Was ist gesunde Arbeit?

Das Arbeitsschutzgesetz fordert seit 1996 eine umfassende Gefährdungsbeurteilung und konkretisiert mit der Novellierung im Jahr 2013 die Einbeziehung der psychischen Arbeitsbelastung dabei. Notwendig sind eine Ist-Analyse, eine darauf aufbauende Ableitung von Maßnahmen, sowie eine Wirksamkeitskontrolle. Damit ist ein aus dem Qualitätsmanagement bekannter kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) festgeschrieben. Maßnahmen des Arbeitsschutzes im Sinne des Arbeitsschutzgesetzes beinhalten die

  • Verhütung von Unfällen und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren sowie die
  • menschengerechte Gestaltung der Arbeit.

Die Gestaltung gesunder Arbeitsbedingungen geht über die Vermeidung von Unfällen hinaus. Ein Arbeitsplatz gilt als menschengerecht gestaltet, wenn die Anforderungen folgende Kriterien erfüllen:

  • Die Tätigkeit ist ausführbar und schädigungslos. Bezogen auf Rückenschmerzen betrifft dies beispielsweise physische Einflussfaktoren wie Lastenhandhabung, ungünstige Körperhaltung und Vibrationen. Personengebundene Grundgrößen dabei sind Körpermaße, Konstitution, Bewegungsräume, Körperkräfte und Sicht-/Blickgeometrie. Diese sind Ausgangsgrößen für die ergonomische Arbeitsplatzgestaltung und dürfen nicht losgelöst voneinander betrachtet werden.
  • Darüber hinaus sollte ein gesunder Arbeitsplatz beeinträchtigungsfrei, erträglich und zumutbar sein. Das bedeutet, dass die erlebten Anforderungen, die sich aus der Tätigkeit ergeben, den persönlichen Voraussetzungen (z. B. Qualifikation) und Bewältigungsmöglichkeiten der Beschäftigten entsprechen - sowohl auf der körperlichen als auch auf der psychischen Ebene. Dies soll gewährleisten, dass die Mitarbeitenden langfristig aufgrund der Anforderungen weder unter- noch überfordert werden. Erträglichkeit ist jedoch keineswegs ausschließlich an persönliche Voraussetzungen gebunden, sondern ebenfalls ein Kernthema ergonomischer Gestaltung.

Mögliche psychische Einflussfaktoren, die hier eine Rolle spielen können, sind beispielsweise Zeitdruck, Überforderung, mangelnder Handlungsspielraum oder fehlende soziale Unterstützung seitens der Vorgesetzten oder aus dem Kollegenkreis.

Hier geht es also um Belastungsfaktoren, bei denen der Zusammenhang zu Rückenbeschwerden nicht offensichtlich erkennbar ist. Gesundheitsbeeinträchtigende Faktoren wirken hier indirekt über das Stressgeschehen auf das Muskelskelettsystem.

  • Persönlichkeitsförderliche Arbeitsfaktoren sind ebenfalls Teil der menschengerechten Gestaltung der Arbeit, da der Fokus auf der Ressourcenorientierung liegt. Soziale Unterstützung durch die Vorgesetzten sowie Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten spielen bei gesunden Arbeitsbedingungen eine wichtige Rolle. Diese Faktoren können gesundheitsförderlich wirken.

Was ist psychische Belastung?

Was unter psychischer Belastung zu verstehen ist, wird insbesondere in der entsprechenden Norm "Ergonomische Grundlagen bzgl. psychischer Arbeitsbelastung" (DIN EN ISO 10075 Teil 1-3) beschrieben.

Wichtig zu verstehen ist, dass negative Folgen psychischer Belastung aus folgenden Arbeitsbedingungen bzw. deren kritischen Ausprägungen resultieren können.

Arbeitsinhalt/-aufgabe

  • stark partialisierte Arbeitsaufgaben
  • Über-/Unterforderung
  • geringer Handlungsspielraum
  • einseitige Aufgaben mit sich ständig wiederholenden Teiltätigkeiten
  • unklare Verantwortlichkeiten
  • starke emotionale Inanspruchnahme
  • geringe Entwicklungs- und Qualifikationsmöglichkeiten
  • ungenügende Einweisung
  • fehlende fachliche Kontakte zu Kollegen/Vorgesetztem
  • Daueraufmerksamkeit

Arbeitsumgebung

  • Lärm
  • Gefahrstoffe
  • schlechte Beleuchtung
  • ungünstige ergonomische Gestaltung
  • schwere körperliche Arbeit
  • räumliche Enge
  • ungünstiges Raumklima
  • unzureichende Arbeitsmittel

Arbeitsorganisation

  • ungünstige Arbeitszeit-/Pausengestaltung
  • ungünstig gestaltete Schichtarbeit, Nachtarbeit
  • Arbeitsunterbrechungen, Störungen
  • Leistungs- und Zeitdruck
  • hohe Arbeitsintensität
  • fehlende Unterstützung durch Kollegen und Führungskräfte
  • widersprüchliche Arbeitsanweisungen
  • mangelnder Informationsfluss
  • isoliertes Arbeiten

Soziale Faktoren

  • mangelhafte Kommunikation
  • schlechtes Betriebsklima - zum Beispiel Konflikte mit Vorgesetzten und Kollegen
  • mangelnde Anerkennung und Wertschätzung, mangelnde Unterstützung

Darüber hinaus spielen auch gesellschaftliche bzw. politische Faktoren wie zunehmende Globalisierung, Arbeitsplatzsicherheit oder neue Formen der Arbeit (Flexibilisierung der Arbeitszeiten, mobile Einsatzorte etc.) eine wichtige Rolle.

Sind die oben genannten Faktoren jedoch gut gestaltet, stellen sie - im Gegenteil dazu - gesundheitsförderliche Ressourcen dar.

Was ist wichtig bei der Gefährdungsbeurteilung?

Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung geht es darum, die Arbeitsbedingungen zu beurteilen, nicht die Personen.

Bei der Beurteilung psychischer Belastung zielt die Aufmerksamkeit vieler betrieblich Verantwortlicher sehr häufig ausschließlich auf die Personen und deren mögliche Beanspruchungsfolgen ab (Stressempfinden, Fehlzeiten, Erkrankungen, Befindlichkeitsstörun...

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