Ergebnisse der Befragungen zum Kanzlei-Controlling

Im Folgenden werde die Ergebnisse der Befragungen dargestellt, in der es um die allgemeine Einstellung zur Zeiterfassung, den Minder- oder Mehraufschrieb bei einzelnen Mandanten, unbezahlte Mehrarbeit und erfolgsabhängige Zusatzvergütungen geht.

Allgemeine Einstellung zur Zeiterfassung

In dem Aufwärmstatement wurde die generelle Einstellung zum Thema Zeiterfassung abgefragt. Knapp zwei Drittel der Probanden empfinden den Stundenaufschrieb als unangenehm. Interessanterweise steigt der Wert der Unzufriedenen auf über 80% in der Gruppe der Steuer- bzw. Prüfungsassistenten. Anders als bei Werkstudenten, bei denen die Zeitaufzeichnungen mit einer zu geringen Anzahl abrechenbarer Stunden im Regelfall noch keine kritischen Nachfragen der Vorgesetzten zur Konsequenz hat, und bei ergebnisverantwortlichen Steuerberatern, die den Nutzen des Stundenaufschriebs im Vordergrund sehen dürften, "leiden" die Steuer- und Prüfungsassistenten ganz offensichtlich unter dem Druck, der aus der Zeiterfassung resultieren kann. 

Statement 1: Die Zeiterfassung in meiner Kanzlei ist ein notwendiges Übel. Insgesamt empfinde ich das Stundenaufschreiben eher als lästig.

Zustimmung

neutral

Ablehnung

absolut

Prozent

absolut

Prozent

absolut

Prozent

17

65,38% 

3

11,54 %

6

23,08 %

Minderaufschrieb bei einzelnen Mandanten

Im Vergleich zu den meisten anderen Branchen, in denen Absolventen betriebswirtschaftlicher Studiengänge ihre ersten praktischen Erfahrungen sammeln, ist der Leistungs-Output der Mitarbeiter durch die Zeiterfassung in Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsbetrieben extrem transparent. Die wenig überraschenden Ergebnisse des Statements 1 zeigen das daraus resultierende Unwohlsein der befragten Steuer- und Prüfungsassistenten. Gleichzeitig stellt sich die Frage nach Lösungsansätzen, wie Mitarbeiter eine Verbesserung der sich ergebenden Leistungsperformance erreichen und auf eventuelle kognitive Dissonanzen reagieren.

Es zeigt sich, dass mehr als die Hälfte der Probanden dem aus der Zeiterfassung resultierenden Druck dadurch begegnet, dass geringere Zeiten aus tatsächlich benötigt auf einzelne Mandate bzw. Tätigkeiten gebucht werden. In der Gruppe der Steuer- und Prüfungsassistenten bejahten drei Viertel der Antwortenden das Statement 2.

Statement 2: Bei der Zeiterfassung in meiner Kanzlei schreiben die Mitarbeiter zum Teil weniger Stunden auf einzelne Mandate, als sie tatsächlich gebraucht haben.

Zustimmung

neutral

Ablehnung

absolut

Prozent

absolut

Prozent

absolut

Prozent

15

60,00 %

6

24,00 %

4

16,00 %

Die Gründe für die Nichterfassung von Arbeitszeiten wurden im Statement 3 abgefragt. Bei knapp der Hälfte der Befragten erfolgt der Minderaufschrieb, um als Mitarbeiter "besser dazustehen". Erstaunlich – genau genommen erschreckend – ist, dass ein Viertel der Probanden angab, die Nichterfassung von Arbeitsleistung erfolge auf Druck von Vorgesetzten. Erschreckend erscheint dies insoweit, als zum einen – sollte dies tatsächlich so sein - arbeitsrechtliche Verstöße vorliegen könnten und zum anderen, weil damit ein Leistungs-Controlling auf Basis tatsächlicher Stundenverbräuche seitens des Arbeitgebers gerade nicht mehr möglich ist.

Statement 3: Wenn das der Fall ist: Der Weniger-Aufschrieb erfolgt (Mehrfachantworten möglich)  

um als Mitarbeiter besser

auf Veranlassung/Druck

weil das Budget nicht mehr

dazustehen

von Vorgesetzten

hergibt

absolut

Prozent

absolut

Prozent

absolut

Prozent

13

46,43 %

7

25,00 %

8

28,57 %

Mehraufschrieb bei einzelnen Mandanten

Unrichtigkeiten bei der Zeiterfassung können auch dadurch auftreten, dass auf einzelne Projekte bzw. Mandanten mehr Stunden erfasst werden als tatsächlich angefallen sind. Die Antworten auf Statement 4 verdeutlichen, dass dies - im Gegensatz zum Minderaufschrieb - nur in Einzelfällen geschieht.

Statement 4: Bei der Zeiterfassung in meiner Kanzlei schreiben die Mitarbeiter zum Teil mehr Stunden auf einzelne Mandate, als sie tatsächlich gebraucht haben. 

Zustimmung

neutral

Ablehnung

absolut

Prozent

absolut

Prozent

absolut

Prozent

3

12,50 %

6

25,00 %

15

62,50 %

Aus der Unvollständigkeit der Zeiterfassung resultierende unbezahlte Mehrarbeit

Die Nichterfassung von geleisteten Arbeitszeiten auf einen Mandanten/ein Projekt besagt noch nicht, dass die fraglichen Zeiten überhaupt nicht berücksichtigt werden. Denkbar wäre auch, dass Mitarbeiter die jeweiligen Stunden auf unproduktive Tätigkeiten buchen ("dispofrei" etc.). Die der Fragebogenaktion nachfolgenden persönlichen Befragungen ergaben, dass in den meisten Fällen Mitarbeiter die nicht auf Mandanten erfasste Stunden gänzlich unberücksichtigt lassen und damit Arbeitsleistungen in ihrer Freizeit erbringen. 

Statement 5: Insgesamt führt die nicht vollständige Erfassung der tatsächlich geleisteten Stunden in meiner Kanzlei dazu, dass ich als Mitarbeiter effektiv mehr Stunden in der Kanzlei arbeite, als mein Arbeitsvertrag vorsieht (kein vollständiger Überstundenausgleich). 

Zustimmung

neutral

Ablehnung

absolut

Prozent

absolut

Prozent

absolut

Prozent

15

62,50 %

8

33,33 %

1

4,17 %

Die damit einhergehenden Folgen (z.T. deutliche Überschreitung der vertraglichen Arbeitszeit bei gleichzeitig fehlendem Freizeitausgleich) wird von den Probanden durchgehend zwar als "vermutlich branchenüblich", gleichzeitig aber auch als "nachhaltig demotivierend" bezeichnet und dürfte einer der Gründe für die vergleichsweise hohe Fluktuation in der Branche bzw. die Abwanderung zu Arbeitgebern aus der Steuerberatung in die Industrie sein. In einer empirischen Untersuchung mittelständischer Steuerberatungsbetriebe ergab sich bei Weiß eine Fluktuationsquote von 5 %; bei Big-4-Gesellschaften gehen Schätzungen in eine Größenordnung von 10 bis 20 % (allerdings unter Berücksichtigung des Geschäftsfeldes Wirtschaftsprüfung, vgl. dazu: Markus Weiß, Risikofaktoren im steuerberatenden Berufsstand, 2013, S. 148, sowie Inga Michler, Jeder muss mehr als nur eine Sache können, v. 13.06.2015).

Existenz eines erfolgsabhängigen Prämien-/Bonussystems 

Die im Schrifttum angeregte Einführung von erfolgsabhängigen Gehaltsbestandteilen hat inzwischen bei vielen Steuerberatungsbetrieben Einzug gehalten (vgl. Gerd Jürgen Merz, Motivationsförderung durch leistungsorientierte Vergütungsmodelle, Kanzleiführung professionell, 12/2001, S. 177). Rund zwei Drittel der Befragten geben an, dass in ihrem Betrieb ein Teil des Gehalts erfolgsabhängig ist.

Statement 6: In meiner StB-/WP-Kanzlei existiert ein erfolgsabhängiges Prämien-/Bonussystem, auf das auch das Ergebnis der Zeiterfassung einen Einfluss hat. 

Ja

Nein

absolut

Prozent

absolut

Prozent

15

65,22 %

8

34,78 %

Im Rahmen der Einzelgespräche wurde deutlich, dass in nahezu allen Fällen der "Erfolg" zu einem wesentlichen Teil an der Auswertung der Zeiterfassung gemessen wird. Meistens ist der Anteil der abrechenbaren Stunden an der Zahl der geleisteten Stunden bzw. ein bestimmter Jahreswert der abrechenbaren Stunden ein wesentlicher Parameter für die Höhe des erfolgsbasierten Bonus. Seltener erfolgt die Messung anhand des erzielten (anteiligen) Umsatzes.

Nachvollziehbarkeit der Höhe erfolgsabhängiger Zusatzvergütungen

Bei der Beurteilung der Wirksamkeit einer erfolgsabhängigen Gehaltskomponente wird regelmäßig darauf verwiesen, dass die Transparenz und Nachvollziehbarkeit aus Mitarbeitersicht einen entscheidenden Faktor darstellt (vgl. Eckhard Voß, Peter Wilke, Klaus Maack, Mitarbeiter am Erfolg beteiligen, 2003, S. 35). Vor diesem Hintergrund erscheinen die Antworten zu Statement 7 sehr ernüchternd. Weniger als ein Drittel der Probanden gab an, die Höhe der Erfolgsbeteiligung sei für sie nachvollziehbar.

Statement 7: Wenn ein Prämien-/Bonussystem existiert: Die Ermittlung der Höhe der Zusatzvergütung ist für mich nachvollziehbar. 

Zustimmung

neutral

Ablehnung

absolut

Prozent

absolut

Prozent

absolut

Prozent

7

31,82 %

9

40,91 %

6

27,27 %

In den Einzelgesprächen erläuterten die Fragebogenteilnehmer dies häufig wie folgt: Bei der qualitativen Komponente der Erfolgsbeteiligung (Grad der Fertigkeiten, Einsatzbereitschaft, Teamfähigkeit etc.) erfolge die Beurteilung der Vorgesetzten aus Sicht der Mitarbeiter nicht selten subjektiv – eine Aussage, die wenig überraschend erscheint. Gravierender wiegen allerdings die Angaben zur quantitativen Beurteilungskomponente. Hier stehen viele Mitarbeiter vor dem Dilemma, dass einerseits die geforderte Zahl der abrechenbaren Stunden nicht erreicht werden konnte, dies aber andererseits deshalb der Fall ist, weil eben nicht alle produktiven Stunden tatsächlich erfasst wurden (vgl. oben). Im Ergebnis wurde hier ein hoher Frustrationsgrad deutlich.

Motivation durch erfolgsabhängige Zusatzvergütungen

Wie bereits im vorherigen Abschnitt erläutert sind die bei den Arbeitgebern der Probanden in Einsatz befindlichen Erfolgsbeteiligungsmodelle mit erheblichen Problemen behaftet. Insoweit erscheint es wenig verwunderlich, dass lediglich die Hälfte der Fragebogenteilnehmer dem Prämien-/Bonussystem des eigenen Unternehmens eine motivierende Wirkung zubilligt.

Statement 8: Wenn ein Prämien-/Bonussystem existiert: Die Zusatzvergütung motiviert meine Leistungsbereitschaft. 

Zustimmung

neutral

Ablehnung

absolut

Prozent

absolut

Prozent

absolut

Prozent

11

50,00 %

10

45,45 %

1

4,55 %