Neben den technischen Anpassungen der Arbeitsumgebung ist die Organisation der Arbeitsprozesse ein weiteres entscheidendes Handlungsfeld. Welche organisatorischen Maßnahmen werden in Unternehmen bereits eingesetzt, um die Arbeitsfähigkeit und Gesundheit der Beschäftigten insbesondere in den gewerblichen Tätigkeitsfeldern so früh wie möglich zu unterstützen und die Alterungsprozesse bei den Beschäftigten zu verlangsamen? Zu den beliebtesten organisatorischen Maßnahmen gehört die Jobrotation. Dabei wechseln durch einen festgelegten Stunden- und Tagesrhythmus die Mitarbeitenden eines Arbeitsbereichs den Arbeitsplatz untereinander. So ist jeder Beschäftigte im Laufe des Tages mit verschiedenen Arbeiten beschäftigt und belastet damit unterschiedliche Organe und Körperbereiche.

Die Folge: Der Körper wird weniger einseitig belastet. Durch den systematischen Arbeitsplatzwechsel wird der Aufgabenbereich breiter und die Arbeitsinhalte vielfältiger. Eine flexiblere Arbeitsstrukturierung kann den Mitarbeitenden helfen, arbeitsbedingten Stress abzubauen oder vorzubeugen. Dies gelingt durch den Wechsel der Belastungen, aber auch durch den Wechsel zwischen verschiedenen Verantwortungsbereichen: ausführende, planerische und kontrollierende Arbeiten. Durch den ständigen Wechsel zwischen den Arbeitsinhalten und -stellen erlangt der einzelne Beschäftigte Einblicke in unterschiedliche Aufgaben, erweitert damit seine geistige Flexibilität und fördert sein funktions- und einheitenübergreifendes Denken.

Anwendungsbeispiel: Belastungsoptimierte Mitarbeiterrotation

In vielen großen Unternehmen wurde die Jobrotation bereits vollständig durchstrukturiert. Mittels einer systematischen, computergestützten Plan-Rotation können Unternehmen den Beschäftigten während des Schichtverlaufs unterschiedliche Tätigkeiten zuweisen, um diese so wenig wie möglich zu belasten. Voraussetzung für die belastungsoptimierte Mitarbeiterrotation ist zunächst eine ergonomische Bewertung aller Arbeitsplätze in einem bestimmten Unternehmensbereich. Dies kann anhand der in Tab. 1 aufgeführten 23 Merkmale erfolgen.

 
Belastungskategorie Belastungsmerkmal
Körperliche Belastungen 1 Arbeitshöhe
  2 Nackenbelastung
  3 Arbeiten über Schulterhöhe
  4 Rumpfbeweglichkeit
  5 Armbeweglichkeit
  6 Muskelbelastung der Arme
  7 Unterarm- und Handgelenkbelastung
  8 Fingerbelastung
  9 Kniegelenk-Beweglichkeit
  10 Stehen, Gehen, Sitzen
  11 Lastenhandhabung
Physische Belastungen 12 Lärm
  13 Mikroklima am Arbeitsplatz
  14 Beleuchtung
  15 Gefahrstoffe
  16 Feuchtarbeit
Psychomentale Belastungen 17 Bindung an Arbeitstakt
  18 Aufnahme von Informationen
Weitere Gefährdungen/Belastungen 19 Unfallgefahren
  20 Repetitive Tätigkeiten
  21 Farbgestaltung
  22 Schwingungen
  23 Geschlecht

Tab. 1: Merkmale für die Anforderungs- und Belastbarkeitsanalyse

Für die Rotation werden v. a. die Merkmale in der Rubrik "Körperliche Belastungen" betrachtet. Alle Arbeitsvorgänge in einer Abteilung werden dazu bewertet, wobei in erster Linie die Belastungsintensität und die Belastungsdauer jeder Tätigkeit berücksichtigt werden muss. Die Ergebnisse zu jedem Merkmal werden dann durch die Ampelfarben "grün" (niedrige Belastung), "gelb" (mittlere Belastung) und "rot" (hohe Belastung) gekennzeichnet. Bei der Prüfung, welche Arbeitsplätze oder Montage-Takte in der Rotation vorteilhaft miteinander kombinierbar sind, werden zunächst alle auftretenden Belastungsarten je Arbeitsplatz bestimmt und mit Ampelfarben gekennzeichnet.

Bei der Bewertung wird eingetragen, ob und über welchen Anteil der Arbeitszeit hinweg die genannten Belastungen auftreten. Als Ergebnis wird die jeweilige Ampelwertung für das spezifische Merkmal erstellt.

Im Anschluss an die Bewertungen aller Arbeitstätigkeiten ermittelt das IT-System die bestmögliche Arbeits- bzw. Belastungsrotation anhand folgender 3 Schritte:

  1. Besonders gut geeignet ist die Belastungskombination Rot/Grün, d. h., nach einer hohen Belastung (Rot) erfolgt ein Wechsel zu einer niedrigen Belastung (Grün) oder umgekehrt. Die ungünstigste Belastung tritt dann ein, wenn 2 rote Belastungen aufeinanderfolgen, weil es in diesem Fall keinen positiv wirkenden Anforderungswechsel gibt.
  2. Bei der Suche nach den günstigstens Belastungswechseln bzw. -kombinationen errechnet das System einen sog. "Belastungswechselindex" (BWI). Je höher der Indexwert, desto ergonomisch sinnvoller ist ein Belastungswechsel. Die Kombination Rot/Grün erhält deshalb den höchsten und der Wechsel Rot/Rot den niedrigsten Indexwert.
  3. Für alle identifizierten Arbeitsplatz- und Taktkombinationen berechnet das System nachfolgend die einzelnen BWI je Belastungsart und addiert diese zu einem Gesamtindex. Die Tätigkeits-Kombination mit dem höchsten Gesamtindex ist die beste Lösung und sollte umgesetzt werden.

Diese ergonomisch fundierte Rotationsplanung ist abhängig vom Verhältnis der Anzahl der tatsächlich anwesenden Beschäftigten und zur Anzahl der unterschiedlichen Arbeitsbelastungen im jeweiligen Arbeitsbereich. In ...

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