Die individuellen Untersuchungsergebnisse unterliegen – wie allgemein im Arzt-Patienten-Verhältnis – der ärztlichen Schweigepflicht. Der Arzt darf grundsätzlich keine Informationen einer durchgeführten arbeitsmedizinischen Vorsorge an Dritte – wie den Arbeitgeber – weitergeben. Er muss nur die Beschäftigten über Ergebnis und Befunde der arbeitsmedizinischen Vorsorge beraten und ihnen das Ergebnis auf Wunsch auch zur Verfügung stellen.

Über die Art und Weise der Auswertung sowie deren Umfang, Inhalt und Zeitpunkt entscheidet der Betriebsarzt in Anwendung seiner arbeitsmedizinischen Fachkunde weisungsfrei, beachtet die Schweigepflicht und berät auf Grundlage wissenschaftlicher Evidenz. Auswertungen erfolgen grundsätzlich aggregiert, um keine Rückschlüsse auf einzelne Beschäftigte zuzulassen. Sie können sich auf die Häufigkeit (Prävalenz), das Neuauftreten (Inzidenz) oder das Wiederauftreten (Rekurrenz) von Gesundheitsbeschwerden und Erkrankungen in Beschäftigtengruppen und auch auf die Korrelation zu Arbeitsfaktoren beziehen. Verzerrungen durch andere Faktoren (z. B. Alter) sollten dabei möglichst vermieden werden. Werden Mitarbeitende abteilungsweise nacheinander untersucht, ist der Erkenntnisgewinn meist größer, da bei ausschließlich individueller Betrachtungsweise Zusammenhänge erst mit großer Verzögerung oder gar nicht erkennbar werden.

Auffälligkeiten sind durch geeignete Messungen oder Befragungen zu überprüfen, bevor sie in schlüssige Konzepte zur Prävention arbeitsbedingter Erkrankungen übersetzt werden, um den Arbeitgeber und die Arbeitnehmervertreter in der Weiterentwicklung des Gesundheitsschutzes zu beraten. Wenn sich aus einer arbeitsmedizinischen Vorsorge Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Arbeitsschutzmaßnahmen nicht ausreichen, muss der Arzt dies dem Arbeitgeber mitteilen und Schutzmaßnahmen vorschlagen (§ 6 Abs. 4 ArbMedVV). Der Arbeitgeber muss dann seine Gefährdungsbeurteilung überprüfen und unverzüglich die erforderlichen Schutzmaßnahmen treffen. So kann die arbeitsmedizinische Vorsorge den betrieblichen Gesundheitsschutz voranbringen. Angaben hierzu enthält die AMR 6.4 "Mitteilungen an den Arbeitgeber". Hält der Arzt aus medizinischen Gründen, die ausschließlich in der Person des Beschäftigten liegen, einen Tätigkeitswechsel für erforderlich, so bedarf diese Mitteilung an den Arbeitgeber allerdings der Einwilligung durch die untersuchte Person.

Die betriebsärztliche Auswertung trägt damit wesentlich bei zur

  • Erkennung arbeitsbedingter Erkrankungen und Berufskrankheiten,
  • Weiterentwicklung von Arbeitsschutzregelungen,
  • Ableitung von Grenzwerten,
  • Entwicklung von Gestaltungskriterien für gesundheitsgerechte Arbeit und
  • systematischen gemeinsamen Beobachtung von Mitarbeitergruppen (Kohorten) mit vergleichbaren Arbeitsaufgaben, um adverse Gesundheitseffekte und ihre mögliche Auslösung durch arbeitsbedingte Faktoren erkennen zu können.

Ziel der Auswertungen ist

  • die fundierte Beratung des Arbeitgebers zur Weiterentwicklung des Gesundheitsschutzes,
  • die individuelle Beratung der Beschäftigten selbst,
  • die Beratung ihrer Interessenvertretungen,
  • die Information der Fachkräfte für Arbeitssicherheit für deren weitere Prioritätensetzung und
  • die Unterstützung der Arbeit weiterer Partner im Betrieb.

Details hierzu siehe auch "Arbeitsmedizinische Empfehlung: Auswertung betriebsärztlicher Erkenntnisse", Hrsg. BMAS, November 2020.

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