Multitasking: Kleine Unterbrechungen mit großen Folgen

Lassen Sie das Telefon klingeln, wenn Sie diesen Text lesen wollen. Sonst kann es Ihnen passieren, dass Sie später noch einmal von vorne mit dem Lesen beginnen müssen. Denn Störungen und Multitasking verlängern die Zeit, die wir für eine Aufgabe brauchen.

Nicht die Dauer einer Arbeitsunterbrechung ist entscheidend. Bereits weniger als 3 Sekunden reichen aus, dass sich die Fehlerquote verdoppelt. Dieses Ergebnis überraschte sogar Psychologe Erik Altmann, Leiter einer Studie zur Auswirkung von kurzen Unterbrechungen an der Michigan State University (MSU).

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Arbeitsunterbrechung von 2,8 Sekunden verdoppelt die Fehlerquote

Für die Studie bekamen 300 Teilnehmer verschiedene Aufgaben am Computer, die Aufmerksamkeit erforderten, wie etwa das Sortieren von Briefen nach Anfang oder Ende des Alphabets. Dabei ergaben sich bereits in der ungestörten Arbeitsphase Fehler. Doch wurden die Teilnehmer unerwartet unterbrochen, erhöhte sich die Fehlerquote. Die Störung dauerte nur 2,8 Sek., wirkte sich aber mit einer Verdoppelung der Fehler aus.

Multitasking stresst und mindert die Leistungsfähigkeit des Gehirns

Die Wissenschaftler fragten sich, warum die Unterbrechung zu mehr Fehlern führt. Ihre Erklärung: Die Ablenkung von einer Aufgabe und die Konzentration auf eine andere löst eine Störung aus – unabhängig von der Dauer der Unterbrechung. Denn die Leistungsfähigkeit des Gehirns verringert sich um 20 bis 40 %, wenn Aufgaben parallel statt nacheinander erledigt werden. Außerdem löst Multitasking Stress aus.

Verheerende Folgen können kurze Unterbrechungen z. B. bei Flugzeugmechanikern, die eine Maschine checken, oder Notärzten im Einsatz verursachen. Doch auch dann, wenn ein Fehler „nur“ Geld kostet, sollte man dafür sorgen, dass in einer ungestörten Umgebung gearbeitet wird. Altmann rät deshalb: „Handy aus am Arbeitsplatz!“ Denn meldet es sich im falschen Augenblick, ist der Fehler fast vorhersehbar.

Die Ergebnisse dieser Studie widersprechen frühren Untersuchungen, nach denen Multitasking die Leistungsfähigkeit auch verbessern kann.

Verzicht auf Multitasking nicht immer möglich

In vielen Berufen ist es jedoch nicht möglich, Störungen abzuschalten. So rufen z. B. im Büro Kunden an, bitten Kollegen um Unterstützung oder der Chef hat einen dringenden Auftrag. Und in Gesundheitsberufen gehören Unterbrechungen selbstverständlich zum Arbeitsalltag. Denn Patienten oder Pflegebedürftige können nicht immer warten, „bis sie an der Reihe sind“. Hier empfiehlt es sich, die Arbeit so zu unterbrechen, dass man später wieder schnell den Anschluss findet.

Die Broschüre Arbeitsunterbrechungen und Multitasking täglich meistern der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) gibt Hinweise, wie sich mit Störungen professionell umgehen lässt. Hier einige Beispiele daraus:

  • Bitte Sie Kollegen frühzeitig um Unterstützung.
  • Richten Sie sich Zeitfenster ein, in denen Sie ungestört arbeiten können. Schalten Sie dann das Telefon stumm, blenden Sie die E-Mail-Benachrichtigungen aus und hängen Sie ein „Bitte nicht stören“-Schild an die Tür.
  • Beenden Sie eine aktuelle Aufgabe wenn möglich, bevor Sie sich einer neuen zuwenden.
  • Machen Sie sich Notizen, bevor Sie einer Aufgabe nachgehen, die Ihre aktuelle unterbricht.
  • Wenden Sie sich nach der Unterbrechung schnell wieder Ihrer ursprünglichen Aufgabe zu.
  • Bleiben Sie trotz aller Störungen gelassen und gehen Sie Ihre Aufgaben in Ruhe an.
  • Machen Sie Vorgesetzten und Kollegen in einem freundlichen Gespräch klar, was Störungen für Sie bedeuten.
  • Achten Sie auf klare und eindeutige Absprachen in Ihrem Team.
  • Führen Sie Privatgespräche mit Kollegen dort, wo Sie niemanden bei konzentrierter Arbeit stören.
Schlagworte zum Thema:  Psychische Belastung