Zur Gefährdungsbeurteilung gehört zunächst die Ermittlung der angewendeten Werkstoffe und Verfahren. Bei den Werkstoffen sind die Inhaltsstoffe einer Legierung, aber auch einer eventuellen Füllung oder Umhüllung von Bedeutung. Hilfsmittel, z. B. Schutzgase und Flussmittel, erweitern durch ihre Zusammensetzungen das Spektrum der Stoffe (Gase und Partikel), die dann als Gemisch in den Atembereich des Schweißers gelangen und seine Gesundheit gefährden.

Die Kenntnisse über die chemische Zusammensetzung der Zusatz- und Grundwerkstoffe sowie über den Oberflächenzustand der Werkstoffe beim Schweißen und verwandten Verfahren erlauben die Ermittlung der chemischen Zusammensetzung des jeweiligen Schweißrauchs.[1]

Oberflächenbeschichtungen und Verschmutzungen (Öl, Fett) sind verantwortlich für die Menge und Zusammensetzung insbesondere von gasförmigen Stoffen. Wenn organische Werkstoffe (z. B. Kunststoffbeschichtungen) geschweißt oder thermisch geschnitten werden, bilden sich in Abhängigkeit von der Zusammensetzung des Grundwerkstoffs und den Reaktionsbedingungen unterschiedliche Zusammensetzungen der Schadstoffgemische.

Da Schweißrauche komplexe Gemische von partikelförmigen Stoffen darstellen und ihre Toxikologie nur anhand der Inhaltsstoffe bewertet werden kann, sind die im Labor ermittelten prozentualen Anteile sowie die Konzentrationen am Arbeitsplatz von großer Bedeutung.

Wichtig und gleichzeitig auch hilfreich für die Umsetzung in der Praxis ist die Festlegung von Leitkomponenten, die den jeweiligen Verfahren und Werkstoffen zugeordnet werden können.

Die Kenntnis über die Verfahrens-/Werkstoff-spezifische(n) Leitkomponente(n) erlaubt eine vereinfachte Überwachung der Exposition und der Belastung des Schweißers am Arbeitsplatz, ohne dabei befürchten zu müssen, dass ein ausreichender Schutz der Gesundheit des Schweißers nicht gewährleistet ist.

Als Leitkomponente wird der Stoff mit der niedrigsten berechneten Schweißrauchkonzentration ausgewählt. Durch die Einhaltung des stoffspezifischen Grenzwertes für die Leitkomponente wird sichergestellt, dass alle anderen Komponenten im Schweißrauchgemisch unter den jeweiligen stoffspezifischen Grenzwerten liegen. Diese Methode wird in der "Guidance Note" EH 54 ("Assessment of exposure to fume in welding and allied processes") von Health and Safety Executive (HSE) dargestellt.

Die Schweißrauchkonzentration für eine Schweißrauchkomponente "i" wird wie folgt berechnet:

 

SRKi = GWi * 100 / Ci [mg/m3]

GWi stoffspezifischer Grenzwert [mg/m³] für eine Schweißrauchkomponente (i)
Ci prozentualer Anteil der Schweißrauchkomponente "i" im Schweißrauchgemisch (% für i)

Die stoffspezifischen Grenzwerte sind in der TRGS 900 aufgeführt und einige davon, die für die Schweißtechnik relevant sind, in dieser Publikation in Tabellen 1.1 bis 1.3 zusammengefasst. Diese werden bei der Festlegung der Leitkomponente und bei der Berechnung der SRK als Beurteilungskriterium herangezogen.

Bei der Auswahl der zutreffenden Schutzmaßnahmen insbesondere bei Exposition gegenüber krebserzeugenden Stoffen mit festgelegten Akzeptanzkonzentrationen (AK) gelten diese entsprechend der GefStoffV als Obergrenze, für die Stoffe ohne festgelegte AK gilt weiter entsprechend der GefStoffV das Minimierungsgebot.

Bei der Beurteilung der Gefährdung durch Schweißrauche spielen die korrekten Angaben über die chemische Zusammensetzung sowie Angaben über ihre Mengen (Emissionsraten) eine wesentliche Rolle. Die Bestimmung der Emissionsraten sowie die wichtigsten Hinweise über die Analyseverfahren zur Bestimmung der Zusammensetzungen von Schweißrauchen sind in der europäischen Norm DIN EN ISO 15011-1 "Arbeits- und Gesundheitsschutz beim Schweißen und bei verwandten Verfahren – Laborverfahren zum Sammeln von Rauch und Gasen, die beim Lichtbogenschweißen erzeugt werden – Teil 1: Bestimmung der Emissionsrate und Probenahme zur Analyse von Rauch" zusammengestellt.

Die Berechnung der Schweißrauchkonzentration für jede Schweißrauchkomponente erlaubt die Auswahl der niedrigsten Schweißrauchkonzentration und diese bestimmt die Leitkomponente. Mit anderen Worten: Die Leitkomponente ist die Komponente im Schweißrauch, bei der die niedrigste Schweißrauchkonzentration berechnet wurde.

Festlegung der Leitkomponente im Schweißrauch (Beispiel)

Die nach dem o. g. Verfahren durchgeführte Analyse des Schweißrauchs, entstanden während des Lichtbogenhandschweißens mit einer hochlegierten Cr/Ni-Stabelektrode, ergab Folgendes (Tab. 2):

 
Schweißrauchkomponente Grenzwert (mg/m³)
4,0 % Cr (VI) BM: 0,001
10 % F- AGW: 1
4,9 % Fe ASGW: 1,25
3 % Mn AGW: 0,2/0,02
0,32 % Ni AK: 0,006

Tab. 2: Schweißrauchkomponenten und Grenzwerte

Für jede Komponente im Schweißrauch wird deren Schweißrauchkonzentration berechnet. Die Leitkomponente im Schweißrauch ist die Komponente, bei der die niedrigste Schweißrauchkonzentration berechnet wurde. Diese Konzentration gilt als "Obergrenze" für die Gesamt-Schweißrauchkonzentration am Arbeitsplatz. Die Einhaltung der hier niedrigsten Schweiß...

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