8.1 Was kann ein Betroffener tun?

  • Soziale Unterstützung durch die Familie, durch Freunde, Kollegen und Vorgesetzte ist sehr wichtig. Der Betroffene soll dabei aber auf seine Bedürfnisse hören: Wenn ihm nach reden zumute ist, soll er reden; wenn er lieber Ruhe haben möchte, soll er sich zurückziehen können und nicht bedrängt werden. Ein Mensch, der eine Extrem-Situation erlebt hat, muss aber auch damit rechnen, auf Unverständnis zu stoßen – solche Erlebnisse wie die Betroffenen haben die wenigsten Menschen gehabt.
  • Betroffene sollten Dinge tun, die auch sonst in stressigen Situationen helfen: Spazierengehen, Musik hören, Sport treiben. Wichtig ist, dass die Aktivitäten Betroffenen helfen, zur Ruhe zu kommen und nicht erneut Stress erzeugen.
  • Betroffene sollten sich nicht mit Alkohol oder Medikamenten betäuben, außer der Arzt hat die Medikation empfohlen oder angeordnet.
  • Wenn sich die Symptome verschlimmern, ist professionelle Hilfe nötig. Es gibt spezielle Therapeuten, die sich um traumatisierte Menschen kümmern (psychologische und ärztliche Psychotherapeuten mit entsprechender Fortbildung). Es handelt sich bei traumatherapeutischen Gesprächen nicht um eine Therapie im klassischen Sinne, sondern um Gespräche, die einem Betroffenen helfen können, mit den Stress- und Schockerlebnissen besser umzugehen. Das Erlebte soll nicht verdrängt, sondern aufgearbeitet und in das weitere Leben integriert werden. Es gibt spezielle Behandlungsmethoden für traumatisierte Menschen und in den meisten Fällen reichen einige wenige Gespräche aus.
  • In Ausnahmen kann das Ereignis eine Re-Traumatisierung auslösen: Der Betroffene hat früher schon ein ähnlich schlimmes Erlebnis gehabt und durch das aktuelle Ereignis werden die Erinnerungen daran wieder hervorgerufen. Dann kann es sein, dass der Betroffene auch das unverarbeitete damalige Ereignis bewältigen muss. Eine Traumatherapie wird sich dann über einen längeren Zeitraum erstrecken bzw. in eine herkömmliche Therapie überführt werden.

8.2 Was kann das Unternehmen tun?

  • Durch Information können Mitarbeiter auf den Umgang mit traumatischen Stressoren vorbereitet werden. In Unterweisungen kann auf tätigkeitsspezifische Gefährdungen und Gefahren mit potenziell traumatisierendem Charakter und deren mögliche Folgen hingewiesen werden.
  • In immer mehr Unternehmen werden Kollegen zu psychologischen Erstbetreuern ausgebildet. Diese psychologische Erste Hilfe ist das Pendant zur medizinischen Ersten Hilfe. Psychologische Erstbetreuer bieten unmittelbar nach einem Extremereignis eines betroffenen Kollegen Unterstützung und je nach Betreuungsumfang auch praktische Hilfe an. Einige Unfallversicherungsträger bieten ihren Mitgliedsunternehmen Qualifizierungsangebote.[1]
  • Sehr wichtig sind auch die Unterstützung und die Betreuung bei beruflichen Einsätzen (Polizei, Feuerwehr, Rettungssanitäter) durch Kollegen und Vorgesetzte. Dies kann auch institutionalisiert werden durch Nachbesprechung der täglichen Einsätze und Supervision. Wertschätzung und Dank für die geleistete Arbeit durch Vorgesetzte mindern nachweislich das Risiko einer PTBS.
  • Besteht das Risiko einer Gefährdung, können betriebsspezifische Konzepte helfen, die psychischen Folgen eines traumatischen Ereignisses so gering wie möglich zu halten. Wichtig ist dabei die Benennung eines "Kümmerers" und die Erstellung und Bekanntmachung eines "Notfallplans" und einer "Rettungskette": Wer macht was und informiert wen im Notfall?
  • Mit einer Gefährdungsbeurteilung kann eine Risikoeinschätzung vorgenommen werden, ob Beschäftigte Gefahr laufen, mit traumatisierenden Ereignissen konfrontiert zu werden. Sie beinhaltet auch bauliche, technische, organisatorische und weitere Maßnahmen, um Vorkommnissen vorzubeugen oder im Akutfall Hilfe zu leisten.
 
Wichtig

Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung

Die Prüfliste "Psychotrauma" der Unfallkasse des Bundes ist ein hilfreiches Instrument für die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung.[2]

Die Aufsichtspersonen der Unfallversicherungsträger sind gute Ansprechpartner für die Entwicklung betriebsspezifischer Konzepte zur Vermeidung oder Verminderung traumatischer Erlebnisse. Es erweist sich als sinnvoll, zum Aufbau eines Präventionskonzepts auch einen Vertreter der Leistungsabteilung hinzuzuziehen.

[1] Informationen hierzu: DGUV-I 206-023: Standards in der betrieblichen psychologischen Erstbetreuung (bpe) bei traumatischen Ereignissen, 2017.

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