Zusammenfassung

 
Überblick

Ein Großteil der Stoffe bzw. Gemische, die in Industrie und Gewerbe zum Einsatz kommen, ist wassergefährdend. Gelangen sie in Boden, Grundwasser oder Oberflächengewässer, können sie das Trinkwasser beeinträchtigen oder schwerwiegende ökologische Schäden verursachen. 2009 gab es in Deutschland 1,3 Mio. Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen, dabei entfiel die Hälfte des Fassungsvermögens auf nur 2.700 Anlagen, und zwar zur Lagerung von Mineralölprodukten. 2016 wurden den zuständigen Behörden 2.721 Unfälle mit wassergefährdenden Stoffen angezeigt, dabei gelangten 7,5 Mio. Liter wassergefährdende Stoffe in die Umwelt, 3,8 Mio. Liter (51 %) konnten wiedergewonnen werden (u. a. durch Umpumpen bzw. Umladen in andere Behälter). Ca. 50 % aller Unfälle mit wassergefährdenden Stoffen ereigneten sich durch menschliches Fehlverhalten, daneben waren das Versagen von Schutzeinrichtungen sowie Materialmängel häufige Ursachen.[1] D. h., Millionen Tonnen wassergefährdender Stoffe werden jährlich hergestellt, behandelt, verwendet, gelagert, abgefüllt und umgeschlagen. Wie stark das Grundwasser im Fall von z. B. Leckagen oder Unfällen gefährdet sein kann, hängt auch von der Struktur der vorhandenen Böden ab.

Der Umgang mit wassergefährdenden Stoffen darf nur mit großer Sorgfalt erfolgen, im Sinne eines vorbeugenden Gewässerschutzes, denn wenn Schadstoffe bereits im Grundwasser und damit auch in Brunnen der Trinkwasserversorgung angekommen sind und erst bei der Überwachung der Trinkwasserqualität aufgespürt werden, ist es zu spät. Maßnahmen zur Sanierung sind teuer, der vorherige Zustand ist kaum wieder herstellbar.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Grundsätzliche Anforderungen an den Umgang mit wassergefährdenden Stoffen sind in § 62 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) beschrieben. Danach dürfen Anlagen mit wassergefährdenden Stoffen keine nachteiligen Auswirkungen auf Gewässer haben. Als Gewässer gilt hier auch das Grundwasser im Boden. Die grundsätzlichen Anforderungen des WHG werden in der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) konkretisiert. Für Anlagen in Schutz- und Überschwemmungsgebieten gelten besondere Anforderungen. In § 2 AwSV werden "wassergefährdende Stoffe" definiert als "feste, flüssige und gasförmige Stoffe und Gemische, die geeignet sind, dauernd oder in einem nicht nur unerheblichen Ausmaß nachteilige Veränderungen der Wasserbeschaffenheit herbeizuführen". Deren Einstufung in Wassergefährdungsklassen (WGK) erfolgt entsprechend ihrer Gefährlichkeit aufgrund der physikalischen, chemischen und biologischen Stoffeigenschaften.

Die AwSV ist seit 1.8.2017 in Kraft; sie enthält u. a. auch Anforderungen an das Befüllen und Entleeren sowie Regelungen zur Fachbetriebspflicht. Wassergefährdende Stoffe können dem Menschen, insbesondere den Beschäftigten, die mit ihnen umgehen müssen, gefährlich werden. Daher wird auch das Gefahrstoffrecht relevant. Bei Bränden können zusammen mit Löschwasser große Mengen wassergefährdender Stoffe in die Umwelt gelangen. Diesem Problem tragen die Löschwasser-Rückhalte-Richtlinien der Länder Rechnung. Für Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen gilt eine Fülle weiterer rechtlicher Vorgaben. Diese sind neben den wasser- und gefahrstoffrechtlichen Anforderungen auch z. B. BImSchG, 4. BImSchV, Landesbauordnungen.

[1] Quelle: Umweltbundesamt, www.umweltbundesamt.de

1 Details

1.1 Definition

Besorgnisgrundsatz

Für den Umgang mit wassergefährdenden Stoffen gilt der Besorgnisgrundsatz. Daher "müssen Anlagen zum Lagern, Abfüllen, Herstellen und Behandeln … sowie Anlagen zum Verwenden wassergefährdender Stoffe … so beschaffen sein und so errichtet, unterhalten, betrieben und stillgelegt werden, dass eine nachteilige Veränderung der Eigenschaften von Gewässern nicht zu besorgen ist" (§ 62 Abs. 1 WHG).

Wassergefährdende Stoffe

Wassergefährdende Stoffe sind "feste, flüssige und gasförmige Stoffe und Gemische, die geeignet sind,… nachteilige Veränderungen der Wasserbeschaffenheit herbeizuführen" (§ 2 AwSV), dazu gehören z. B. Säuren, Laugen, Benzin, Diesel, Heizöl, Altöl, Chromate, Cyanide. Der Begriff "Stoffe" beinhaltet also auch Gemische. Wassergefährdende Stoffe werden entsprechend ihrer Gefährlichkeit in sog. Wassergefährdungsklassen (WGK) eingeteilt (§ 3 AwSV):

  • WGK 3: stark wassergefährdend,
  • WGK 2: deutlich wassergefährdend,
  • WGK 1: schwach wassergefährdend.

Als "allgemein wassergefährdend (awg)" werden z. B. Jauche, Gülle und Silage eingestuft, "nicht wassergefährdend" (nwg) sind Stoffe und Gemische, die als Lebensmittel bzw. als Tierfutter (außer Siliergut und Silage) dienen (§ 3 Abs. 2 und 3 AwSV).

Gefährdungspotenzial einer Anlage mit wassergefährdenden Stoffen

Das Gefährdungspotenzial einer Anlage hängt ab vom maßgebenden Volumen bzw. der maßgebenden Masse und der Gefährlichkeit der in der Anlage vorhandenen wassergefährdenden Stoffe sowie der hydrogeologischen Beschaffenheit und Schutzbedürftigkeit des Aufstellungsortes, z. B. Wasserschutzgebiet, Überschwemmungsge...

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