Für arbeitsmedizinische Vorsorgen und Untersuchungen ist fraglos ein Arbeitsmediziner zuständig. Allerdings ist die Frage, warum und für wen im Betrieb welche Vorsorge erforderlich ist, durchaus nicht nur eine medizinische. Oft geraten Betrieb und Betriebsarzt mindestens zu Beginn der Beratung schnell an einen Punkt, wo es zu Irritationen kommt:

  • Der Betrieb weiß, welche Arbeitsverfahren und -stoffe eingesetzt werden – und erwartet, dass der Betriebsarzt eine Aussage dazu trifft, welcher Vorsorgebedarf sich dadurch ergibt.
  • Der Betriebsarzt weiß, welche medizinischen Auslösekriterien für die einzelnen Vorsorgen relevant sind, z. B. eine konkrete Konzentration eines Gefahrstoffs über einen bestimmten Zeitraum, ein bestimmter Schalldruckpegel für eine Vorsorge "Lärm" oder auch nur eine "Exposition" gegenüber einem bestimmten Stoff. Er kann aber (besonders wenn noch nicht langjährig berufserfahren) angesichts der Vielfalt von Branchen, Betrieben, Abläufen und Verfahren oft nicht absehen, an welchen Arbeitsplätzen eines einzelnen Betriebs diese Kriterien erfüllt sein werden – und erwartet daher, dass der Betrieb eine Aussage dazu trifft, welcher Vorsorgebedarf sich dadurch ergibt.

Hier müssen sich beide Seiten in einen fachlichen Austausch begeben, denn nur im Zusammenspiel aller Kenntnisse und Erfahrungen kann der Vorsorgebedarf gezielt ermittelt werden (wovon schließlich auch ein erheblicher organisatorischer und finanzieller Aufwand abhängen kann). Grundsätzlich helfen dabei oft Arbeitsplatzmessungen, z. B. ein Lärmkataster, Staub- oder Gefahrstoffmessungen, weiter. Aber genau diese sind oft mit einem hohen Organisations-, Zeit- und Geräteaufwand verbunden, den nicht jeder (Klein-)Betrieb leisten kann. Die Unfallversicherungsträger sind sich dieses Problems aber durchaus bewusst und stellen Unterlagen für orientierende Einschätzungen zum Vorsorgebedarf zur Verfügung.

 
Praxis-Tipp

DGUV Empfehlungen für arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen

Die DGUV stellt in den in 2022 neu herausgebrachten Empfehlungen nicht nur medizinische Hinweise für Arbeitsmediziner zur Verfügung, sondern z. B. auch technisch orientierte Beschreibungen von Auslösekriterien von Vorsorgen und Beispielsammlungen dazu. Das unterstützt den Fachabgleich zwischen den betrieblich Verantwortlichen und dem Betriebsarzt dahingehend, dass eine Entscheidung zum Vorsorgebedarf getroffen werden kann.

 
Achtung

Vorsorgebedarf abstimmen

Nicht jeder Arbeitsmediziner ist automatisch in der Lage, alle Vorsorgen und Untersuchungen auszuführen. Z. B. müssen für Strahlenschutzuntersuchungen und für Vorsorgen bzgl. bestimmter Gefahrstoffe besondere Qualifikationen vorliegen. Und nicht jeder niedergelassene Betriebsmediziner mit überschaubarem Kundenstamm verfügt über die volle Geräteausstattung, die z. B. für Seh-, Hör- und Lungenfunktionstests erforderlich ist.

Daher ist es wichtig, bei Beauftragung eines betriebsärztlichen Dienstes oder eines Betriebsarztes zu klären, was in diesem Bereich ansteht. Ggf. ist es sinnvoll (und in der Beratungspraxis oft völlig unproblematisch), zwischen betriebsärztlicher Beratung und Vorsorgen zu trennen. Ein Betriebsarzt kann vor Ort auch dann praxisnah und engagiert beraten, wenn bestimmte Vorsorgen (die oft ja auch nur in relativ weiten Abständen anfallen) in einer größeren Praxis weiter weg durchgeführt werden.

 
Wichtig

Impfungen

Impfungen werden häufig durch den Betriebsarzt durchgeführt. Das betrifft v. a.:

  • Impfungen gegen Hepatitis A und B im Rahmen der Vorsorge Infektionsgefährdende Tätigkeiten,
  • Grippeschutzimpfungen,
  • Reiseimpfungen (soweit der Betriebsarzt die dazu erforderliche Qualifikation hat).

Die Kosten für die Impfstoffe sowie für den Einsatz des Betriebsarztes trägt der Arbeitgeber. Er entscheidet damit auch, ob diese Impfungen (soweit es sich nicht wie bei der Vorsorge Infektionsgefährdende Tätigkeiten oder bei Auslandsreisen um Pflichtangebote handelt) den Beschäftigten angeboten werden. Alternativ kann durch den Betriebsarzt z. B. auch eine Impfberatung durchgeführt und auf die Impfmöglichkeiten im Rahmen der allgemeinen Gesundheitsversorgung hingewiesen werden.

 
Wichtig

Eignungs- und Einstellungsuntersuchungen

Eignungs- und Einstellungsuntersuchungen werden in vielen Fällen auch durch Betriebsärzte durchgeführt. Sie sind aber nicht Bestandteil der arbeitsmedizinischen Beratung nach ASiG bzw. ArbMedVV, sondern Zusatzleistungen, die gesondert zu organisieren sind.

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