Die BaustellV sieht für den Koordinator Aufgaben vor, die an 2 Zeitpunkten wirksam werden. Während der Planung der Ausführung des Bauvorhabens sollen frühzeitig die Arbeitsschutzbelange eingebracht und mit eingeplant werden, um dann ausschreibungsrelevant zu werden. Bei der Durchführung der Bauarbeiten sollen die auszuführenden Tätigkeiten entsprechend der vorgenommenen Sicherheits- und Gesundheitsschutzplanung sicher, gesunderhaltend und störungsfrei erfolgen und am Ende ein mangelfreies Produkt entstehen.

 
Wichtig

Koordination von Sicherheit UND Gesundheitsschutz

Auch wenn die Begriffe Sicherheit und Gesundheitsschutz gern zusammenhängend verwendet werden, dürfen in der Praxis die Maßnahmen des Gesundheitsschutzes nicht unbeachtet bleiben. Oftmals liegt der Schwerpunkt stärker bei der Unfall- und Schadensverhütung. Baustellenkoordination muss beide Komponenten berücksichtigen:

  • Sicherheit i. S. von Absturzsicherheit, Schutz vor herabfallenden Gegenständen, Standsicherheit, sicheren Verkehrswegen und Fluchtwegen, Elektrosicherheit, sicheren Arbeitsmitteln, Maßnahmen gegen Brände etc.;
  • Gesundheitsschutz i. S. von Schutz gegen Lärm und Vibrationen, Schutzmaßnahmen beim Umgang mit Gefahrstoffen, Schutz gegen Witterungseinflüsse, Schutz des Muskel-Skelett-Systems, Hautschutz etc. und nicht zuletzt der Schutz bei psychischen Belastungen.

1.1 Die Baustelle

Die Koordinationspflicht nach BaustellV gilt ausschließlich für Baustellen. Eine Baustelle ist ein Ort, an dem ein Bauvorhaben ausgeführt wird und dabei eine oder mehrere bauliche Anlagen errichtet, geändert oder abgebrochen werden. Die Definition der baulichen Anlage erfolgt in Anlehnung an die Musterbauordnung (MBO). Danach ist die bauliche Anlage eine mit dem Erdboden verbundene und aus Bauprodukten hergestellte Anlage. Als mit dem Erdboden verbunden gelten auch Anlagen, die durch eigene Schwere auf dem Boden ruhen, auf ortsfesten Bahnen begrenzt beweglich sind oder nach ihrem Verwendungszweck überwiegend ortsfest benutzt werden. Zu Baustellen zählen Abbrucharbeiten, vorbereitende Baustellenarbeiten, Hochbau, Tiefbau, Installation, Ausbau, Spezialbau (wie Gerüstbau, Schornsteinbau).

Einfache Instandhaltungs-, Instandsetzungs- und Reparaturarbeiten, laufende Bauunterhaltungsmaßnahmen geringen Umfangs, wie Ausbesserungen an Dächern oder Fassaden (z. B. Anstreichen, Verputzen, Dämmen), der Austausch von Bodenbelägen oder Badrenovierungen zählen gemäß RAB 10 nicht zur Änderung einer baulichen Anlage. Damit handelt es sich bei Durchführung dieser Maßnahmen noch nicht um eine Baustelle. Herangezogen wird als Bewertungsmaßstab der Schwellenwert nach § 2 Abs. 2 BaustellV, wonach für Bauarbeiten,

  • die mehr als 30 Arbeitstage dauern und bei denen mehr als 20 Beschäftigte gleichzeitig tätig werden oder
  • bei denen 500 Personentage überschritten werden,

eine Vorankündigung zu übermitteln ist. Dieser Schwellenwert dürfte bei der Errichtung, bei größeren Änderungen oder dem Abbruch baulicher Anlagen regelmäßig überschritten werden. Für die meisten Baustellen ist ein Koordinator zu bestellen, da es kaum solche geben dürfte, die durch nur einen Arbeitgeber realisiert werden.

Bei einer Zahl von 217.617 Baugenehmigungen im Hochbau (Gebäude/Baumaßnahmen) allein im Jahr 2022 kann deutschlandweit von einer hohen Zahl von Baustellen mit Koordinierungsbedarf ausgegangen werden.

1.2 Bestellung des Koordinators

Die Bestellung eines Koordinators ist nicht an die Größe eines Bauvorhabens, bestimmte Gewerke oder Gefährlichkeitsmerkmale geknüpft, sondern lediglich an die Anzahl der auf der Baustelle tätig werdenden Arbeitgeber. Bereits ab 2 Arbeitgebern muss ein Koordinator bestellt werden. Es spielt keine Rolle, ob die Tätigkeiten der Arbeitgeber parallel oder nacheinander erfolgen. Liegen die Tätigkeiten allerdings zeitlich so weit auseinander, dass eine erneute Baustelleneinrichtung erforderlich wird, kann von einem Zusammenhang der Tätigkeiten nicht mehr gesprochen werden. Eine Tätigkeit eines zweiten Arbeitgebers muss auch dann nicht angenommen werden, wenn Material angeliefert und abgeladen, Vermessungstätigkeiten, Beprobungen, Kontroll- oder Abnahmeprüfungen durchgeführt werden.

Die Pflicht, einen Koordinator zu bestellen, obliegt dem Bauherrn bzw. dem von ihm beauftragten Dritten nach § 4 BaustellV. 3 Varianten der Umsetzung der Vorschrift sind denkbar (Abb. 1):

  1. der Bauherr kann die Aufgaben des Koordinators selbst wahrnehmen,
  2. der Bauherr beauftragt einen Dritten, der die Aufgabe in eigener Verantwortung wahrnimmt,
  3. der Bauherr beauftragt einen Koordinator.

Abb. 1: Varianten der Baustellenkoordination

1.2.1 Der Bauherr als Koordinator

Die BaustellV ermöglicht es dem Bauherrn, die Koordinatorentätigkeit selbst wahrzunehmen. Er wird dies aber nur ausüben können, wenn er

  • die Anforderungen an die Qualifikation erfüllt,
  • bereit ist, sich persönlich und ernsthaft in die Ausführungsplanung und Bauausführung einzubringen,
  • die erforderlichen zeitlichen Aufwendungen investiert,
  • tatsächlich vor Ort ist,
  • auf mögliche Rollenkonflikte vorbereitet ist.

1.2.2 Der Verantwortliche Dritte

Ein vom Bauherrn beauftragter Dritter ...

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