Arbeitszimmer in Ein- und Zweifamilienhäusern

Der BFH sieht Arbeitszimmer nur dann als „außerhäuslich“ an, wenn sie ausschließlich über eine allgemein zugängliche Verkehrsfläche betreten werden können. Dieses Kriterium erschwert den Komplettabzug von Raumkosten insbesondere bei Ein- und Zweifamilienhäusern.

Bislang war ein eigener Hauseingang für das Büro ein erfolgversprechendes Mittel, um das Arbeitszimmer der häuslichen Sphäre zu entziehen und einen Komplettabzug der Raumkosten zu erreichen. Für Ein- und Zweifamilienhäuser kann an dieser Aussage spätestens seit dem BFH-Urteil v. 15.1.2013 (VIII R 7/10, BFH/NV 2013 S. 818) nicht mehr bedingungslos festgehalten werden. Denn darin erklärte der BFH, dass auf dem Weg von der Privatwohnung zum (räumlich abgetrennten) Arbeitszimmer zusätzlich eine allgemein zugängliche oder von fremden Dritten benutzte Verkehrsfläche durchquert werden muss, um eine Einordnung als außerhäusliches Arbeitszimmer zu erreichen.

Blick in den Urteilsfall

Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Arzt seine Privatwohnung im Erdgeschoss eines Zweifamilienhauses eingerichtet. Das als Büro genutzte Obergeschoss konnte er nur über einen separaten Hauseingang mit eigenem Treppenhaus betreten. Der BFH entschied jedoch, dass zwischen den Etagen noch immer ein „innerer Zusammenhang“ bestand, sodass die Büroräume letztlich ein (beschränkt abziehbares) häusliches Arbeitszimmer darstellten.

Entscheidungserheblich war für den BFH, dass der Steuerpflichtige keine allgemein zugänglichen Verkehrsflächen durchqueren musste, um von seiner Wohnung in sein Büro zu gelangen, sondern nur Privatgelände.

Im Urteilsfall waren die Außeneingänge der Straßenseite zugewandt. Dieser Grad der „Öffentlichkeit“ genügte dem BFH aber offenbar nicht. Dass der Weg durch den Garten ebenfalls noch zur häuslichen Sphäre zählt, hatte der BFH bereits mit Urteil vom 13.11.2002 festgestellt (BFH, Urteil v. 13.11.2002, VI R 164/00, BStBl 2003 II S. 350). In diesem Fall lag das Arbeitszimmer in einem Anbau, dessen Eingang nur vom straßenabgewandten Garten her zugänglich war.

Der BFH hält selbst dann an seinem „Verkehrsflächen-Erfordernis“ fest, wenn zwei separate Mietverträge für Büro und Privatwohnung geschlossen worden sind. Das Gericht sieht darin lediglich ein gestaltbares schwaches Indiz für ein außerhäusliches Arbeitszimmer.

Eine bauliche Trennung von Büro- und Wohnbereich reicht also für sich gesehen in der Regel nicht aus, um die Verbindung zur häuslichen Sphäre zu „kappen“ und einen Komplettabzug der Raumkosten herbeizuführen. Zusätzlich muss eine allgemein zugängliche Verkehrsfläche zwischen Arbeitszimmer und Privatwohnung liegen.

Chancen für einen Komplettabzug

Gleichwohl ist ein Komplettabzug von Raumkosten auch in allein genutzten Häusern noch denkbar, wenn das Arbeitszimmer der häuslichen Sphäre, z.B. aufgrund von dort herrschendem Publikumsverkehr oder der Beschäftigung familienfremder Arbeitnehmer, entzogen wird (vgl. BFH, Urteil v. 20.11.2003, IV R 30/03, BStBl 2004 II S. 775; BFH, Urteil v. 9.11.2006, IV R 2/06, BFH/NV 2007 S. 677). Gelegentliche Beratungsgespräche mit Kunden genügen jedoch nicht, um die Einbindung des Büros in die häusliche Sphäre aufzuheben (BFH, Urteil v. 23.9.1999, VI R 74/98, BStBl 2000 II S. 7). Gleiches gilt für die Beschäftigung von Familienangehörigen (BFH, Beschluss v. 12.7.2002, IV B 36/01, BFH/NV 2002 S. 1570).

Darüber hinaus offenbart die BFH-Rechtsprechung in einem Urteil v. 20.6.2012 (IX R 56/10, BFH/NV 2012 S. 1776) eine weitere Möglichkeit, um in (bislang) allein genutzten Häusern einen Komplettabzug herbeizuführen: Der Steuerpflichtige kann eine allgemein zugängliche Verkehrsfläche auf seinem Grundstück neu erschaffen, indem er Teile seines Gebäudes vermietet. Im Urteilsfall hatten die klagenden Eheleute das Souterrain ihres Hauses fremdvermietet, ihr Arbeitszimmer im Obergeschoss war nur über einen gemeinsam mit dem Mieter genutzten straßenseitigen Zugangsbereich zugänglich. Der BFH sah darin eine der Allgemeinheit zugängliche Verkehrsfläche, die dem Ehepaar letztlich den Komplettabzug der Raumkosten sicherte. Hier kam zwar noch hinzu, dass auch Besucher der Büroräume den straßenseitigen Zugangsbereich genutzt hatten. Es sollte aber zur Annahme einer allgemein zugänglichen Verkehrsfläche ausreichen, wenn nur eine Mietpartei den Bereich nutzt.

Sogar eine (fremdübliche) Vermietung an nahe Angehörige reicht nach der Rechtsprechung des BFH aus, um eine Einstufung als außerhäusliches Arbeitszimmer zu erreichen. Im Urteilsfall hatte der Steuerpflichtige seine Privatwohnung im Erdgeschoss seines zweigeschossigen Hauses eingerichtet, eine separate Wohnung im Obergeschoss hatte er fremdüblich an seine Mutter vermietet. Ein ebenfalls im Obergeschoss liegendes und als Büro genutztes Ein-Raum-Apartment, das nur über das gemeinsam mit der Mutter genutzte Treppenhaus zugänglich war, stufte der BFH als außerhäusliches Arbeitszimmer ein.

Als Büro genutzte Kellerräume in selbst bewohnten Einfamilienhäusern sind für den BFH grundsätzlich „häuslich“, ebenso ein Büro im Dachgeschoss eines Einfamilienhauses (BFH, Urteil v. 26.2.2003, VI R 156/01, BStBl 2004 II S. 75).