Kosten einer Erstausbildung oder eines Erststudiums ab 2015

Nach geltendem Recht sind die Aufwendungen für eine erste Berufsausbildung und für ein Erststudium mit Ausnahme der Ausbildungsdienstverhältnisse nicht mehr als Werbungskosten abzugsfähig. Hierzu sind beim BVerfG seit dem Jahr 2014 nehrere Verfahren anhängig. Da bisher noch keine Entscheidung ergangen ist, weisen wir nochmals auf diese Verfahren und die sich daraus ergebenden Möglichkeiten hin.

Nach der derzeit geltenden Gesetzeslage berücksichtigen die Finanzämter die Kosten für eine Erstausbildung oder ein Erststudium als Sonderausgaben. Dabei ist der Abzug auf nur 6.000 EUR jährlich begrenzt möglich (§ 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG) mit der Folge, dass in der Praxis zu der Begrenzung des Abzugs noch hinzukommt, dass der Sonderausgabenabzug in vielen Fällen wegen fehlender Einkünfte ins "Leer"“ geht. Um einen Abzug der Ausbildungskosten als Werbungskosten zu ermöglichen, ist es daher grundsätzlich erforderlich, dass der Ausbildung oder dem Studium bereits eine Erstausbildung vorangegangen ist. 

Abzugsmöglichkeiten ab 2015

Durch die o. a. Regelung ist es ab 2015 wesentlich schwieriger, gegenüber dem Finanzamt eine, den Werbungskostenabzug begründende Erstausbildung nachzuweisen. Es ist daher sinnvoll, vor Beginn eines langen und mit erheblichen Kosten verbundenen Studiums, eine 12-monatige Vollzeitausbildung mit einer Abschlussprüfung zu absolvieren, und dadurch den Werbungskostenabzug für die Studienzeit zu sichern. In diesen Fällen besteht dann die Möglichkeit, die Kosten des Studiums in einem Antrag auf Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags für jedes Jahr geltend zu machen. Nach Abschluss des Studiums kann dann der bis dahin entstandene Verlustvortrag mit positiven Einkünften verrechnet werden, und zu nicht unerheblichen Steuererstattungen führen. 

Mehrere Verfahren beim BVerfG

Da der BFH mit Beschlüssen vom 17.7.2014 (VI R 2/12, 2/13, 8/12, 38/12, und 72/13) die Auffassung vertreten hat, dass Aufwendungen für die Ausbildung zu einem Beruf als notwendige Voraussetzung für eine nachfolgende Berufstätigkeit beruflich veranlasst und demgemäß auch als Werbungskosten zu berücksichtigen sind, hat er dem BVerfG die Frage vorgelegt, ob § 9 Abs. 6 EStG in der bis zum 31.12.2014 geltenden Fassung mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Da der Gesetzgeber in § 9 Abs. 6 EStG sowohl in der bis zum 31.12.2014 geltenden Fassung als auch in der ab 1.1.2015 geltenden Neufassung bestimmt hat, dass Kosten einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums mit Ausnahme der Ausbildungsdienstverhältnisse keine Werbungskosten darstellen, ist die Entscheidung des BVerfG auch für die Jahre ab 2015 von Bedeutung.

Praxis-Tipp: Kosten geltend machen

Unter Hinweis auf die beim BVerfG anhängigen Verfahren 2 BvL 23/14, 24/14, 25/14, 26/14 und 27/14 sollten Betroffene die Kosten ihrer Erstausbildung bzw. ihres Erststudiums auch dann gelten machen, wenn sie vor Beginn der Ausbildung oder des Studiums keine Erstausbildung absolviert haben. Dabei ist zu beachten, dass die Kosten der Ausbildung oder des Studiums durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung bzw. durch einen Antrag auf Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags geltend zu machen sind. Stpfl. die bisher noch keine Steuererklärungen abgegeben haben, können bis zum 31.12.2016 noch die Berücksichtigung der Ausbildungskosten als Werbungskosten für die Jahre ab 2012 beantragen.

Vorläufigkeitsvermerk enthalten?

Da die Finanzämter angewiesen sind, die Steuerfestsetzungen für die Jahre 2004 bis 2014 und auch für die Jahre ab 2015 wegen der Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für eine Berufsausbildung oder Studium als Werbungskosten oder Betriebsausgaben gem. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO vorläufig vorzunehmen, sollten Betroffene darauf achten, dass ihre Steuerbescheide auch diesen Vorläufigkeitsvermerk enthalten. Ist das nicht der Fall sollte der entsprechende Steuerbescheid durch einen Einspruch offengehalten werden.