BFH

Keine Gewerbesteuerfreiheit für Gewinne aus der Veräußerung von Lehrinstituten


Gewerbesteuerfreiheit für berufsbildenden Einrichtungen

Die Veräußerung von Lehrinstituten ist keine unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistung im Sinne von § 3 Nr. 13 GewStG.

Hintergrund: Gewerbesteuerfreiheit für berufsbildenden Einrichtungen

§ 3 Nr. 13 GewStG befreit private Schulen und andere allgemein- oder berufsbildende Einrichtungen von der Gewerbesteuer, soweit unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistungen erbracht werden, wenn sie als Ersatzschulen gemäß Art. 7 Abs. 4 GG staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind oder auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten.

Fraglich war im Urteilsfall, ob die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 13 GewStG auch die Veräußerung einer privaten allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtung erfasst.

  • Die Klägerin, eine GmbH, betrieb Lehrinstitute, in denen sie einzelne Schüler auf privatrechtlicher Grundlage unterrichtete.
  • Im Jahr 2017 veräußerte die Klägerin sämtliche zu den Lehrinstituten gehörenden Vermögensgegenstände, Arbeits- und Vertragsverhältnisse an die S-GmbH. Die S-GmbH führte die Lehrinstitute nach dem Erwerb ohne Unterbrechung des Betriebs im Außenverhältnis unter Verwendung der erworbenen Vermögensgegenstände und Vertragsverhältnisse unverändert fort.

Das Finanzamt (FA) erließ einen Gewerbesteuermessbescheid für das Streitjahr, in dem es einen durch die Veräußerung erzielten Gewinn der Klägerin bei der Ermittlung des Gewerbeertrags berücksichtigte, da dieser Gewinn nicht der Gewerbesteuerbefreiung für Leistungen allgemein- oder berufsbildender Einrichtungen unterliege. Die Klägerin beantragte, den Gewerbesteuermessbescheid dahingehend zu ändern, dass der Messbetrag ohne Berücksichtigung des Veräußerungsgewinns festgesetzt werde. Das FA lehnte diesen Antrag ab und wies den hiergegen gerichteten Einspruch durch Einspruchsentscheidung zurück. Die anschließende Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin.

Entscheidung: Keine Gewerbesteuerfreiheit für Veräußerungsgewinn

Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen und die Auffassung des FG bestätigt.

§ 3 Nr. 13 GewStG regelt, unter welchen Voraussetzungen Leistungen, die einem Schul- und Bildungszweck dienen, gewerbesteuerfrei sind. Hierfür übernimmt die Vorschrift mit Ausnahme des Bescheinigungserfordernisses den Wortlaut der umsatzsteuerrechtlichen Steuerbefreiung des § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG. Ob eine Leistung dem Schul- und Bildungszweck unmittelbar im Sinne von § 3 Nr. 13 GewStG dient, bestimmt sich entsprechend der bisherigen Rechtsprechung zu § 3 Nr. 13 GewStG a.F. i.V.m. § 4 Nr. 21 UStG.

§ 3 Nr. 13 GewStG bezieht sich nicht auf Inhalt der Leistungen

Danach bezieht sich das Tatbestandsmerkmal "unmittelbar" in § 3 Nr. 13 GewStG nicht auf den Inhalt der Leistungen, sondern beschreibt die Art und Weise, in der die Leistungen bei der Erfüllung des Schul- und Bildungszwecks der Einrichtung eingesetzt werden müssen. Es dienen solche Leistungen unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck, die ihn nicht nur ermöglichen, sondern ihn selbst bewirken. Das Unmittelbarkeitserfordernis ist nur gewahrt, wenn eine Leistung den Schul- und Bildungszweck in der Weise unmittelbar erfüllt, dass keine weitere Leistung dazwischengeschaltet ist.

Für die Unmittelbarkeit ist dabei entscheidend, welcher wirtschaftliche Erfolg mit der Leistung herbeigeführt werden soll. Bezweckt der Unternehmer mit einer Leistung, die er gegenüber einem anderen Empfänger als dem der Schul- und Bildungsleistung erbringt, einen gegenüber der Schul- und Bildungsleistung eigenständigen wirtschaftlichen Erfolg, ist die Leistung nicht steuerfrei.

Diese Auslegung des § 3 Nr. 13 GewStG entspricht dem Zweck der Vorschrift, nach dem die Befreiung einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit privater Bildungsträger entgegenwirken soll. Im Übrigen kommt es gewerbesteuerrechtlich nicht darauf an, ob eine Leistung für die Erfüllung des Schulzwecks notwendig oder unerlässlich ist, da dies für die Unmittelbarkeit ohne Bedeutung ist. Denn eine Leistung kann notwendige Voraussetzung zur Erfüllung eines Zwecks sein, ohne dass sie ihm unmittelbar dient oder umgekehrt.

Veräußerung keine unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistung

Der aufgrund der Rechtsform der Klägerin als Kapitalgesellschaft grundsätzlich zum Gewerbeertrag gehörende Gewinn aus einer Betriebsveräußerung ist nicht nach § 3 Nr. 13 GewStG steuerfrei. Denn veräußert eine Kapitalgesellschaft sämtliche Vermögensgegenstände sowie Arbeits- und Vertragsverhältnisse der von ihr betriebenen Lehrinstitute, fehlt es an einer Leistung, die dem Schul- und Bildungszweck unmittelbar dient, da die Veräußerung dieser vorgelagert ist.

Die Klägerin ermöglichte durch die Veräußerung nur mittelbar, die durch die S-GmbH als Erwerber anschließend erbrachten Unterrichtsleistungen. Insoweit verfolgte die Klägerin auch einen gegenüber der Schul- und Bildungsleistung eigenständigen wirtschaftlichen Erfolg, der auf den Erhalt des Veräußerungspreises gerichtet ist.

Die Einwendungen der Klägerin greifen nicht durch

Soweit die Klägerin ausführt, der Werdegang des § 4 Nr. 21 UStG i.d.F. des JStG 2024, der nach dem Regierungsentwurf den letztlich nicht umgesetzten Vorschlag enthielt, in einer Neufassung des § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG die Begrifflichkeiten des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL in das nationale Recht zu überführen und damit auch die mit den befreiten Umsätzen eng verbundenen Lieferungen und sonstigen Leistungen in den Wortlaut aufzunehmen, spreche für die von ihr begehrte gewerbesteuerrechtliche Steuerfreiheit des Veräußerungsgewinns, ist dem nicht zu folgen. Denn maßgebend für die Auslegung von Gesetzen ist der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt. Kommt einem vom Gesetzgeber nicht verwirklichten Regierungsentwurf somit bereits für sich genommen keine Bedeutung zu, spricht gegen die Sichtweise der Klägerin zudem die gewerbesteuerrechtliche Eigenständigkeit des § 3 Nr. 13 GewStG, die einer Auslegung nach Maßgabe des für die Gewerbesteuer unbeachtlichen Unionsrechts entgegensteht.

BFH, Urteil v. 22.5.2025, V R 32/23; veröffentlicht am 16.10.2025

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