In einem Unternehmen wird eine neue Produktionslinie geplant, an der vorwiegend manuelle Montagearbeiten durchgeführt werden sollen. Die Fachkraft für Arbeitssicherheit weist bereits bei der Planung auf ergonomische Gestaltungsmöglichkeiten hin. Das Management lehnt Gestaltungsmaßnahmen jedoch aus Kostengründen ab – man halte sich bei der Umsetzung an alle notwendigen rechtlichen Vorgaben und zusätzliche Schutzmaßnahmen beeinträchtigten die Produktivität an der Linie.

In der Praxis ist damit häufig der Prozess am Ende und in der Realisierung wird dann mit den Defiziten mehr oder weniger gut gelebt. Nach der Realisierung initiierte Kompensationsmaßnahmen haben häufig eine geringe Reichweite und stoßen bei der Belegschaft auf wenig Akzeptanz. Mit den ergonomisch ungünstigen Arbeitssystemen werden zwar kurzfristig zu Beginn die erwarteten Produktionskennzahlen erfüllt, langfristige Effekte, wie Ermüdung, Ausfälle und damit verbundene Fluktuations- und Friktionskosten können jedoch nicht mehr vollständig kompensiert werden.

Mit einer frühzeitigen interdisziplinären Herangehensweise unter Einbeziehung von arbeitswissenschaftlicher Fachexpertise hätte diese Situation verhindert werden können. Zum einen gibt es zahlreiche Methoden, um Arbeitsabläufe zu gestalten und zu verbessern, wie z. B. Ablaufplanung mit MTM, Verbesserungen mit KVP-Tools oder Wertstromanalysen. Dabei wären schon in der Planung Möglichkeiten gegeben, um Abläufe zu verschlanken und zu optimieren, Doppeltätigkeiten auszuschließen, Bearbeitungs- oder Wartezeiten zu reduzieren, ungünstige Körperhaltungen und Krafteinwirkungen zu identifizieren oder Prozesskosten zu kalkulieren.

Zum anderen stehen effiziente Abläufe und ergonomische Gestaltung von manuellen Arbeitssystemen im direkten Zusammenhang zu Produktivität und Qualität des Arbeitsergebnisses.

Durch die gezielte Auswahl und Anwendung arbeitswissenschaftlicher Methoden, von Screeningverfahren (z. B. Leitmerkmalmethode, Ergonomic Assessment Worksheet) bis hin zu systemischen Analysen mit Bordmitteln der Medizin und Sportwissenschaften (elektromyografische Messungen, Bewegungsanalysen mit Motion Capturing,) hätten sich im Vorfeld solche Belastungen transparent darstellen und auch in der Planungsphase schon notwendige Kompensationsmaßnahmen entwickeln und umsetzen lassen können.

Im Ergebnis hätten die unternehmerischen Ziele mit den Arbeitsschutzzielen sehr stark korreliert, wenn eine interdisziplinäre Betrachtung zwischen Industrial Engineering, Produktionswirtschaft, Arbeitswissenschaften, Arbeitsschutz und Medizin stattgefunden hätte.

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