Bundestag: Abscheidung, Speicherung und Nutzung von CO2

Gibt es Alternativen zur Reduktion und Vermeidung von Treibhausgasemissionen? Darüber diskutierten Experten im Bundestagsausschuss für Klimaschutz und Energie. Warum Abscheidung, Speicherung und Nutzung von CO2 ein Weg sein könnten und warum auch nicht.

Ohne Speicherung oder Verarbeitung von Kohlendioxid-Emissionen keine Klimaneutralität bis 2045: Davon gehen Bundestagsmitglieder der CDU/CSU-Fraktion aus, die einen Antrag zum Thema CO2-Abscheidung und -Speicherung, CO2-Nutzung sowie Negativemissionen gestellt haben. Bei einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Klimaschutz und Energie drängten Expertinnen und Experten auf politische Entscheidungen über die Speicherung und Nutzung von Kohlendioxid-Emissionen sowie den CO2-Entzug aus der Atmosphäre. Die Einschätzung der Antragsstellenden wurde von den meisten der Sachverständigen im Grundsatz geteilt, schreibt der Bundestag in einer Pressemitteilung.

Worum geht es? Die Abscheidung und Speicherung von CO2 (Carbon Capture and Storage, CCS) bedeutet, dass CO2, welches beispielsweise in der Industrie entsteht, nicht in die Atmosphäre entweicht, sondern aufgefangen und in unterirdischen Lagern gespeichert wird. Noch weiter geht die CO2-Nutzung (Carbon Capture and Utilization, CCU): Hier wird aufgefangenes Kohlendioxid wiederverwertet, etwa um daraus in Verbindung mit Wasserstoff Methan (künstliches Erdgas) zu erzeugen. Wird CO2 der Atmosphäre entzogen, um es in Produkten zu verarbeiten oder in Form von Kohle zu lagern, nennt man das Negativemissionen.

CO2-Speicherung, -Abscheidung und -Nutzung: „Es gibt keine niedrighängenden Früchte mehr“

„Unfassbar wichtig“ fand Jan-Justus Andreas, Geschäftsführer der gemeinnützigen GmbH Bellona Deutschland, die rechtzeitige Vorbereitung auf diese Technologien. Denn auch nach 2050 werde es Industrien geben, bei denen CO2 anfällt. Beim Klimaschutz gebe es „keine niedrighängenden Früchte mehr“, deshalb müsse man sich nun auf sehr komplexe Themen vorbereiten und die Infrastruktur für den Umgang mit nicht vermeidbaren CO2-Emissionen schaffen.

Für das Konzept eines CO2-Kreislaufs warb Jens Schmidt, Chief Technology Officer der Firma Tree Energy Solutions, das an der Versorgung mit grünem Wasserstoff und anderen klimaneutralen Energieträgern arbeitet. Dabei wird aus klimaneutral hergestelltem Wasserstoff und CO2 Methan erzeugt. Bei dessen Verbrennung oder Wiederaufspaltung entstehendes CO2 wird eingefangen und zurücktransportiert, um es zur Flüssiggaserzeugung einzusetzen. Schmidt wies darauf hin, dass Deutschland trotz des Ausbaus erneuerbarer Energien weiter auf Energieimporte angewiesen sein werde. Dazu könne bei der angestrebten Lösung bereits vorhandene Infrastruktur genutzt werden.

Es sei sinnvoll, einen solchen Kreislauf zu schaffen, meinte Kay Ruge vom Deutschen Landkreistag, der auch für den Deutschen Städte- und Gemeindebund sprach. Bei der Verbrennung von nicht verwertbarem Restmüll sei die Emission von CO2 unvermeidbar. Den Transport und die Nutzung dieses Kohlendioxids halte sein Verband für unproblematisch.

Kritik an CCS und CCU: „Gefährlich, weil es in eine Sackgasse führt“

Ganz anders schätzten das die beiden Sachverständigen von Umweltschutzverbänden ein. Tobias Pforte-von Randow, Koordinator Politik und Gesellschaft beim Deutschen Naturschutzring, sieht dadurch „das Pferd von hinten aufgezäumt“. Es müsse zuerst alles getan werden, um Emissionen zu vermeiden. Materialien, bei deren Herstellung CO2-Emissionen unvermeidbar sind, müssten durch andere Materialien ersetzt werden. Würde schon jetzt die Infrastruktur für CCS und CCU aufgebaut, drohe ein „Pull-Effekt“: Dann würde man mögliche CO2-Vermeidung unterlassen, weil es eben eine Infrastruktur gibt.

Die Forderung nach CCU und insbesondere CCS bezeichnete Kerstin Meyer, Leiterin des Referats Wirtschaft und Finanzen der Umweltschutzorganisation BUND, als „gefährlich“, weil sie in eine Sackgasse führe. Sie verwies auf Versuche mit der unterirdischen CO2-Speicherung in Norwegen und Australien, die erhebliche und unerwartete Probleme hervorgerufen hätten, sowie auf CO2-Pipelines, die im Fall eines Lecks eine Gefahr für die Anwohner bedeuten.

Franziska Tanneberger, Leiterin des Moor Centrum der Universität Greifswald, sprach sich für eine stärkere Förderung natürlicher CO2-Senken aus und begrüßte, dass die Bundesregierung vier Milliarden Euro für ein Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz bereitgestellt habe. Derzeit würden sieben Prozent der deutschlandweiten CO2-Emissionen aus trockengelegten Mooren entweichen. Tannenberger weist daher daraufhin, dass es bei der Wiederbewässerung von Mooren zunächst darum gehe, diese Emissionen zu stoppen.

Das internationale Ziel einer Erderwärmung von maximal 1,5 Grad werde wahrscheinlich in den 2030er Jahren überschritten, betonte Oliver Geden, Leiter des Forschungsclusters Klimapolitik der Stiftung Wissenschaft und Politik. CCS und CCU würden nicht ausreichen, um sich diesem Ziel wieder langfristig anzunähern. Vielmehr benötige man Negativemissionen, den Entzug von Kohlendioxid aus der Atmosphäre. 

Dieser These schloss sich Volker Thome vom Fraunhofer-Institut für Bauphysik an und sprach über bereits entwickelte Verfahren, bei denen CO2 verwendet wird, um Baustoffe herzustellen oder zu recyceln. Denkbar sei dabei auch die Herstellung von Kunststoffen. Allerdings gebe es die dafür benötigten Anlagen derzeit noch nicht im großtechnischen Maßstab.

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Schlagworte zum Thema:  Nachhaltigkeit, Emission, Bundestag