Insbesondere im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG taucht öfter die grundsätzliche Frage auf, ob beim allgemeinen Umgang mit Elektrogeräten (z. B. bei Bürotätigkeiten) eine elektrische Gefährdung vorliegt. Um diese Frage zu beantworten, muss an dieser Stelle ein weiterer Begriff genannt werden: das Risiko. Während man bei einer Gefährdung von der Quelle eines arbeitsbedingten Unfalls oder einer Gesundheitsbeeinträchtigung spricht, setzt sich das Risiko aus der Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Schadens und dem Ausmaß dieses Schadens zusammen.

Das bedeutet, dass beim Umgang mit elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln immer auch eine Gefährdung durch elektrischen Schlag vorliegt. Die Möglichkeit, einen solchen Schlag zu erleiden, ist in vielen Fällen als gering einzuschätzen. Das Risiko befindet sich also in einem akzeptablen Bereich, ist allerdings nicht auf den Wert 0 gesunken. Mängel an elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln, z. B. defekte Anschlüsse, Stecker, Steckdosen und Elektroleitungen oder Fehlhandlungen und Missbrauch können durchaus dazu führen, dass es zu einer direkten Berührung unter Spannung stehender Teile kommt.

Ziel der Betrachtungen i. S. des Arbeitsschutzes ist es, die jeweiligen Faktoren der elektrischen Gefährdung zu identifizieren und sie hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf den Menschen, aber auch auf Sachwerte, zu bewerten. Dazu wird das Risiko mithilfe geeigneter Methoden abgeschätzt. Liegt das Risiko oberhalb eines Grenzrisikos, also in einem unakzeptablen Bereich, müssen geeignete Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Bei der Festlegung der Schutzmaßnahmen, unter Beachtung der Rangfolge technisch – organisatorisch – personenbezogen, muss das erklärte Ziel die Senkung des Risikos auf ein akzeptables Maß sein.

Die Risikoermittlung kann auf sehr unterschiedliche Art und Weise erfolgen:

  • Bewertung auf Grundlage von praktischen Erfahrungen: Dabei werden die ermittelten Gefährdungen von Fachleuten und unter Einbeziehung von Fachliteratur bewertet.
  • Bewertung durch eine Risikomatrix: In Abhängigkeit vom Schadensausmaß und der Eintrittshäufigkeit des Ereignisses werden Faktoren festgelegt, die den Wert des Risikos widerspiegeln.
  • Bewertung durch Risikographen: Die Eintrittswahrscheinlichkeit des Schadens wird über die Häufigkeit und Dauer der Exposition und Möglichkeiten zur Vermeidung oder Begrenzung des Schadens abgefragt.

Entscheidend für die schnelle und fachlich korrekte Einschätzung des Risikos ist die Kenntnis der jeweiligen Grenzwerte und Bewertungskriterien.

3.1 Bewertungskriterien

Die Wirkung des elektrischen Stroms auf den Menschen hängt ab vom Weg des Stroms im Körper, von der Stromart und -stärke, von der Einwirkdauer und von der Frequenz.

Strom und Spannung sind über den Widerstand (Ohm'sches Gesetz) verknüpft. Die entscheidenden Widerstände sind die Übergangswiderstände (an Stromeintritts- und Stromaustrittsstellen), die Körperinnenwiderstände (der jeweiligen Strombahn) und die Leitungswiderstände (des äußeren Kreises).

Der Körperwiderstand des Menschen schwankt in sehr weiten Bereichen. Er ist vor allem von den beiden Größen Körperbau und Hautbeschaffenheit abhängig. Bei sehr kleinen Spannungen ist die Hautbeschaffenheit besonders wichtig, da die Haut als Isolator wirkt. Bei größeren Spannungen wird die Haut durchschlagen, wobei dann nur noch der innere Körperwiderstand maßgebend ist. Der Isolationsdurchschlag der Haut beginnt je nach Hautbeschaffenheit bei etwa 20 V (Minimalwert) und liegt bei horniger Haut bei etwa 200 V. Die akute Lebensgefahr wird bei kleineren Stromstärken durch den Herzstrom bestimmt. Bei Wechselstrom verkrampfen Muskeln schon bei geringen Stromstärken ab etwa 10/1.000 Ampere = 0,01 A = 10 mA. Verkrampfungen der Atemmuskulatur treten ab ca. 20 mA auf und Herzkammerflimmern bei ca. 80 mA, wenn die Einwirkungsdauer länger als 1 s ist.

Eine elektrische Gefährdung liegt vor, wenn

  • durch das Arbeitsmittel oder durch die Arbeiten aktive Teile direkt berührt oder unterschiedliche Potenziale überbrückt werden können und
  • die Spannung zwischen einem aktiven Teil und Erde oder die Spannung zwischen aktiven Teilen höher als 25 V Wechselspannung (Effektivwert) oder 60 V Gleichspannung (oberschwingungsfrei) ist und
  • der Kurzschlussstrom an der Arbeitsstelle größer 3 mA Wechselstrom (Effektivwert) oder 12 mA Gleichstrom und
  • die Energie mehr als 350 mJ beträgt.

Eine Gefährdung liegt auch dann vor, wenn diese Werte im Normalbetrieb eingehalten, aber beim Auftreten eines Fehlers überschritten werden.

Ferner liegt eine elektrische Gefährdung vor, wenn bei Annäherung an direkt berührbare aktive Teile die in der Tab. 2 angegebenen Schutzabstände Dv unterschritten werden.

 
Nennspannung UN (Effektivwert)
[kV]
Äußere Grenze der Annäherungszone Dv (Schutzabstand in Luft)
[m]
bis 1 1,0
über 1 bis 110 3,0
über 110 bis 220 4,0
über 220 bis 380 5,0

Tab. 2: Annährungszone Dv in Abhängigkeit der Nennspannung

Weitere Werte, die bei der Einschätzung des Risikos hilfreich sein können, sind in Normen bzw. ...

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