rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung einer Ordnungsverfügung auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes

 

Verfahrensgang

VG Gelsenkirchen (Urteil vom 10.02.1988; Aktenzeichen 7 K 599/87)

 

Tenor

Die Berufung wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Inhaberin eines Lebensmittel-Einzelhandelsunternehmens. Sie betreibt neben weiteren Zweigniederlassungen in mehreren Städten des Ruhrgebiets seit Juli 1984 im Erdgeschoß des Gebäudes H. Straße 3 in … ein Ladengeschäft zum Verkauf von Obst und Gemüse. Diese Betriebsstätte, in der regelmäßig fünf Arbeitnehmer (eine vollschichtig und zwei halbschichtig tätige Handlungsgehilfen sowie zwei teilzeitbeschäftigte Gewerbegehilfen) beschäftigt werden, umfaßt einen ca. 60 qm großen Verkaufsraum und einen ca. 12 qm großen Lager- und Aufenthaltsraum; außerdem wird eine ca. 8 qm große Freifläche unmittelbar vor der Ladenfront zur Auslage von Obst und Gemüse in offenen Stellagen genutzt.

Im Rahmen von gewerbeaufsichtsbehördlichen Überprüfungen dieser Betriebsstätte am 10. Januar und 26. November 1985 wurde von Bediensteten des Beklagten in dem Verkaufsraum während der Geschäftszeit mittels Orientierungsmessungen eine Raumtemperatur von jeweils 6° C festgestellt. Mit Revisionsschreiben vom 11. Januar, 1. Februar und 4. Dezember 1985 forderte der Beklagte die Klägerin auf, den Verkaufsraum ihrer Filiale in während der kalten Jahreszeit künftig so zu beheizen, daß eine Raumtemperatur von mindestens 19° C erreicht werde. In ihren Stellungnahmen vom 21. Januar und 9. Dezember 1985 widersprach die Klägerin diesem Verlangen, indem sie geltend machte, in Anbetracht der körperlichen Beanspruchung ihrer Arbeitnehmer halte sie die Ende Januar 1985 in dem Verkaufsraum vorhandene Temperatur von 12° C für gesundheitlich zuträglich; die geforderte Raumtemperatur von 19° C sei für einen Obst- und Gemüseladen unwirtschaftlich. Daraufhin forderte der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 23. Dezember 1985 auf, bis zum 5. Januar 1986 in dem Verkaufsraum während der Arbeitszeit für eine der körperlichen Beanspruchung der Arbeitnehmer angemessene Raumtemperatur von mindestens 17° C zu sorgen. Eine weitere von dem Beklagten am 21. Januar 1986 durchgeführte Temperaturmessung nach dem in Nr. 3.7.1 der DIN 18380 beschriebenen Meßverfahren ergab in dem Verkaufsraum eine Raumtemperatur von 10° C.

Durch Ordnungsverfügung vom 29. Januar 1986 ordnete der Beklagte aufgrund der §§ 120 f, 139 i der Gewerbeordnung (GewO) für die klägerische Betriebsstätte in … unter Fristsetzung bis zum 1. März 1986 an, daß (1.) die Raumtemperatur in dem Verkaufsraum mindestens + 17° C betragen und (2.) die Eingangstür während der Geschäftszeit geschlossen gehalten werden müsse. Für den Fall der Nichterfüllung dieser Anordnung innerhalb der zu ihrer Ausführung bestimmten Frist drohte der Beklagte der Klägerin ein Zwangsgeld in Höhe von 500,– DM an. Zur Begründung führte er in dem Bescheid und in einem nachfolgenden Schreiben an die Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin vom 10. März 1986 aus: Die angeordneten Maßnahmen seien erforderlich, weil die in dem Ladengeschäft der Klägerin bei den drei vorangegangenen Temperaturmessungen festgestellten Raumtemperaturen nicht den arbeitsschutzrechtlichen Anforderungen der §§ 3 und 6 der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) entsprächen, wonach in Arbeitsräumen während der Arbeitszeit eine zuträgliche Raumtemperatur vorhanden sein müsse. Die diese Rahmenvorschrift konkretisierende Arbeitsstätten-Richtlinie (ASR) 6/1,3 „Raumtemperaturen” fordere in Verkaufsräumen grundsätzlich eine Raumtemperatur von mindestens 19° C, die bei überwiegend nicht sitzender Tätigkeit – wie sie in dem Betrieb der Klägerin verrichtet werde – auf 17° C herabgesetzt werden könne.

Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein, den sie wie folgt begründete: Die von dem Beklagten geforderte Mindesttemperatur von 17° C könne und müsse in ihrem Ladengeschäft nicht eingehalten werden. Nach § 6 Abs. 1 ArbStättV i.V.m. Nr. 2.3 ASR 6/1,3 sei sie berechtigt, bei dem Betrieb ihres Lebensmittelladens die Normaltemperatur von 17° C zu unterschreiten, da dies aus betriebstechnischen Gründen notwendig sei. Das in diesem Geschäft ausschließlich verkaufte Frischobst und Frischgemüse würde bei Einhaltung einer ständigen Raumtemperatur von 17° C innerhalb eines Arbeitstages unansehnlich und unverkäuflich; besonders temperaturempfindliche Gemüsearten würden bei dieser Temperatur bereits nach wenigen Stunden verderben. Für Verkaufsräume zum Vertrieb derart leicht verderblicher Waren könnten nur Raumtemperaturen von ca. 14° C gefordert werden.

Der Regierungspräsident Münster wies den Widerspruch mit Bescheid vom 27. Januar 19...

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