Arbeitszimmer in einer Mietwohnung bei nichtehelicher Lebensgemeinschaft

Dies hatte der BFH (Beschluss vom 23.08.1999 - GrS 5/97) entschieden. Die zu Miteigentümern ergangenen Grundsätze des BFH, wonach jeder die gesamten auf seinen Anteil entfallenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten zur Einkünfteerzielung einsetzt, gelten auch für eine durch Ehegatten oder Lebenspartner gemeinsam gemietete Wohnung (z. B. BFH Urteil vom 15.12.2016 - VI R 86/13).
Was aber gilt bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften?
Hierzu wird z. B. in der Literatur die abweichende Auffassung vertreten (vgl. Kulosa in: Schmidt, EStG, 39. Aufl., § 7 Rn. 94; Kreft in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 301. Lieferung 12.2020, § 9 EStG, Rn. 43), dass der BFH in diesen Fällen eine Zuwendungsfiktion anwendet und dies mit der ehelichen Lebensgemeinschaft begründet hat. Nach dieser Fiktion wird vermutet, dass jeder Miteigentümer-Ehegatte die Hälfte der Anschaffungs-/Herstellungskosten bzw. dass jeder Ehegatte die Hälfte der Mietaufwendungen für die gemeinsam angemietete Wohnung getragen hat.
Beispiel: A nutzt in einer gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten B gemieteten Wohnung ein Arbeitszimmer, welcher insgesamt 15 % der Wohnfläche einnimmt. Die Kosten für Miete und Nebenkosten betrugen insgesamt 12.000 EUR (Anteil Arbeitszimmer somit 1.800 EUR), welche beide je zur Hälfte trugen.
Finanzamt erkennt nur die Hälfte an
Im Rahmen eines Verfahrens vor dem FG München vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass bei Nicht-Ehegatten jedem Steuerpflichtigen die von ihm getragenen Kosten zustünden. Lebten Steuerpflichtige - wie hier - gemeinsam in einer Wohnung, könne grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass jeder 50 % der Aufwendungen getragen habe und 50 % der Aufwendungen für die von ihm beruflich genutzten Räume als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben geltend machen könne. Hier hat A 50 % der Miete getragen, sodass nach dieser Auffassung nur 900 EUR abzugsfähig wären.
FG München erkennt 100% an
Das FG München (Gerichtsbescheid vom 02.03.2021 - 10 K 1251/18) hat sich aber der Auffassung des Klägers angeschlossen. A kann demnach auf das Arbeitszimmer entfallenden Teil der für die Wohnung entstandenen Aufwendungen in voller Höhe (ggf. begrenzt auf 1.250 EUR) abziehen, nachdem sie für die Wohnung tatsächlich Aufwendungen in Höhe von mehr als 1.800 EUR getragen hat.
Das FG sieht vor dem Hintergrund des allen Einkunftsarten zu Grunde liegenden Nettoprinzips, demzufolge die erwerbssichernden Aufwendungen von den steuerpflichtigen Einnahmen abgezogen werden, keinen Grund, die Rechtsprechungsgrundsätze nicht auf unverheiratete Steuerpflichtige zu übertragen, wenn es – wie hier – auf die Zuwendungsfiktion nicht ankommt, weil der von A getragene Betrag die auf das Arbeitszimmer entfallenden Aufwendungen übersteigt. Auch in diesem Fall sei der Kostenabzug auf die jeweils selbst getragenen Aufwendungen begrenzt. Es wird nur davon ausgegangen, dass dieser Aufwand primär auf die Kosten des beruflich genutzten Raums entfällt.
Keine Revision eingelegt
Das FG hat die Revision zugelassen, welche aber nicht eingelegt wurde. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass z. B. das Finanzministerium des Landes Schleswig-Holstein mit Kurzinformation v. 8.1.2020 (Nr. 2020/1) mitgeteilt hat, dass die nachstehenden Ausführungen auch für nichteheliche Lebensgemeinschaften gelten.
Hinweis: Beruflicher Nutzungsumfang
Würde A hier die Wohnung z. B. zu 60 % beruflich nutzen und käme ein voller Kostenabzug in Frage, sind zwar 100 % der grundstücksorientierten Kosten (wie z. B. Miete, Grundsteuer) grundsätzlich abziehbar, da der berufliche Nutzungsumfang aber mehr als 50 % der gesamten Wohnfläche beträgt, sind maximal nur 50 % der gemeinsam getragenen Aufwendungen zu berücksichtigen. Dies ergibt sich aus einem Urteil des BFH vom 06.12.2017 - VI R 41/15, welches grundstücks- und nutzungsorientierte Aufwendungen differenziert betrachtet (siehe hierzu auch o. g. Kurzinformation vom 8.1.2020).
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