Die regelmäßige (oft jährliche) Arbeitsschutzbegehung wird oft als sehr elementarer Bestandteil eines guten Arbeitsschutzstandards angesehen. Dies ist umso mehr der Fall, als die Begehung als solche ein Vorgang ist, der im betrieblichen Alltag gut wahrnehmbar ist – mehr als z. B. die Dokumentation zur Gefährdungsbeurteilung oder die regelmäßig durchgeführten Arbeitsschutzausschusssitzungen, in die nicht direkt beteiligte Unternehmensangehörige meist gar keinen Einblick haben.

Dabei darf aber nicht außer Acht gelassen werden, dass die juristische Bedeutung von Arbeitsschutzbegehungen tatsächlich relativ gering ist. Die Begehung ist ein Werkzeug zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung – nicht mehr und nicht weniger. Es ist die Gefährdungsbeurteilung, die den unverzichtbaren und rechtlich in hohem Maß relevanten Kern der Arbeitsschutzpflichten des Unternehmers darstellt. Im Arbeitsschutzgesetz, das seit 1996 die elementaren Unternehmerpflichten im Arbeitsschutz beschreibt, ist die Arbeitsschutzbegehung dagegen nicht erfasst.

Sie wird lediglich im sehr viel älteren Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) beschrieben (Erstveröffentlichung 1973), aber "nur" als eine Teilaufgabe in der Tätigkeit von Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit, und zwar zur Beobachtung des Arbeitsschutzstandes eines Unternehmens.

Auf dieser Ebene werden im Arbeitssicherheitsgesetz auch noch andere Bausteine der Arbeitsschutzberatung beschrieben, die keineswegs in allen Unternehmen eine Rolle spielen: z. B. die Beratung in der Auswahl und Erprobung von Körperschutzmitteln, in der Beschaffung von technischen Arbeitsmitteln oder die Untersuchung von arbeitsbedingten Erkrankungen. Es handelt sich hier also um die Beschreibung von Beratungspflichten, die umzusetzen sind, soweit sie in der spezifischen Situation eines Unternehmens relevant sind.

Das bedeutet umgekehrt, dass der rechtliche Stellenwert der Arbeitsschutzbegehung nicht so hoch ist, dass sie unbedingt als Präsenzbegehung stattzufinden hätte. Es gibt auch Fälle, wo sie für eine gute Arbeitsschutzberatung durch Fachkraft für Arbeitssicherheit bzw. Betriebsarzt nicht erforderlich oder auch gar nicht sinnvoll ist.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Arbeitsschutz Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge