die direkte Kommunikation mit dem Hersteller suchen, damit ihm alle möglichen technischen Details bekannt sind, die im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen sind.
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