Climate Governance: Mittelstand und Nachhaltigkeitsreporting

Geht es um CO2-Kontrolle und Berichterstattung, tun mittelständische Unternehmen in Deutschland zu wenig. Zu diesem Schluss kommt die Studie „Climate Governance 2023“. Wo gibt es noch Aufholbedarf und was muss sich mit künftigen Berichtspflichten ändern?

Haben Sie Teil 1 der Studie verpasst? Hier geht's zum Bericht!

Welche Auswirkungen hat unser Wirtschaften auf das Klima? Mittelständische Unternehmen kontrollieren ihre CO2-Emissionen noch nicht genug und ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung ist nicht ausreichend entwickelt. Das und mehr zeigt Teil zwei der Studie „Climate Governance 2023“: Im Auftrag der Leuphana Universität Lüneburg und der Unternehmensberatung FTI-Andersch befragte Forsa im Herbst 2022 die Verantwortlichen für klimaorientierte Unternehmensführung in 152 deutschen mittelständischen Unternehmen der Produktion, des Handels und der Dienstleistungsbranche. Wir haben die wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst.

Emissionsüberwachung und Nachhaltigkeitsreporting: Es ist viel zu tun

Die Klimarisiken und -chancen haben 53 Prozent der befragten Unternehmen bisher nicht in ihr internes Kontroll- und Risikosystem aufgenommen. Auch in Zukunft planen 20 Prozent, das nicht zu tun. Während 60 Prozent der Unternehmen bislang keine Nachhaltigkeitsberichterstattung über Klimarisiken etabliert haben, planen das 38 Prozent zurzeit. Unter den befragten Branchen hat der Handel am meisten aufzuholen: 86 Prozent der Handelsunternehmen haben laut Studie noch keine Berichterstattung gemacht. In der Dienstleistung sind es 62 Prozent, im produzierenden Gewerbe 49 Prozent.  

Die eigenen Emissionen überprüfen 36 Prozent der Unternehmen nicht regelmäßig. Weniger als 50 Prozent derjenigen, die das nicht tun, planen regelmäßige Kontrollen in der Zukunft. Auch hier offenbaren sich Unterschiede zwischen den Branchen: Während im produzierenden Gewerbe schon 83 Prozent ihre Emissionen regelmäßig überwachen, sind es in der Dienstleistung 56 Prozent und im Handel nur 30 Prozent. 

Wie kommt es dazu? „Das korreliert damit, dass indirekte Emissionen aktuell noch nicht ausreichend in der Überwachung berücksichtigt sind: denn diese fallen insbesondere bei Dienstleistern und im Handel an“, erklärt Janina Hellwig, Studienautorin und Expertin für Energie und Klima bei FTI-Andersch. In den Unternehmen werden meist die direkten Emissionen (Scope 1) kontrolliert (82 Prozent). Dagegen werden indirekte Emissionen aus eingekaufter Energie (Scope 2) oder entlang der gesamten Wertschöpfungskette (Scope 3) eher vernachlässigt: Hier sind es nur 43 Prozent und 22 Prozent. 

Alles für den Nachhaltigkeitsbericht? Rahmenwerke und externe Prüfung

Wie verorten Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsinformationen? 54 Prozent haben im Rahmen des Jahresabschlusses bislang keine Berichterstattung zu Klimaaspekten, 20 Prozent planen das aktuell. Beim ihrer Nachhaltigkeitsberichterstattung verlassen sich die meisten Unternehmen auf ein individuell festgelegtes Rahmenwerk. 35 Prozent nutzen gar keins. Unter externen Frameworks werden der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK) mit 19 Prozent und die Global Reporting Initiative (GRI) mit 18 Prozent am häufigsten genutzt.

Nur jedes dritte Unternehmen (34 Prozent) lässt den eigenen Nachhaltigkeitsbericht extern prüfen. Nach eigener Angabe geschieht das aber nur bei 26 Prozent mit „hinreichender Sicherheit“. 28 Prozent der Unternehmen haben das noch nicht getan und haben es auch nicht geplant. Am schwächsten schneidet unter den Branchen wieder Handel ab: Hier haben 65 Prozent ihren Nachhaltigkeitsbericht noch nicht prüfen lassen.

Der nachhaltige Mittelstand: Von null auf hundert

Die Studie wurde wissenschaftlich von Prof. Dr. Patrick Velte begleitet: Er hat die Professur für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Accounting, Auditing und Corporate Governance, an der Leuphana Universität Lüneburg inne. „Dass ein signifikanter Anteil der befragten Unternehmen noch keine Nachhaltigkeitsberichterstattung betreibt, ist vor dem Hintergrund der neuen EU-Richtlinie bemerkenswert, denn alle befragten Unternehmen fallen unter die Berichtspflicht der CSRD“, sagt der Wissenschaftler. Demnach sind alle Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden, einer Bilanzsumme von mehr als 20 Millionen Euro und einem Umsatz von mehr als 40 Millionen Euro ab dem Geschäftsjahr 2025 berichtspflichtig.

Allerdings sei die Einrichtung von entsprechenden Management- und Berichtsstrukturen auch ein sehr zeitaufwendiges Unterfangen, meint Velte: „Im Vergleich zu den börsennotierten Unternehmen, die aktuell entweder bereits eine nichtfinanzielle Erklärung erstellen müssen oder eine freiwillige Nachhaltigkeitsberichterstattung vornehmen, müssen die mittelständischen Unternehmen häufig von null auf hundert starten.“ 

Hier können Sie die Studie nachlesen!