Verpachteter Gewerbebetriebe:Übertragung von Veräußerungsgewinnen

Können nach § 6b Abs. 1 EStG Veräußerungsgewinne auf Wirtschaftsgüter verpachteter Gewerbebetriebe übertragen werden?

Beispiel: Die X-GmbH hat ab 1.1.2019 ihren Gewerbebetrieb an die Y-GmbH verpachtet. Eines ihrer Gebäudegrundstücke hat sie 2019 an die Y-GmbH verkauft und dabei einen Veräußerungsgewinn von 100.000 EUR erzielt. Diesen Veräußerungsgewinn will sie nach § 6b Abs. 1 EStG auf die Anschaffungskosten von 200.000 EUR eines 2019 erworbenen unbebauten Grundstücks übertragen.

Veräußerungsgewinn ist übertragbar

Verpachtet eine Kapitalgesellschaft einen Betrieb, so entstehen hinsichtlich der Anwendung des § 6b EStG keine Probleme, weil die Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft nach § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG stets und im vollen Umfang als Gewerbebetrieb gilt und demzufolge die Einkünfte einer Kapitalgesellschaft aus der Verpachtung eines Betriebs stets Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind. Daher verlieren auch die verpachteten Anlagegüter niemals ihre Betriebsvermögenseigenschaft. Veräußert mithin eine Kapitalgesellschaft ein mitverpachtetes Wirtschaftsgut des Anlagevermögens und entsteht dadurch ein Veräußerungsgewinn, so kann dieser auf ein von der Kapitalgesellschaft angeschafftes oder hergestelltes Reinvestitionsgut nach § 6b EStG übertragen werden.

Gilt dies auch bei einer Betriebsverpachtung durch eine natürliche Person oder Personengesellschaft?

Die vorstehenden Ausführungen gelten auch für die Fälle, in denen eine natürliche Person oder eine Personengesellschaft einen Betrieb verpachtet, allerdings nur so lange, wie nicht die Aufgabe des Betriebs erklärt wird (§ 16 Abs. 3b EStG). Selbstverständlich müssen auch die übrigen Voraussetzungen des § 6b EStG nach der Verpachtung erfüllt sein, wie beispielsweise die Ermittlung des Betriebsergebnisses durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG oder § 5 EStG oder die 6-Jahresfrist (§ 6b Abs. 4 Nr. 1 und 2 EStG).

Der Anwendbarkeit des § 6b EStG bei einem verpachteten Gewerbebetrieb, dessen Aufgabe nicht erklärt worden ist, steht nicht entgegen, dass die Einkünfte aus der Verpachtung des Betriebs als gewerbliche Einkünfte nicht mehr der Gewerbesteuer unterliegen. Das gilt selbst dann, wenn es sich um die Übertragung stiller Reserven handelt, die vor der Betriebsverpachtung aufgedeckt, zunächst in eine 6b-Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG eingestellt und nach der Betriebsverpachtung auf ein Reinvestitionsgut übertragen werden.

Praxis-Tipp: Betriebsverpächter hat noch einen anderen Gewerbebetrieb

Hat der Betriebsverpächter noch einen anderen Gewerbebetrieb, so kann er die in diesem anderen Gewerbebetrieb aufgedeckten stillen Reserven auch auf Wirtschaftsgüter übertragen, die für den verpachteten Betrieb angeschafft oder hergestellt werden. Jedoch ist dies nur dann möglich, wenn der Steuerpflichtige hinsichtlich des verpachteten Betriebs nicht die Aufgabe erklärt hat und alle anderen Voraussetzungen des § 6b EStG erfüllt sind.

§ 6b EStG ist bei einer Betriebsaufgabe aufgrund einer Betriebsaufgabeerklärung nicht anwendbar

Hat ein Steuerpflichtiger seinen Betrieb verpachtet und erklärt er bei Beginn der Verpachtung oder später, dass er seinen Betrieb aufgeben wolle, so werden durch die Aufgabeerklärung die in dem verpachteten Anlagevermögen enthaltenen stillen Reserven aufgedeckt. Die Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens werden – soweit privatisierbar – in das Privatvermögen überführt. § 6b EStG kann hier in der Regel nicht zur Anwendung kommen, weil in diesem Fall die Aufdeckung der stillen Reserven nicht durch eine Veräußerung erfolgt, was nach § 6b Abs. 1 EStG Voraussetzung für die Anwendung der Begünstigung ist.

Schlagworte zum Thema:  Einkommensteuer, Rücklage, Veräußerungsgewinn