Vorbemerkungen

Diese Handlungsanleitung basiert auf den rechtlichen Vorgaben der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) und enthält für den Unternehmer ergänzende Hinweise für die Gefährdungsbeurteilung und die Auswahl des zu untersuchenden Personenkreises.

1 Rechtsvorschriften

Schwefelwasserstoff wird im Anhang Teil 1 (1) der ArbMedVV aufgeführt. Die Veranlassung bzw. das Angebot arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen durch den Arbeitgeber regeln § 4 Abs. 1 bzw. § 5 Abs. 1 ArbMedVV.

2 Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen

Erstuntersuchungen sind vor Aufnahme der Tätigkeit durchzuführen. Für Nachuntersuchungen gelten in der Regel die nachstehend genannten Fristen:

Untersuchungsarten, Fristen

Erstuntersuchung Vor Aufnahme einer Tätigkeit
Erste Nachuntersuchung Nach 12-24 Monaten
Weitere Nachuntersuchungen Nach 12-24 Monaten und bei Beendigung der Tätigkeit[1]
Vorzeitige Nachuntersuchung Nach schwerer oder längerer Erkrankung, die Anlass zu Bedenken gegen eine Fortsetzung der Tätigkeit geben könnte
Nach ärztlichem Ermessen in Einzelfällen (z.B. bei befristeten gesundheitlichen Bedenken)
Auf Wunsch eines Beschäftigten, der einen ursächlichen Zusammenhang zwischen seiner Erkrankung und seiner Tätigkeit am Arbeitsplatz vermutet

Die Vorsorgeuntersuchungen sind von einem Arzt mit der Gebietsbezeichnung "Arbeitsmedizin“ oder Zusatzbezeichnung "Betriebsmedizin“ entsprechend dem Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen G 11 "Schwefelwasserstoff“ durchzuführen.

[1] Nachuntersuchungen bei Beendigung der Tätigkeit sind anzubieten, wenn während der Tätigkeit Pflichtuntersuchungen erforderlich waren bzw. Untersuchungen angeboten werden mussten.

3 Untersuchungsanlässe

[Vorspann]

Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen sind zu veranlassen bei Tätigkeiten mit Schwefelwasserstoff, wenn der Arbeitsplatzgrenzwert (siehe Abschnitt 3.1) nicht eingehalten wird oder eine Gesundheitsgefährdung durch direkten Hautkontakt zu Schwefelwasserstoff besteht. Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen sind anzubieten, wenn eine Exposition gegenüber Schwefelwasserstoff besteht.

Bei den in Abschnitt 4.1 beispielhaft aufgeführten "Arbeitsverfahren/-bereichen und Tätigkeiten mit höherer Exposition“ sind in der Regel arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen (Pflichtuntersuchungen) zu veranlassen.

Für Schwefelwasserstoff gibt es derzeit keine Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW). Aus diesem Grund können in Abschnitt 4.2 "Tätigkeiten mit Exposition (aber unterhalb des AGW)“ keine Angaben über entsprechende Tätigkeiten, bei denen arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen gemäß ArbMedVV Anhang (2) anzubieten sind, gemacht werden.

Bei den in Abschnitt 4.3 beispielhaft aufgeführten "Arbeitsverfahren/-bereichen und Tätigkeiten ohne Exposition“ müssen in der Regel arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen weder veranlasst noch angeboten werden (siehe hierzu auch Abschnitt 3.2 "Spezifische Empfehlungen“).

3.1 Grenzwerte

Für Schwefelwasserstoff gibt es zurzeit keine Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW).

Biomonitoring ist, soweit anerkannte Verfahren dafür zur Verfügung stehen und Werte zur Beurteilung, insbesondere biologische Grenzwerte, vorhanden sind, Bestandteil der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen.

3.2 Spezifische Empfehlungen

Stoffliste der MAK- und BAT-Werte-Liste[1]

Stoff

(CAS-Nummer)
Formel MAK[2] Spitzenbegrenzung

Schwangerschaft

Gruppe
ml/m³ (ppm) mg/m³
Schwefelwasserstoff (7783-06-4) H2S 5 7,1 I(2) C[3]
[1] Die jeweils aktuelle Fassung der MAK- und BAT-Werte-Liste ist zu beachten.
[2] MAK = Maximale Arbeitsplatzkonzentrationen.
[3] Eine fruchtschädigende Wirkung braucht bei Einhaltung des MAK- und BAT-Wertes nicht befürchtet werden, siehe hierzu auch MAK- und BAT-Werte-Liste 2008, Abschn. VIII.

3.3 Aufnahmewege

Schwefelwasserstoff wird durch die Atemwege, durch die Haut und die Schleimhäute aufgenommen.

4 Arbeitsverfahren/-bereiche und Tätigkeiten

[Vorspann]

Die im Folgenden beispielhaft aufgelisteten Arbeitsverfahren/-bereiche und Tätigkeiten sind keine verbindliche und abschließende Auswahl von Arbeitsbereichen im Hinblick auf die Notwendigkeit arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen. Vielmehr wird mit der dortigen beispielhaften Aufzählung eine Hilfestellung zur Gefährdungsbeurteilung gegeben, bei welchen Arbeitsverfahren/-bereichen oder Tätigkeiten eine Gefährdung aufgrund des Expositionsniveaus gegeben sein kann. Die Entscheidung, ob eine Vorsorgeuntersuchung zu veranlassen bzw. anzubieten ist, kann nur in Abhängigkeit von der betrieblichen Gefährdungsbeurteilung vor Ort und somit bezogen auf den Einzelfall getroffen werden.

4.1 Arbeitsverfahren/-bereiche und Tätigkeiten mit höherer Exposition

  • Tätigkeiten beim Entleeren von Gruben und Tankfahrzeugen mit Jauche
  • Tätigkeiten in Wasseraufbereitungsanlagen, in denen sulfidhaltige Wasser anfallen
  • Tätigkeiten in der Gummi-, Kunststoff-, Viskose- und Zuckerindustrie
  • Tätigkeiten in Gaswerken, Raffinerien, Erdölgewinnungsanlagen
  • Tätigkeiten bei der Sulfidfällung von Metallen
  • Tätigkeiten beim Füllen und Drücken von Koksbatterien
  • Tätigkeiten in Erdgasaufbereitungsanlagen
  • Tätigkeiten an Erdgasleitungen (Rohgas)
  • Arbeiten in Biogasanlagen
  • Arbeiten in der Kanalisation.

4.2 Arbeitsverfahren/-bereiche und Tätigkeiten mit Exposition

Für Schwefelwasserstoff gibt es derzeit noch keine Arbeitsplatzgrenzwe...

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