Rz. 97

[Autor/Stand] Zum Inlandsvermögen gehören:

  1. das inländische land- und forstwirtschaftliche Vermögen (s. § 33 Abs. 1 und 2 BewG sowie § 121 BewG Rz. 86 ff.);
  2. das inländische Grundvermögen (s. § 121 BewG Rz. 106 ff.), wobei es auf die Eintragung im Grundbuch ankommt;
  3. das inländische Betriebsvermögen (auch Sonderbetriebsvermögen). Als solches gilt das Vermögen, das einem im Inland betriebenen Gewerbe dient, wenn hierfür im Inland eine Betriebsstätte (§ 12 AO) unterhalten wird oder ein ständiger Vertreter (§ 13 AO) bestellt ist (s. § 121 BewG Rz. 131 ff.);
  4. Anteile an einer Kapitalgesellschaft, wenn die Gesellschaft Sitz oder Geschäftsleitung im Inland hat und der Gesellschafter entweder allein oder zusammen mit anderen ihm nahestehenden Personen i.S.d. § 1 Abs. 2 AStG in der jeweils geltenden Fassung, am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft mindestens zu einem Zehntel unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist (s. § 121 BewG Rz. 313 ff.);
  5. nicht unter Nr. 3 fallende Erfindungen, Gebrauchsmuster und Topographien, die in ein inländisches Buch oder Register eingetragen sind (s. § 121 BewG Rz. 391 ff.);
  6. Wirtschaftsgüter, die nicht unter die Nr. 1, 2 und 5 fallen und einem inländischen Gewerbebetrieb überlassen, insbesondere an diesen vermietet oder verpachtet sind (s. § 121 BewG Rz. 416);
  7. Hypotheken, Grundschulden, Rentenschulden und andere Forderungen oder Rechte, wenn sie durch inländischen Grundbesitz, durch inländische grundstücksgleiche Rechte oder durch Schiffe, die in ein inländisches Schiffsregister eingetragen sind, unmittelbar oder mittelbar gesichert sind. Ausgenommen sind Anleihen und Forderungen, über die Teilschuldverschreibungen ausgegeben sind (s. § 121 BewG Rz. 440 ff.);
  8. Forderungen aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter und aus partiarischen Darlehen, wenn der Schuldner Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, Sitz oder Geschäftsleitung im Inland hat (s. § 121 BewG Rz. 470 ff.);
  9. Nutzungsrechte an einem der in den Nr. 1 bis 8 genannten Vermögensgegenstände (s. § 121 BewG Rz. 493 ff.).
 

Rz. 98

[Autor/Stand] Zu Nr. 2: Strittig war, ob auch Grundstücksachvermächtnisse darunter fallen. M.E. ist dies vom Wortlaut des § 121 BewG nicht gedeckt (s. § 121 BewG Rz. 517 sowie § 10 ErbStG Rz. 103).[3] Anderer Ansicht war das Finanzgericht München im Urteil vom 10.7.2019[4] Danach falle unter den Begriff "Vermögensanfall" in § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG jeglicher Erwerb i.S.d. § 3 ErbStG.

Mit Urteil vom 23.11.20222[5] hat nun der BFH entschieden, dass das Vermächtnis an einem inländischen Grundstück nicht der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht unterliegt. Gegenstand des Vermögensanfalls ist nicht das anteilige inländische Grundstück, sondern vielmehr der Sachleistungsanspruch auf Verschaffung von Eigentum an diesem Grundstück. Dieser Anspruch sei – anders als ein Anspruch auf Übertragung eines Miteigentumsanteils – weder inländisches Grundvermögen i.S.d. § 121 Nr. 2 BewG, noch sei der Anspruch einer der anderen in § 121 BewG abschließend aufgezählten Kategorien zuzuordnen. Aufgrund der abschließenden Formulierung des §121 BewG verbiete sich eine teleologische Extension des § 121 BewG. Soweit dem BFH-Urteil vom 10.5.2017[6] in Rz. 1, 14 und 35 inzident etwas anderes zu entnehmen sein könnte, hält der erkennende Senat daran nicht fest.

Weil nach der ausländischen Rechtsordnung im Todesjahr 2013 ein solches Vermächtnis zivilrechtlich als Damnationslegat und nicht als Vindikationslegat zu behandeln war, brauchte der Senat nicht näher darauf einzugehen, weil Art. 83 der EuErbVo 650/2012 erst für Todesfälle ab dem 17.8.2015 galt.[7]

 

Rz. 99

 

Gestaltungstipp:

Dieses BFH-Urteil eröffnet – bis zu einer etwaigen Schließung der Gesetzeslücke – in der Praxis nun ein legales Gestaltungsmodell in Fällen der beschränkten Steuerpflicht. Der Sachleistungsanspruch kann damit erbschaftsteuerfrei übertragen werden, soweit der Anspruch nicht unter die in § 121 BewG genannten Fälle einzuordnen ist. Z.B. können Anteile an einer inländischen Kapitalgesellschaft steuerfrei übertragen werden, wenn nicht der Anteil selbst, sondern etwa ein Herausgabeanspruch gegen eine ausländische Treuhandgesellschaft, die die Anteile hält, übertragen wird.[8]

Bei Erbfällen im EU-Ausland ist allerdings Vorsicht geboten, weil z.B. in bestimmten Ländern, z.B. Polen ein Vermächtnis direkte Wirkung hat. Dies hat zur Folge, dass die durch Vermächtnis begünstigte Person direkt das Eigentum an dem inländischen Grundvermögen erbt und somit ein steuerfreier Erwerb inländischer Immobilien ausgeschlossen ist.

 

Rz. 100

 

Hinweis:

Anstatt einen Nichtanwendungserlass anzuordnen, hat nunmehr die Finanzverwaltung erreicht, dass im sog. Wachstumschancengesetzes[9] der Wortlaut des § 2 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ErbStG durch Art. 34 zur Änderung des Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuergesetzes erweitert wird. Er lautet "In § 2 Absatz 1 Nummer 3 Satz 1 werden nach dem Wort ‚besteht‘ die Wörter ‚oder einen Anspruch...

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