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Deutsche Gesetzliche

Unfallversicherung e.V. (DGUV)

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Sachgebiet "Psyche und Gesundheit in der Arbeitswelt " des

Fachbereichs "Gesundheit im Betrieb" der DGUV

Ausgabe: Oktober 2017

DGUV Information 206-023

zu beziehen bei Ihrem zuständigen Unfallversicherungsträger oder unter www.dguv.de/publikationen

1 Einleitung

Schwere Unfälle, tätliche Angriffe, Überfälle, der Einsatz in Katastrophengebieten - immer wieder erleben Versicherte traumatische Ereignisse. Psychische Erkrankungen, Arbeits- und Berufsunfähigkeit können die Folge sein.

Um solche Folgen zu vermeiden, ist eine frühzeitige psychologische Unterstützung der Betroffenen sinnvoll. Hier setzt die psychologische Erstbetreuung an: Ihr Ziel ist es, die akuten Stressreaktionen möglichst zu vermindern und die Weitervermittlung in professionelle psychologische Versorgung sicherzustellen.

Bereits heute setzen zahlreiche Arbeitgebende bei traumatischen Ereignissen betriebliche psychologische Erstbetreuerinnen und -betreuer ein. Während für die medizinische Erste Hilfe detaillierte Standards im Vorgehen und bei der Ausbildung der Ersthelferinnen und -helfer existieren, gibt es für die psychologische Erstbetreuung keine Vorschriften oder Regeln seitens der Unfallversicherungsträger (UVT).

Das Fehlen dieser Standards hat dazu geführt, dass sich in den vergangenen Jahren in der Praxis viele Betreuungskonzepte entwickelt haben. Diese unterscheiden sich jedoch stark voneinander hinsichtlich der empfohlenen Durchführung der Erstbetreuung und in den Inhalten der Ausbildung der Erstbetreuerinnen und -betreuer. Viele Menschen, die in der betrieblichen psychologischen Erstbetreuung tätig werden, haben keine Ausbildung. Eine qualitativ hochwertige und wirksame psychologische Erstbetreuung kann so nicht gewährleistet werden.

Mit den vorliegenden Empfehlungen an die UVT wird diese Lücke geschlossen. Es werden erstmals Mindeststandards in der betrieblichen psychologischen Erstbetreuung (bpEb) definiert. Ziel ist es, eine einheitliche und hohe fachliche Qualität der Erstbetreuung herzustellen. Definiert wird:

  • der Begriff Erstbetreuung
  • das Fachkonzept Erstbetreuung (Einsatzkriterien, Inhalte der Erstbetreuung, Aufgaben und Rollen der Erstbetreuer)
  • die Ausbildung der Erstbetreueinnen und -betreuer (Inhalte, Methoden, Umfang)
  • organisatorische Rahmenbedingungen in den Unternehmen für eine wirksame psychologische Erstbetreuung
  • Anforderungen an Stellen, die psychologische Erstbetreuerinnen und -betreuer ausbilden.

Die Empfehlungen ermöglichen den UVT eine zielgerichtete Unterstützung der Unternehmensleitungen bei der Sekundärprävention arbeitsbedingter Traumafolgestörungen. Den Unternehmerinnen und Unternehmern bietet das Papier einen Orientierungsrahmen, um qualitätsgesicherte Erstbetreuung in ihren Häusern zu etablieren. Stellen, die eine Ausbildung zur psychologischen Erstbetreuung anbieten, können ihre Kurse an den Standards der UVT ausrichten.

2 Psychotrauma - die psychische Verletzung

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Ein Psychotrauma ist eine psychische Verletzung, eine seelische Wunde. Sie kann entstehen, wenn Menschen eine außergewöhnliche, nicht alltägliche Belastungssituation erleben, die ihre psychischen Bewältigungsmöglichkeiten übersteigt (vgl. Fischer & Riedesser, 2009).

Das Spektrum traumatischer Ereignisse im Arbeitskontext ist groß. Typische Ereignisse sind beispielsweise Betriebsunfälle, tätliche Übergriffe, Überfälle, Bedrohungen, Verkehrsunfälle, Rettungseinsätze.

Von alltäglichen psychischen Belastungssituationen und Stress unterscheiden sich traumatische Ereignisse dadurch, dass die Betroffenen Angst, Hilflosigkeit und Kontrollverlust erleben (vgl. Fischer und Riedesser, 2009). Typische Reaktionen nach einem traumatischen Ereignis sind:

  • veränderte Wahrnehmung, z.B. veränderte Zeitwahrnehmung, Wahrnehmung des Geschehens wie von außen, Wahrnehmen nur weniger Einzelheiten ("Tunnelblick")
  • Gefühle von Betäubung und Unwirklichkeit, z.B. das Ganze wie im Film erleben, die eigene Person wird als fremd wahrgenommen
  • Gefühl, ausgeliefert zu sein, die Kontrolle verloren zu haben
  • ausgeprägte Körperreaktionen: Herzrasen, Schwindel, Schwitzen, Übelkeit etc.
  • innerlicher Rückzug, z.B. wie unter einer Glocke sitzen
  • Einschränkung von Aufmerksamkeit und Konzentration

Die Reaktionen treten in der Regel bereits während oder kurz nach dem Ereignis auf. Jeder Mensch erlebt traumatische Ereignisse anders. Auch die Reaktionen darauf sind sehr unterschiedlich. Bei den meisten Betroffenen klingen die Reaktionen nach Stunden oder wenigen Tagen ab. Jedoch können die Beschwerden auch chronifizieren und zu erheblichen Beeinträchtigungen - wie z.B. einer Posttraumatischen Belastungsstörung, Depression oder auch zu körperlichen Erkrankungen führen -, die auch zeitlich verzögert auftreten können.

2.1 Die psychologische Erstbetreuung - Erste Hilfe für die Seele

Durch traumatische Ereignisse sind zentrale menschliche Grundbedürfnisse nicht mehr erfüllt: Sicherheit (körperliche und psychische Unversehrtheit) sowie Orientierung und Kontrolle ...

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