Für den hier zugrunde gelegten Fall fahren Schienenfahrzeuge mit ihren Rädern auf Gleisen mit paarweise und parallel angeordneten stählernen Schienen. Man spricht von einem Rad-Schiene-System. Schienenfahrzeuge der Eisenbahn können mit Lokomotiven bespannte Züge (Fern- und Regionalbahnen) oder Triebwagen (z. B. sog. Schienenbusse) bzw. Triebzüge (z. B. Hochgeschwindigkeitszüge) sein. Für alle genannten Typen von Schienenfahrzeugen sind Voraussetzungen für gleichberechtigtes Reisen von potenziellen Kunden mit Mobilitätseinschränkungen hinsichtlich motorischer, sensorischer und kognitiver Funktionen durch entsprechende barrierefreie Gestaltungslösungen zu schaffen.

1.1 Mobilitätseinschränkungen bezogen auf motorische Funktionen

Folgende Mobilitätseinschränkungen bezogen auf motorische Funktionen bei Nutzung von Fern- und Nahverkehrszügen sind denkbar:

  • Körperliche Einschränkung auf die Körperhaltung "Sitzen" infolge Querschnittslähmung und demzufolge Schwierigkeiten bei Nutzung von Zügen (insbesondere von Fernzügen) infolge fehlender oder begrenzter Standplätze für Rollstuhlnutzer und geringer Manövrierfähigkeit in Toiletten;
  • Einschränkungen von Greifraum und Greifkraft durch Contergan-Schädigung, Muskelschwäche verbunden mit Schwierigkeiten beim Ein- und Aussteigen;
  • Probleme älterer Reisender mit Gepäck und reisender Eltern mit Kleinstkindern im Kinderwagen beim Ein- und Aussteigen infolge häufig zu großer horizontaler und vertikaler Abstände zwischen Bahnsteigkante und Fahrzeugfront bzw. zwischen Bahnsteighöhe und Fahrzeugbodenhöhe (Angstfaktor);
  • Abweichung der Körpergröße bei kleinwüchsigen Menschen verbunden mit größeren Anstrengungen, Greifräume und Greifkräfte zu überwinden, außerhalb und innerhalb der Züge;
  • Schwierigkeiten älterer Personen bei Nutzung verfügbarer Medien im Zug.

1.2 Mobilitätseinschränkungen bezogen auf sensorische Funktionen

Folgende Wahrnehmungseinschränkungen, bezogen auf unsere Sinnesorgane, sind bei Nutzung von Fern- und Nahverkehrszügen möglich:

  • Sehbehinderung (auch altersbedingt) durch verminderte Sehschärfe, ggf. auch erhöhte Blendempfindlichkeit und reduziertes Gesichtsfeld durch Erkrankung, aber auch Blindheit mit oder ohne Restsehvermögen und dadurch bedingte Schwierigkeiten beim Finden der Einstiegstür;
  • Farbenfehlsichtigkeit und Farbenblindheit mit Problemen des Erkennens farbiger Markierungen und des Orientierens innerhalb von Fern- und Nahverkehrszügen;
  • Beeinträchtigung schwerhöriger Passagiere bei der Wahrnehmung akustischer Informationen an Bahnsteigen, beim Identifizieren von Türfinde-Signalen an der Einstiegstür sowie bei Aufnahme verbaler Informationen im Zug;
  • Einschränkungen bei tauben und sprachbehinderten Menschen im Reiseverkehr bei fehlendem Gebärdendolmetscher;
  • Kompensation eingeschränkter Seh- und Hörfähigkeit durch stärker ausgeprägte taktile[1] oder haptische[2] Wahrnehmung von Oberflächenstrukturen zur Orientierung und Information beim Ein- und Aussteigen sowie an Informationsquellen im Zug.
[1] Taktil: Passive Wahrnehmung mechanischer Eindrücke.
[2] Haptisch: Eine haptische Wahrnehmung wird als "tastendes" Begreifen definiert.

1.3 Mobilitätseinschränkungen bezogen auf kognitive Funktionen

Folgende Einschränkungen kognitiver[1] Funktionen sind zu berücksichtigen:

  • Eingeschränkte Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit an Bahnsteigen und im Zug durch geistige Behinderung;
  • höherer Zeitaufwand für Prozesse der Informationsaufnahme und -verarbeitung in Bahnhöfen, auch bei älteren Menschen in Bahnhöfen, an Bahnsteigen und während des gesamten Reiseablaufs.
[1] Kognitiv: Kognitive Funktionen beziehen sich auf das Denken im umfassenden Sinn.

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