(Zweifels-)Fragen bei der Mobilitätsprämie

Durch das Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht wurde auch die Mobilitätsprämie ab 2021 eingeführt. Im Folgenden sollen Fragen bezüglich der Festsetzung und Berechnung geklärt werden.

Die Entfernungspauschale für Berufspendler wurde ab 2021 auf 35 Cent (2022 = 38 Cent) ab dem 21. Kilometer erhöht. Die Erhöhung bringt aber Fernpendlern nichts, die mit ihrem zu versteuernden Einkommen unter dem Grundfreibetrag liegen. Daher wird seit dem 1.1.2021 auf Antrag eine Mobilitätsprämie gewährt, wenn die erste Tätigkeitsstätte oder Betriebsstätte mehr als 21 Kilometer von der Wohnung entfernt liegt (s. hierzu auch den Beitrag "Die neue Mobilitätsprämie für Fernpendler")

Berechnungsgrundlagen der Mobilitätsprämie

Bemessungsgrundlage für die Mobilitätsprämie sind grundsätzlich die erhöhten Entfernungspauschalen von 35 Cent (ab 2021) bzw. 38 Cent (ab 2022) ab dem 21. Entfernungskilometer, begrenzt auf den Betrag, um den das zu versteuernde Einkommen den Grundfreibetrag unterschreitet. Das gilt aber nur, soweit durch die erhöhten Entfernungspauschalen zusammen mit den übrigen Werbungskosten der Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1.000 EUR jährlich überschritten wird. Die Mobilitätsprämie beträgt 14 % der Bemessungsgrundlage.

Gesetzliche Regelung der Mobilitätsprämie

Die gesetzlichen Regelungen sind in den §§ 101 – 109 EStG zu finden. Die Mobilitätsprämie wird für die Jahre 2021 bis 2026 gewährt. Der Anspruch darauf entsteht mit Ablauf des Jahres. Der Anspruchsberechtigte hat den Antrag auf die Mobilitätsprämie bis zum Ablauf des 4. Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Mobilitätsprämie entsteht, zu stellen. Die Mobilitätsprämie wird im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung festgesetzt und mindert die festgesetzte Einkommensteuer (Festsetzung größer 0 z. B. in Fällen des Progressionsvorbehalts) im Wege der Anrechnung.

Eine nachträgliche Beantragung der Mobilitätsprämie – also z. B. eine Antragstellung nachdem die Einkommensteuer-Festsetzung bereits durchgeführt und bestandskräftig ist – ist innerhalb der Frist nach § 104 Abs. 2 Satz 1 EStG zulässig. Die im Rahmen der bestandskräftigen Einkommensteuerfestsetzung berücksichtigten Besteuerungsgrundlagen sind dann bei der Berechnung der Mobilitätsprämie zugrunde zu legen. Wird die Mobilitätsprämie nach Bestandskraft des Einkommensteuerbescheides erstmalig festgesetzt und ergibt sich keine Änderung der Einkommensteuerfestsetzung, ergeht zwar ein Änderungsbescheid, aber mit folgendem Text:

"Mit diesem Bescheid habe ich ausschließlich Ihre Mobilitätsprämie festgesetzt. Der übrige Steuerbescheid wird lediglich aus technischen Gründen wiederholt."

Da die Mobilitätsprämie in der Rechtsbehelfsbelehrung nicht explizit genannt wird, kann ein Einspruch innerhalb von einem Jahr eingelegt werden (§ 356 Abs. 2 AO)

Aufgrund der materiellen Bindungswirkung der Besteuerungsgrundlagen aus der Einkommensteuerfestsetzung wirkt sich aber die Änderung eines Einkommensteuerbescheides immer auch auf die Festsetzung der Mobilitätsprämie aus. Die geänderten Besteuerungsgrundlagen des Einkommensteuerbescheides sind auch bei der Festsetzung der Mobilitätsprämie zugrunde zu legen. Eine Änderung der Festsetzung der Mobilitätsprämie ist nur möglich, wenn der Einkommensteuerbescheid verfahrensrechtlich geändert werden kann.

Mobilitätsprämie bei tatsächlich höheren Aufwendungen für öffentliche Verkehrsmittel

Steuerpflichtige können statt der Entfernungspauschale die tatsächlichen Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ansetzen, soweit sie den im Kalenderjahr insgesamt als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag übersteigen. Das BMF hat in seinem Schreiben vom 18.11.2021, BStBl 2021 I S. 2315 Rz. 2 erläutert, dass sich der als Werbungskosten abziehbare Betrag, aus den abziehbaren Entfernungspauschalen und den diese übersteigenden Aufwendungen für öffentliche Verkehrsmittel zusammensetzt, sodass die erhöhte Entfernungspauschale weiterhin als Bemessungsgrundlage für die Mobilitätsprämie dient.

Auswirkungen von Arbeitgebererstattungen

Werbungskosten oder Betriebsausgaben können nicht berücksichtigt werden, soweit die Aufwendungen erstattet wurden. Steuerfreie Erstattungen des Arbeitgebers können sich daher auch auf die Bemessungsgrundlage der Mobilitätsprämie auswirken.

Erhält der Steuerpflichtige von seinem Arbeitgeber steuerfreie Erstattungen für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte oder für Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung, werden diese zugunsten des Steuerpflichtigen vorrangig mit den Entfernungspauschalen bis zum 20. Entfernungskilometer und den weiteren Werbungskosten verrechnet (als weitere Kosten gelten bei der doppelten Haushaltsführung alle weiteren Kosten der doppelten Haushaltsführung, bei der Entfernungspauschale sind die übersteigenden Kosten für öffentliche Verkehrsmittel gemeint), danach verbleibende Erstattungsbeträge werden mit den erhöhten Entfernungspauschalen ab dem 21. Entfernungskilometer verrechnet.

Beispiele für doppelte Haushaltsführung und tatsächlich höhere Aufwendungen für öffentliche Verkehrsmittel

Doppelte Haushaltsführung

A macht in 2021 eine steuerlich zu berücksichtigende doppelte Haushaltsführung geltend. Es sind 46 Familienheimfahrten mit 100 km zu berücksichtigen. Weitere Kosten für die doppelte Haushaltsführung sind mit 3.000 EUR zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber erstattete ihm 3.300 EUR steuerfrei.

Berechnung der Bemessungsgrundlage Mobilitätsprämie:

46 x 20 km x 0,30 EUR =

276 EUR

46 x 80 km x 0,35 EUR =

1.288 EUR

Weitere Kosten 3.000 EUR + 276 EUR für die ersten 20 km

3.276 EUR

- Steuerfreie Erstattung

3.300 EUR

Verbleiben 24 EUR steuerfreie Erstattung welche von der erhöhten Entfernungspauschale abzuziehen ist (1.288 EUR – 24 EUR = 1.264 EUR).

1.264 EUR abzüglich des Arbeitnehmer-Pauschbetrags 1.000 EUR = Bemessungsgrundlage Mobilitätsprämie 264 EUR

Öffentliche Verkehrsmittel

A fährt in 2021 mit öffentlichen Verkehrsmitteln an 200 Tagen 50 km zur Arbeit. Die Kosten betragen 3.500 EUR (Entfernungspauschale liegt bei 3.300 EUR). Er erhält einen steuerfreien Ersatz für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte i. H. von 3.000 EUR. Kosten für Arbeitsmittel hat er i. H. v. 1.000 EUR.

Die Bemessungsgrundlage für die Mobilitätsprämie errechnet sich wie folgt:

200 Tage x 20 km 0,30 EUR =

1.200 EUR

zzgl. Erhöhungsbetrag öffentliche Verkehrsmittel

200 EUR

- Steuerfreie Erstattung

3.000 EUR

Es verbleibt eine steuerfreie Erstattung i. H. von 1.600 EUR

Erhöhte Entfernungspauschale 200 Tage x 20 km x 0,35 EUR =

2.100 EUR

- Steuerfreie Erstattung

1.600 EUR

Es verbleiben somit 500 EUR + weitere Werbungskosten 1.000 EUR = 1.500 EUR

Über Pauschbetrag von 1.000 EUR = Bemessungsgrundlage Mobilitätsprämie 500 EUR

Steuerfreie Einnahmen

Eine Mobilitätsprämie ist nur für Fahrten zu einer ersten Tätigkeitsstätte/Betriebsstätte sowie für wöchentliche Familienheimfahrten bei doppelter Haushaltsführung zu gewähren, die im Zusammenhang mit steuerpflichtigen Einnahmen durchgeführt werden.

Besteht hingegen ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen, ist ein Abzug als Werbungskosten oder Betriebsausgaben nach § 3c Absatz 1 EStG ausgeschlossen. Dies gilt auch dann, wenn die steuerfreien Einnahmen dem Progressionsvorbehalt unterliegen.

Schlagworte zum Thema:  Einkommensteuer, Entfernungspauschale