Zusammenfassung

 
Begriff

Unter Wiedereingliederung (auch stufenweise Wiedereingliederung) versteht man ein Modell, mit dem Beschäftigte in der Genesungsphase nach einer Erkrankung oder Verletzung stundenweise beschäftigt und so wieder an die am Arbeitsplatz auftretenden Belastungen herangeführt werden. Stufenweise Wiedereingliederung ist ein Baustein der Rehabilitation im beruflichen Bereich und ist im Sozialgesetzbuch SGB IX verankert.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Wiedereingliederung ist in § 28 SGB IX verankert.

1 Ziel der Wiedereingliederung

Eine stufenweise Wiedereingliederung hat als Ziel, den Gesundheitszustand des Betroffenen durch eine schonende Heranführung an die Arbeitsbelastungen zu verbessern oder wenigstens zu stabilisieren. Als Maßnahme der medizinischen Rehabilitation gehört sie in die Zuständigkeit des behandelnden Arztes.

Die Wiedereingliederungsmaßnahme begründet ein eigenes Rechtsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber in einer Phase, in der der Arbeitnehmer weiterhin dem rechtlichen Status nach arbeitsunfähig geschrieben ist. Ihm entstehen daher in keinem Fall irgendwelche finanziellen oder versicherungsrechtlichen Nachteile. Voraussetzung für die Wiedereingliederungsmaßnahme ist, dass der Arbeitnehmer bereit und in der Lage ist, seine bisherige Tätigkeit in gewissem Umfang wieder aufzunehmen. Darüber entscheidet der behandelnde Arzt mit dem Betroffenen. Ein Rechtsanspruch auf eine solche Maßnahme besteht gegen den Arbeitgeber allerdings nicht.

 
Wichtig

Betriebliches Eingliederungsmanagement und Wiedereingliederung

Oft greift bei einer Wiedereingliederung nach § 28 SGB IX auch das sog. Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) nach § 167 SGB IX. Das ist dann der Fall, wenn die gesamte Zeit der Arbeitsunfähigkeit 6 Wochen überschreitet, was in den fraglichen Fällen meist zutrifft. BEM hat die Aufgabe nach einer längeren Arbeitsunfähigkeitsphase zu klären, ob durch Maßnahmen am Arbeitsplatz das Risiko minimiert werden kann, dass es zu erneuten gesundheitsbedingten Ausfällen kommt. Auch wenn die Stoßrichtung bei beiden Verfahren unterschiedlich ist, dienen sie beide dazu im Sinn einer möglichst umfassenden Rehabilitation Arbeitsfähigkeit sicherzustellen.

2 Bezahlung

Der Arbeitnehmer erhält i. d. R. während der Eingliederungsphase kein reguläres Arbeitsentgelt, sondern die vorgesehenen Lohnersatzleistungen (Krankengeld, Übergangsgeld, Verletztengeld). Dafür kommt je nach Sachlage der jeweilige Rehabilitationsträger auf: Kranken- oder Rentenversicherung oder die Berufsgenossenschaft, abhängig davon, ob die bestehende Einschränkung durch Krankheit, Unfall, Arbeitsunfall, Berufskrankheit usw. ausgelöst wurde. Bei vorheriger Arbeitslosigkeit treten auch die Arbeitsagenturen als Rehaträger auf.

Allerdings können Arbeitnehmer und Arbeitgeber auch für die erbrachten Tätigkeiten im Rahmen der Wiedereingliederung unabhängig vom normalen Beschäftigungsverhältnis separat eine Entgeltvereinbarung treffen, die durch die Rehaträger entsprechend ergänzt wird.

Auch Arbeitnehmer können für solche Maßnahmen, z. B. für nötige Arbeitsplatzanpassungen, Leistungen erhalten.

3 Organisation

Der behandelnde Arzt gibt im Rahmen der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an, welche Tätigkeiten der Arbeitnehmer leisten kann und in welchem zeitlichen Umfang. Dabei ist natürlich die Zusammenarbeit mit dem Betrieb, v. a. mit den zuständigen betrieblichen Vertretern (Vorgesetzte, ggf. Schwerbehindertenvertretung oder Beschäftigtenvertretung), dem Betriebsarzt und der Sicherheitsfachkraft unbedingt erforderlich.

In größeren Betrieben sind ausgebildete Personalfachleute ("Case-Manager") und/oder feste Arbeitskreise ("Reha-, Integrations- oder BEM-Teams") für die Abwicklung solcher Maßnahmen zuständig. Gerade kleinere Unternehmen, die über solches Know-how nicht verfügen, können bei Bedarf auch auf Fachleute der Rehaträger und der Integrationsämter zurückgreifen, die für die Beschäftigung behinderter bzw. von Behinderung bedrohter Menschen zuständig sind. Wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, dass er mit zumutbarem Aufwand keine für die Wiedereingliederung geeigneten Bedingungen in seinem Betrieb schaffen kann, kann er die Maßnahme ablehnen.

I. d. R. verläuft die Wiedereingliederung stufenweise, beginnend z. B. mit einer täglichen Arbeitszeit von 2 Stunden, die dann nach 2–4 Wochen entsprechend der Leistungsfähigkeit weiter ausgebaut wird. Solche Maßnahmen dauern i. d. R. zwischen 6 Wochen und 6 Monaten.

4 Wiedereingliederung als Bestandteil modernen Personalmanagements

In vielen Betrieben wird von der Möglichkeit, arbeitsunfähig, krankgeschriebenen Beschäftigten eine stufenweise Wiedereingliederung anzubieten, bisher kaum Gebrauch gemacht. Auch viele behandelnde Ärzte sind mit diesen Maßnahmen wenig vertraut. Dabei bieten sich – immer abhängig vom Einzelfall zu bewerten – interessante Vorteile für Beschäftigte und Betriebe. Der engere Kontakt und das gemeinsame Bemühen um die Überwindung der Arbeitsunfähigkeit fördert oft den Rehabilitationserfolg direkt und die kürzere Abwesenheit vom Arbeitsplatz erleichtert den Ablauf für den Betrieb und verhindert, dass de...

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