Bandscheibenbedingte Wirbelsäulenerkrankungen sind neben den psychischen Erkrankungen die Hauptgründe für Fehlzeiten der Beschäftigten. In der Kunststoffindustrie gibt es verschiedene Tätigkeiten mit erhöhter körperlicher Belastung, wie das Befüllen von Materialtrichtern mit Sackware oder das Einrichten von Spritzgießmaschinen bei ungünstiger Körperhaltung.

Abb. 32

Ergonomischer Transport und ergonomisches Anheben von Kunststoffsäcken

Rechtliche Grundlagen
  • Lastenhandhabungsverordnung
  • Arbeitsmedizinische Regel 13.2 (AMR 13.2) "Tätigkeiten mit wesentlich erhöhten körperlichen Belastungen mit Gesundheitsgefährdungen für das Muskel-Skelett-System"

 

Weitere Informationen
  • DGUV Information 208-033 "Belastungen für Rücken und Gelenke - was geht mich das an?"
  • DGUV Information 208-053 "Mensch und Arbeitsplatz - Physische Belastungen"
  • Leitmerkmalmethode der BAuA unter www.baua.de/DE/Themen/Arbeitsgestaltung-imBetrieb/Physische-Belastung/Leitmerkmalmethode/Leitmerkmalmethode_node.html

 

Gefährdungen

Der Anteil manueller Arbeiten in der Kunststoffindustrie kann - abhängig vom Automatisierungsgrad - sehr hoch sein. Je höher der Anteil an manuellen Arbeiten ist, desto eher kann es auch zu hohen körperlichen Belastungen der Beschäftigten kommen. Weitreichende Folgen sind insbesondere Schädigungen der Wirbelsäule. Tätigkeiten in der Kunststoffindustrie, die zu einer Gefährdung des Rückens führen, sind vor allem:

  • Heben, Tragen, Ziehen und Schieben von schweren Lasten, z. B. beim Bewegen von Paletten mit Granulatsäcken.
  • Zwangshaltungen oder ungünstige Körperhaltungen, beispielsweise beim Einrichten von Maschinen und dem damit verbundenen Handhaben von Werkzeugen oder bei Instandhaltungsarbeiten.
  • Weites Vorneigen (Bücken) mit gleichzeitigem Verdrehen des Oberkörpers, beispielsweise beim Verpacken.
  • Langes Stehen, beispielsweise an Sortierarbeitsplätzen.
  • Sich wiederholende Tätigkeiten, die zu einer einseitigen körperlichen Belastung führen, wie Entgratungsarbeiten, Sortierarbeiten, manuelles Einlegen und Entnehmen von Formteilen.
  • Fahren auf Gabelstaplern mit unergonomischen Sitzen oder bei langem Rückwärtsfahren mit verdrehtem Oberkörper.
Maßnahmen

Im Folgenden sind ergonomische Grundsätze zum gesunden Arbeiten in der Kunststoffindustrie genannt, um die entstehenden Gefährdungen zu vermeiden oder zumindest zu minimieren:

  • Beachten Sie ergonomische Grundprinzipien bereits bei der Planung und Beschaffung von Maschinen. Bewerten Sie also beispielsweise, wie die Maschine aus ergonomischer Sicht bedienbar ist und ob Wartungs- und Reparaturarbeiten ohne vermeidbare ergonomische Belastungen durchgeführt werden können.
  • Berücksichtigen Sie auch bei der Gestaltung der Arbeitsplätze die ergonomischen Grundprinzipien. Stellen Sie beispielsweise Ihren Beschäftigten an Steharbeitsplätzen ergonomische Arbeitsplatzmatten oder Stehhilfen zur Verfügung.
  • Schwere, unhandliche oder großvolumige Lasten sind mit geeigneten Transportmitteln zu transportieren. Ist dies nicht möglich, so sind diese Lasten immer mit mindestens zwei Personen zu handhaben.
  • Stellen Sie Hebe- und Tragehilfen zur Verfügung, wie Vakuumheber.
  • Stellen Sie Transportbehälter möglichst so zur Verfügung, dass ein Bücken und Verdrehen des Oberkörpers vermieden wird. Dies kann durch den Einsatz von Hubarbeitstischen oder neigbaren Arbeitstischen geschehen.
  • Lassen sich bestimmte Zwangshaltungen und wiederkehrende Tätigkeiten nicht vermeiden, reduzieren Sie diese Arbeiten möglichst auf ein Minimum, zum Beispiel durch regelmäßige Arbeitsplatzwechsel (Job Rotation) oder den Einsatz von geeigneten Hilfsmitteln, wie Drehvorrichtungen für Werkzeuge in der Werkstatt.
  • Statten Sie Ihre Gabelstapler mit ergonomischen Sitzen aus und tragen Sie dafür Sorge, dass die Beschäftigten in der ergonomischen Einstellung des Sitzes unterwiesen sind. Lassen Sie verschlissene Sitze ersetzen.
  • Sind betriebsbedingt lange Rückwärtsfahrten erforderlich, statten Sie die Gabelstapler mit drehbaren Sitzen aus.
  • Bieten Sie ergonomische Pausen oder gesundheitsfördernde Maßnahmen an, wie Rückenschulen. Bewährt haben sich auch speziell ausgebildete Beschäftigte als sogenannte "Ergo-Scouts", die Ihre Kolleginnen und Kollegen zu ergonomischem und somit gesundem Arbeiten sensibilisieren und animieren können.

Beste Praxis

Nicht alle körperlichen Belastungen lassen sich durch technische und organisatorische Maßnahmen reduzieren. Deshalb bieten immer mehr Unternehmen der Kunststoffindustrie ein betriebliches Gesundheitsmanagement an.

Dies hilft auch, den Herausforderungen des demografischen Wandels zu begegnen.

Abb. 33

Best Practice für die pneumatische Förderung von Kunststoffgranulat

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