[Vorspann]

 

(1) Die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung umfasst die sachgerechte Informationsbeschaffung, die Beurteilung der Gefährdungen durch die verwendeten oder vorkommenden Biostoffe sowie die Festlegung und Umsetzung der Schutzmaßnahmen. Die hierfür erforderliche Fachkunde muss nicht zwingend nur von einer Person abgedeckt werden. Es muss jedoch gewährleistet sein, dass alle Fachkundekomponenten berücksichtigt werden. Lässt der Arbeitgeber sich fachkundig beraten, weil er selbst nicht über alle geforderten Kenntnisse verfügt, ist in der Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung festzuhalten, wen er an der Gefährdungsbeurteilung beteiligt hat und wie die für die Fachkunde erforderlichen Komponenten (Abschnitt 3 Absatz 1) abgedeckt werden. Dies ist auch sicherzustellen, wenn mehrere Arbeitgeber für die Gefährdungsbeurteilung verantwortlich sind (Zusammenarbeit mehrerer Arbeitgeber gemäß § 8 ArbSchG).

 

(2) In den folgenden Abschnitten sind die Anforderungen an die Fachkunde für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung separat für die unterschiedlichen Tätigkeitsbereiche aufgeführt. Bei Tätigkeiten mit Schutzstufenzuordnung werden die Fachkundeanforderungen schutzstufenbezogen zusammengefasst.

4.1 Anforderungen bei Tätigkeiten ohne Schutzstufenzuordnung

4.1.1 Tätigkeitsbereiche

 

(1) Tätigkeiten mit Biostoffen in Arbeitsbereichen, die nicht zu Laboratorien, der Versuchstierhaltung, der Biotechnologie oder Einrichtungen des Gesundheitsdienstes zählen, müssen keiner Schutzstufe zugeordnet werden. Hierzu gehören beispielsweise Tätigkeiten mit Biostoffen

  • in der Abwasser- und Abfallwirtschaft,
  • in der Land- und Forstwirtschaft,
  • im Rahmen von Reinigungsarbeiten,
  • bei Sanierungsarbeiten,
  • in Biogasanlagen,
  • in der Veterinärmedizin,
  • in Betrieben der Futter- und Nahrungsmittelproduktion einschließlich Schlachtbetrieben.
 

(2) Auch Tätigkeiten in der ambulanten Pflege müssen keiner Schutzstufe zugeordnet werden, da sie nicht in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes im Sinne der BioStoffV ausgeübt werden. Diese Tätigkeiten – und damit auch die Gefährdungen – sind aber vergleichbar mit den Pflegetätigkeiten der Schutzstufen 1 und 2 in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes. Deshalb finden die Regelungen des Abschnitts 4.3.1 auch Anwendung auf die ambulante Pflege.

4.1.2 Fachkundeanforderungen

 

(1) Folgende Anforderungen müssen erfüllt sein, um die Gefährdungsbeurteilung fachkundig durchzuführen:

  1. Es sind ausreichende Kenntnisse der Arbeitsplatzsituation und Tätigkeiten nachzuweisen. Dies kann erreicht werden durch

    • ein abgeschlossenes tätigkeitsbezogenes Studium (mindestens Bachelor; für Tätigkeiten mit Biostoffen der Risikogruppen 3 oder 4 mindestens Master oder jeweils vergleichbares Niveau (siehe auch Deutscher Qualifikationsrahmen (DQR) [5]),
    • eine abgeschlossene branchentypische Ausbildung verbunden mit einschlägigen Tätigkeiten oder
    • eine mindestens zweijährige geeignete Berufserfahrung.
  2. Kompetenz im Arbeitsschutz – Voraussetzungen hierfür sind Kenntnisse der

    • relevanten Biostoffe und ihrer Eigenschaften (infektiös, toxisch, sensibilisierend; Einstufung, Übertragungswege bzw. Aufnahmepfade und mögliche Erkrankungen),
    • Arbeitsplätze und Tätigkeiten,

sowie die Fähigkeit zur

  • Bewertung von Tätigkeitsabläufen und Expositionssituationen hinsichtlich der von den Biostoffen ausgehenden Gefährdungen und
  • Substitutionsprüfung sowie Ermittlung und Festlegung tätigkeitsbezogener Schutzmaßnahmen (technisch, organisatorisch und persönlich) sowie arbeitsschutzrelevanter Präventionsmaßnahmen.
 

(2) Über die erforderliche Kompetenz im Arbeitsschutz verfügen:

  • die Fachkraft für Arbeitssicherheit sowie der Betriebsarzt oder die Betriebsärztin, sofern in deren Aus- oder Fortbildung Kenntnisse über die in der betrachteten Branche spezifischen Gefährdungen durch Biostoffe sowie die zu ergreifenden Schutzmaßnahmen erworben wurden,
  • der Arbeitgeber, wenn er ein alternatives Betreuungsmodell nach der Unfallverhütungsvorschrift DGUV Vorschrift 2 "Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit" [8] oder für die Bereiche Land-, Forstwirtschaft und Gartenbau ein alternatives Betreuungsmodell nach der Unfallverhütungsvorschrift VSG 1.2 "Sicherheitstechnische und arbeitsmedizinische Betreuung" der SVLFG [9] gewählt und die Maßnahmen zur Information und Motivation abgeschlossen, Kenntnisse über die in der betrachteten Branche spezifischen Gefährdungen durch Biostoffe sowie die zu ergreifenden Schutzmaßnahmen erworben hat, sowie aktiv in das Betriebsgeschehen eingebunden ist,
  • sonstige Personen, die alle unter 4.1.2 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführten Arbeitsschutzkenntnisse auf andere Art – zum Beispiel im Rahmen des Studiums, der Ausbildung oder von Fortbildungsmaßnahmen – erworben haben.

4.2 Anforderungen bei Tätigkeiten mit Schutzstufenzuordnung in Laboratorien, in der Biotechnologie und in der Versuchstierhaltung

[Vorspann]

 

(1) Tätigkeiten in Laboratorien, in der Biotechnologie sowie in der Versuchstierhaltung müssen einer Schutzstufe zugeordnet werden (§ 5 BioStoffV).

 

(2) Bei Tätigkeiten mit Biostoffen mit einem möglichen doppelten Verwendungszweck (Missbrauchspotenzial) gemäß EU-Dual-Use-Verordnung Nr. (EU) 2021/821 [10] sind zudem gemäß Anhang II der BioStoffV ab der Schutzstufe 2 besondere Aspekte der Biosicher...

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