Unterhaltsleistungen an krankes Kind

Wie sind Krankheitskosten des Kindes bei der Ermittlung seiner Einkünfte und Bezüge nach § 33a Abs. 1 EStG zu berücksichtigen?

Kinder, die sich nach Vollendung des 25. Lebensjahres noch in Ausbildung befinden, werden in der Regel von den Eltern finanziell unterstützt mit der Folge, dass die Eltern die Unterhaltsleistungen nach § 33a Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastung geltend machen können. Da die FÄ die Berücksichtigung von Krankheitskosten des Kindes in der Regel ablehnen, wird nachfolgend die Rechtslage zur Berücksichtigung von Krankheitskosten ausführlich dargestellt. Außerdem wird noch auf das beim BVerfG anhängige Verfahren (2 BvR 1853/15) zur Berücksichtigung von Sozialversicherungsbeiträgen verwiesen.

Die Rechtsprechung des BFH

Der BFH hat im Urteil vom 26.9.2007 (III R 4/07, BStBl 2008 S. 738, unter II. 8) ausdrücklich offengelassen, ob und inwieweit Krankheits- oder Krankheitsfolgekosten zu den nach der Rechtsprechung des BVerfG vom 11.1.2005 ( BvR 167/02, BVerfGE 112 S. 164, BFH/NV 2005, Beilage 3 S. 260) unvermeidbaren, die Einkünfte und Bezüge des Kindes mindernden Aufwendungen gehören können. Auch in den Urteilen vom 17.12.2009 (III R 74/07, BStBl 2010 II S. 552) und vom 9.2.2012 (III R 5/08, BFH/NV 2012 S. 851) musste er diese Frage nicht entscheiden.

In seinem Beschluss vom 31.3.2008 (III B 90/06) hat der BFH bestätigt, dass die Grundsätze des BVerfG vom 11.1.2005 (a.a.O.), wonach Einkünfte und Bezüge nur anzusetzen sind, soweit sie zur Bestreitung des Unterhalts oder der Ausbildung bestimmt und geeignet sind, und außerdem dem Unterhaltsberechtigten zur Verfügung stehen, auch für die Ermittlung der eigenen Einkünfte und Bezüge einer unterhaltenen Person im Sinne des § 33a Abs. 1 EStG gelten.

Niedersächsisches FG: Unvermeidbare Krankheitskosten mindern die Einkünfte und Bezüge 

Zu der Frage, ob Krankheitskosten die Einkünfte und Bezüge der unterhaltenen Person mindern, hat das Niedersächsische FG mit Urteil vom 18.7.2013 (16 K 107/11) entschieden, dass unvermeidbare Krankheitskosten die Einkünfte und Bezüge mindern. Das FG hat seine Auffassung damit begründet, dass Krankheitskosten zu den nach der Rechtsprechung des BVerfG vom 11.1.2005 (a.a.O.) unvermeidbaren, die Einkünfte und Bezüge des Kindes mindernden Aufwendungen gehören. Hierfür spricht nach Auffassung des BVerfG, dass die Einkünfte, soweit sie für die Folgen der Erkrankung aufgewandt werden müssen, dem Kind zur Bestreitung seines Unterhalts oder seiner Berufsausbildung nicht zur Verfügung stehen. 

FG Düsseldorf: Bezug auf Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG

Das FG Düsseldorf vertritt die Auffassung, dass die für den Abzug von Unterhaltsaufwendungen an eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person als außergewöhnliche Belastung maßgeblichen anrechenbaren Einkünfte und Bezüge des Unterhaltsempfängers nur dann durch dessen Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen vermindert werden, wenn es sich hierbei um nicht verfügbare Beträge i. S. d. Entscheidung des BVerfG vom 11. 1. 2005 (a.a.O.) zur Einbeziehung von Sozialversicherungsbeiträgen in den Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG handelt (Urteil vom 1.2.2010, 11 K 1996/08 E).

Obwohl der BFH zur Berücksichtigung von Krankheitskosten bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge im Sinne des § 33a Abs. 1 EStG bisher nicht entschieden hat, sind aufgrund des BFH Beschlusses vom 31.3.2008 (a.a.O.) die Grundsätze des BVerfG Beschlusses vom 11.1.2005 (a.a.O.) sinngemäß anzuwenden. Daraus folgt, dass Mittel zur Begleichung von Krankheitskosten eines Kindes der Bestreitung des Lebensunterhalts des Kindes nicht zur Verfügung stehen und daher von den Einkünften und Bezügen abzuziehen sind.

Berücksichtigung von Sozialversicherungsbeiträgen

In diesem Praxis-Tipp vom 8.1.2016 wurde darauf verwiesen, dass der BFH mit zwei Urteilen vom 18.6.2015 (VI R 45/13 und VI R 66/13) entschieden hat, dass bei der Ermittlung der eigenen Einkünfte und Bezüge einer unterhaltsberechtigten Person deren Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung nicht abgezogen werden können. In dem Verfahren 2 BvR 1853/15 muss das BVerfG klären, ob die Auffassung des BFH zutreffend ist. Der BFH hat seine negative Entscheidung damit begründet, dass § 33a EStG mit dem BürgEntlG KV geändert, und der Verweis auf § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG a. F. gestrichen wurde. Auf dem Verweis gründete allerdings der Beschluss des BVerfG (vom 11.1.2005 a.a.O.), wonach verfassungskonform die Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung bei der Ermittlung der anrechenbaren Einkünfte im Rahmen des § 33a EStG a. F. abzuziehen waren, weil diese nicht "zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet" waren. An den nun entfallenen Verweis knüpft das Urteil des BFH an und verneint, orientiert am neuen Wortlaut, die streitige Frage, ob auch der neugefasste § 33a EStG den Abzug der Pflichtbeiträge gebietet.

Einspruch einlegen

In den Fällen, in denen die FÄ die Berücksichtigung von Krankheitskosten bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge einer unterhaltsberechtigten Person ablehnen, sollte gegen die ablehnenden Bescheide unter Hinweis auf die vorstehenden Ausführungen Einspruch eingelegt und der Abzug der Krankheitskosten beantragt werden.

StB Georg Schmitt Dipl.-Finanzwirt (FH)