Seitdem die Altersteilzeit nicht mehr gefördert wird, erhöht sich der Anteil der über 60-Jährigen im Erwerbsleben ständig. Jüngere Beschäftigte werden bis zu einem Alter von mindestens 67 Jahren arbeiten. Wie kann die Arbeitszeit gestaltet werden, sodass auch ältere Erwerbstätige möglichst wenig psychisch belastet werden?

Die Leistungsfähigkeit sinkt mit zunehmendem Alter nicht bei allen Menschen gleichmäßig ab. Neben dem Lebensstil tragen insbesondere auch die Arbeitsbedingungen zum Gesundheitszustand und zur Leistungsfähigkeit im fortgeschrittenen Alter bei. Menschen, die immer in einem ungünstigen Schichtmodell gearbeitet haben, verfügen später über weniger Ressourcen zur Erholung. Dabei steigt im Laufe des Lebens der Bedarf an kurz- und langfristiger Erholung.

Natürlich fallen körperlich anstrengende Arbeiten älteren Beschäftigten zunehmend schwerer, aber auch mentale Belastungen können auf Dauer sehr schwerwiegend sein, z. B.:

  • andauernde Aufmerksamkeit (Kontroll- oder Überwachungsarbeiten am Bildschirm, Korrektur lesen …),
  • eingeschränkte Möglichkeiten zur Selbststeuerung, beispielsweise durch Unterbrechungen oder Zeitdruck,
  • häufige überlange Arbeitszeiten,
  • Schichtarbeit mit regelmäßigen Nachtdiensten.
 
Wichtig

Kumulierte Beanspruchung

Treten mehrere Belastungen gleichzeitig auf, so steigt die psychische Beanspruchung!

Eine alternsgerechte Gestaltung der Arbeitszeit heißt vor allem, mehr Freiräume für die Einteilung der Aufgaben, die Verteilung der Pausen und wechselnde Tätigkeiten zu schaffen.

Bei Überlegungen zur Gestaltung der Arbeitszeit für ältere Beschäftigte sollte auch über die Dauer der Lebensarbeitszeit bzw. den Zeitpunkt des Renteneintritts nachgedacht werden. Ein längerer Verbleib im Berufsleben kann durchaus dazu beitragen, geistig aktiv und kognitiv leistungsfähig zu bleiben. Andererseits wissen wir, dass lange Arbeitstage und bestimmte Tätigkeiten u. U. Erschöpfung und Stress verursachen. So könnten die positiven Effekte einer längeren Lebensarbeitszeit durch die negativen Folgen von geistigem und körperlichem Stress zunichtegemacht werden. Aus einer großen australischen Studie lässt sich ableiten, dass ein späterer Renteneintritt durchaus zum Erhalt geistiger Fähigkeiten beitragen kann. Allerdings müssten dann vermehrt Teilzeitmodelle angeboten werden. Optimal für Ältere scheint eine Wochenarbeitszeit zwischen 22 und 30 Stunden zu sein.[1]

Übrigens: Alternsgerechte Arbeitszeitmodelle sollten nicht erst bei älteren Beschäftigten eingeführt werden. Es geht schließlich darum, allen Erwerbstätigen die Möglichkeit zum gesunden Altwerden zu geben – auch den Jüngeren.

Empfehlungen für eine alternsgerechte Arbeitszeitgestaltung:

  • Falls die Arbeit eine dauernde hohe Konzentration erfordert, sollten freigewählte Kurzpausen ermöglicht werden.
  • Um ausreichende Erholungsphasen zu gewährleisten, sollte die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit nicht mehr als 40 Stunden betragen.
  • Um bei Schicht- und Nachtarbeit längere Erholungsphasen zu ermöglichen, sollten leicht reduzierte Arbeitszeiten angeboten werden (vollzeitnahe Teilzeit).
  • Die Zeiteinteilung sollte möglichst selbstbestimmt erfolgen, damit die Beschäftigten ihrem eigenen Arbeitsrhythmus nachgehen können.
 
Achtung

Demografie-Tarifverträge

In verschiedenen Branchen (z. B. Eisen- und Stahlindustrie, Banken und Sparkassen, Deutsche Bahn) gibt es bereits Demografie-Tarifverträge. Mit diesen Tarifverträgen soll die Arbeitssituation in den Unternehmen für die älter werdenden Belegschaften alters- und alternsgerecht gestaltet werden. Das Ziel ist es, die Arbeit möglichst belastungsarm zu gestalten und die Leistungs- und Innovationsfähigkeit der Beschäftigten dauerhaft zu erhalten. Eine Analyse dieser Tarifverträge zeigt, dass sowohl Arbeitnehmer als auch -geber diese Verträge positiv wahrnehmen. In diesen Verträgen werden meist Regelungen zur Arbeitszeit und zur Qualifizierung getroffen. So werden Teilzeitregelungen festgehalten oder Regenerationsschichten eingeführt. Bestandteile solcher Tarifverträge können auch Zeitwertkonten oder ein Demografiefonds sein.

[1] Kajtani/McKenzie/Sakata: Use It Too Much and Lose It? The Effect of Working Hours on Cognitive Ability, Melbourne Institute Working Paper Series, Working Paper No. 7/16, 2016.

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