vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterhaltsaufwendungen als außergewöhnliche Belastung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die für den Abzug von Unterhaltsaufwendungen an eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person als außergewöhnliche Belastung maßgeblichen anrechenbaren Einkünfte und Bezüge des Unterhaltsempfängers werden nur dann durch dessen Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen vermindert, wenn es sich hierbei um nicht verfügbare Beträge i. S. d. Entscheidung des BVerfG vom 11. Januar 2005 (2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164) zur Einbeziehung von Sozialversicherungsbeiträgen in den Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG handelt.
  2. Dies hängt davon ab, ob die Einkünfte und Bezüge dem Unterhaltsberechtigten von Gesetzes wegen nicht zur Verfügung stehen und deshalb keine Entlastung des Unterhaltsverpflichteten bewirken können.
  3. Unterhaltszahlungen des unterstützten Vaters an seine Ehefrau können danach nicht einkünfte- und bezügemindernd berücksichtigt werden, da sie zumindest mittelbar auch der unterhaltsverpflichteten Tochter selbst zu Gute kommen, weil sie insoweit keinen Unterhalt mehr gegenüber ihrer Mutter leisten muss.
 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 2, § 33a Abs. 1 Sätze 1, 4; BGB § 1608 S. 2

 

Streitjahr(e)

2006

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 30.06.2011; Aktenzeichen VI R 14/10)

 

Tatbestand

Streitig ist die Berücksichtigung von Krankheitskosten sowie Unterhaltsaufwendungen bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge der unterhaltenen Person im Sinne des § 33a Abs. 1 Satz 4 des EinkommensteuergesetzesEStG –.

Die Kläger werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2006 machten die Kläger Unterhaltsleistungen der Klägerin i.H.v. 1.316 EUR als außergewöhnliche Belastung geltend. In dieser Höhe hatte die Stadt A die Klägerin für Kosten der Unterbringung ihres Vaters in einem Altenpflegeheim, die durch einen schweren Schlaganfall und die daraus resultierende Pflegebedürftigkeit (Pflegestufe II) notwendig geworden war, in Anspruch genommen. Die Kosten der Unterbringung hatten sich auf insgesamt 37.700 EUR belaufen. Der Vater der Klägerin hatte im Jahr 2006 eine Rente i.H.v. 24.069 EUR bezogen, wovon 9.440,64 EUR an das Altenpflegeheim gezahlt worden waren. Zudem waren Leistungen der Pflegeversicherung i.H.v. 22.344 EUR gezahlt worden. Gegenüber seiner schwer gehbehinderten Ehefrau, der Mutter der Klägerin, hatte der Vater der Klägerin – im Einvernehmen mit dem Sozialamt – Unterhaltsleistungen durch Begleichung laufender Lebenshaltungskosten i.H.v. 15.229 EUR erbracht.

Im Einkommensteuerbescheid vom 27. Juli 2006 berücksichtigte das beklagte Finanzamt die Unterhaltsaufwendungen der Klägerin im Hinblick auf die eigenen Einkünfte und Bezüge der unterstützten Person nicht als außergewöhnliche Belastung. Dagegen legten die Kläger rechtzeitig Einspruch ein und machten geltend, dem Vater der Klägerin hätten nach Abzug der Unterhaltszahlungen an seine Ehefrau nur 31.184 EUR zur Verfügung gestanden, dieser Betrag habe indes nicht ausgereicht, um die Aufwendungen für das Pflegeheim i.H.v. ca. 43.000 EUR aufzubringen. Die bestehende Unterdeckung i.H.v. 11.816 EUR habe durch das Sozialamt sowie die Klägerin aufgebracht werden müssen.

Durch Einspruchsentscheidung vom 13. Mai 2008 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen seien bei der Ermittlung der anrechenbaren Einkünfte der unterhaltenen Person nicht zu berücksichtigen. Für die Anrechnung von Einkünften sei grundsätzliche ohne Bedeutung, ob diese dem Unterhaltsberechtigten zur Bestreitung des Unterhalts zur Verfügung stünden (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH –, z.B. Urteil vom 11. Juli 1990 III R 111/86, BFHE 162, 231, BStBl II 1991, 62). Bei den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 2 EStG gehe der Gesetzgeber typisierend davon aus, dass sie demjenigen, der sie erzielt habe, für seinen Lebensunterhalt tatsächlich zur Verfügung stünden. Es sei daher für die Anrechnung unerheblich, dass der Unterhaltsberechtigte die Einkünfte nicht für den Lebensunterhalt verwenden könne, weil er anders disponiert habe oder weil er damit andere Ausgaben bestreiten müsse, ohne insoweit die freie Wahl zu haben. Solche auf besonderen persönlichen Verhältnissen beruhende Umstände, aufgrund derer Einkünfte im Einzelfall nicht zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung stünden, sollten aufgrund des typisierenden Charakters der Regelung außer Betracht bleiben. Daher könnten die eigenen Einkünfte und Bezüge des Vaters der Klägerin nicht um dessen Unterhaltszahlungen an seine Ehefrau gemindert werden.

Die Kläger haben am 6. Juni 2008 Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie vor, dem Vater der Klägerin verbleibe nach Abzug seiner zwangsläufigen Unterhaltskosten sowie der zwangsläufigen Aufwendungen für die Unterbring...

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