Versteuerung von rechtsgrundlosen Rentenzahlungen
Beispiel: Abgekürzte Leibrente
A bezog bis zum 1.9.2015 eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente, welche das Finanzamt nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb S. 4 EStG i. V. m. § 55 Abs. 2 EStDV mit einem Ertragsanteil von 21 % besteuerte. Nach Ablauf der vertraglich vereinbarten Versicherungslaufzeit am 1.9.2015 (abgekürzte Leibrente) erhielt A von der Versicherung weiterhin monatliche Beträge in Höhe der Rentenzahlungen. Dies bemerkte die Versicherung erst im Januar 2016 und forderte A zur Rückzahlung auf.
Wiederkehrende Bezüge
Gemäß § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG sind sonstige Einkünfte "Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen". Wiederkehrende Bezüge sind solche, die aufgrund eines von vorneherein gefassten einheitlichen Entschlusses oder eines einheitlichen Rechtsgrundes wiederholt mit einer gewissen Regelmäßigkeit erbracht werden.
Bezüge, die sich zwar wiederholen, bei denen aber die einzelne Leistung von einer jedes Mal neuen Entschlussfassung oder Vereinbarung abhängig ist, sind keine wiederkehrenden Bezüge. Wiederkehrende Bezüge müssen vielmehr den Charakter von Nutzungen eines Rechtsverhältnisses haben; sie müssen einem von vorneherein gefassten einheitlichen Entschluss entstammen.
Entschluss zur Überweisung ist entscheidend
Aufgrund dieser Grundsätze und der Veranlassung durch den Versicherungsvertrag steht nach Auffassung des FG Baden-Württemberg fest (Urteil v. 15.1.2016, 13 K 1813/14 rkr.,Haufe Index 9157707), dass hier die weiteren Zahlungen ab 1.9.2015 als wiederkehrende Bezüge zu qualifizieren sind, da sie von der Versicherung aufgrund des ursprünglichen Entschlusses, eben solche Zahlungen regelmäßig zu erbringen, geleistet wurden. Zwar ist ab 1.9.2015 das Rentenrecht erloschen; dies ändert jedoch nichts daran, dass auch die weiteren Zahlungen kausal auf den ursprünglich gefassten, einheitlichen Entschluss der Versicherung zur Erbringung regelmäßiger Geldüberweisungen zurückzuführen sind.
Es ist demnach zu unterscheiden zwischen dem Entschluss der Versicherung die vereinbarte Rente zu gewähren und dem Entschluss diese zu überweisen. Und nur auf den Entschluss, regelmäßig gleichbleibende Geldbeträge zu überweisen, kommt es für die Frage, ob wiederkehrende Bezüge vorliegen oder nicht, an. Für die Besteuerung ist es auch nicht von Bedeutung, ob eine Rechtsanspruch auf die Leistung besteht. Nur freiwillige Leistungen sind nach § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG von der Besteuerung ausgenommen. Eine freiwillige Leistung liegt hier aber nicht vor, da der Versicherer lediglich versehentlich aufgrund einer irrig angenommenen Rechtspflicht geleistet hat.
Besteuerung zu 100 %
Hinsichtlich des Umfangs der Besteuerung hat das FG klargestellt, dass eine Besteuerung der weiteren Zahlungen als abgekürzte Leibrente mit dem Ertragsanteil nicht mehr in Betracht kommt. Dies hat das Finanzamt im Urteilsfall anders gesehen, weil die Zahlungen aufgrund eines privaten Rentenstammrechts erfolgt seien und es demnach unerheblich sei, dass der Versicherer über den vertraglichen Ablaufzeitpunkt hinaus Zahlungen geleistet habe.
Die Besteuerung von wiederkehrenden Bezügen ist zwischen wiederkehrenden Bezügen im eigentlichen Sinne, Leibrenten aus Basisvorsorgeprodukten und Leibrenten und anderen Leistungen im Übrigen zu unterscheiden. Hier ist zwar die Berufsunfähigkeitsrente als abgekürzte Leibrente bis 1.9.2015 nach § 22 Nr. 1 Satz 3 a) Doppelbuchst. bb) EStG nur mit dem Ertragsanteil zu versteuern; da sie aber mit Ablauf der vereinbarten Vertragszeit am 01.09.2015 endet, sei eine begünstigte Besteuerung sachlich nicht gerechtfertigt. Bei den weiteren Zahlungen handelt es sich nämlich nicht um solche, die auf eigenen Beitragsleistungen beruhen und sich mithin auch nicht als teilweise Rückzahlung von zuvor angespartem Kapital darstellen. Daher sind hier die Zahlungen in 2015 (ab 01.09.) in voller Höhe als wiederkehrende Leistungen i. S. des § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG zu versteuern.
Praxis-Tipp: Rückzahlung
Sofern aber in 2016 die Zahlungen ab 1.9.2015 zurückgezahlt werden, müssen m. E. negative Einnahmen vorliegen.
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