Verfassungswidrigkeit der Zweitwohnungssteuer

Die Zweitwohnungsteuer ist eine verfassungsrechtlich anerkannte Aufwandsteuer mit örtlich beschränktem Wirkungskreis (vgl. Art. 105 Absatz 2a GG). Es handelt sich um eine örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuer, die die Länder zur Gesetzgebung haben, und die den bundesgesetzlich geregelten Steuern nicht gleichartig sind.

Deshalb ist sie nur als solche erlaubt und kollidiert  nicht mit der Gesetzgebungs- und Ertragshoheit  bei der Einkommen -, Umsatz – und Grundsteuer. Dabei handelt es sich um eine Gemeindesteuer, deren Aufwand sich aus ihren regionalen Aufgaben zur Herstellung aller möglichen öffentlichen Einrichtungen in den ortsnahen Verhältnissen ergibt. Es wird auf den Steuerpflichtigen somit nur gemeindlicher Aufwand  überwälzt (hat den Haushalt der jeweiligen Gemeinde belastet), und für den der Steuerpflichtige als Aufwandsverursacher aufkommen soll. Gegenstand der Besteuerung ist dagegen der örtlich in Erscheinung tretende Aufwand des Steuerpflichtigen, der sich in der Zweitwohnung und der dafür vom Steuerpflichtigen verbrauchten objektiven wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit dokumentiert. Diese Steuer soll nur soweit erhoben werden, als ihre sonstigen Einnahmen zur Deckung der Ausgaben nicht ausreichen (§ 3 Absatz 4 NKAG).

Unterschiedliche Bemessungsgrundlagen – zwei verschieden Kategorien

Die einzelnen Länder gestatten mit ihren Kommunalabgabengesetzen ihren Gemeinden, Ortssatzungen für die Erhebung der Zweitwohnungsteuer zu erlassen. Dabei gibt es im Wesentlichen zwei unterschiedliche Kategorien. Beide erheben die Zweitwohnungsteuer zwar nach dem Mietwert einer Wohnung.

Kategorie 1: Mietwert nach Jahresrohmiete

Jedoch nimmt die eine Kategorie als Mietwert den nach der Jahresrohmiete an, die sich  auf den Einheitswert zum 1.1.1964 ergeben hat. Ist diese nicht bekannt, wird sie hilfsweise geschätzt in Anlehnung an die Miete, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung zum Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.1964 regelmäßig bezahlt wird und dann ebenfalls hochgerechnet. Ergibt auch dieses Verfahren keinen schlüssigen Wert, wird auf § 79 Absatz 2 BewG verwiesen oder auf die übliche Miete, oder 6 Prozent vom Wert der Wohnung oder letztlich der gemeine Wert nach § 9 BewG. So oder so ähnlich verfahren zum Beispiel die Gemeinden Clausthal-Zellerfeld, Kiel, Glücksburg, Schleswig, Fehmarn, Sylt, Lübeck, St. Peter-Ording, Oberstdorf, Grömitz und Cuxhaven.

Diese erste Kategorie von Ortssatzungen dürfte aufgrund der neuen Rechtsprechung des BFH und der BVerfG zur Zweitwohnungsteuer (1 BvR 1656/09 vom 15.1.2014) verfassungswidrig sein. Diejenigen Bemessungsgrundlagen, die außerdem nach § 79 Absatz 2 BewG oder unabhängig davon eigengenutzte Wohnungen niedriger besteuern wollen, dürften nach ebenfalls neuerer Rechtsprechung (VerwG Leipzig, Urteil v. 8.12.2015, 6 K 594/15) ebenfalls verfassungswidrig sein.

Zu dieser Kategorie gehört auch eine Satzung, die das OVG Lüneburg mit seiner Entscheidung vom 16.3.2010 (9 LA 100/09) als gegen Art. 3 Absatz 1 GG verstoßend beurteilt hat und die noch mit dem Besteuerungsmerkmal der Jahresrohmiete an den alten Werten vom 1.1.1964 anknüpfte, was dem Gericht damals noch als verfassungswidrig erschien.

Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, eine Satzungsregelung, die unterschiedliche Steuermaßstäbe für vermietete Wohnungen einerseits und andererseits eigengenutzte Wohnungen vorsieht, sei in der Regel willkürlich und daher unwirksam.

Das Gericht ging davon aus, dass die Bestimmung der Jahresrohmiete des Absatzes 2 für sich gesehen nicht anfechtbar, sondern als noch hinzunehmende Pauschalregelung üblich sei. Allerdings weiche sie mit der Regelung des Absatzes 3 von diesem Maßstab aus nicht erklärlichen Gründen ab.

Kategorie 2: Mietwert nach Jahresnettokaltmiete

Zur zweiten Kategorie gehören andere Gemeinden (wie zum Beispiel München, Dresden, Magdeburg, Stuttgart, Heidelberg, Darmstadt, Görlitz, Zingst, Rostock). Sie gehen von dem jährlichen Mietaufwand aus. Das ist die Nettokaltmiete, die der Steuerpflichtige für die Benutzung der Wohnung aufgrund vertraglicher Vereinbarungen nach dem Stand im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerpflicht für 1 Jahr zu entrichten hätte (Jahresnettokaltmiete). Als Mietaufwand gelten auch alle anderen Formen eines vertraglich vereinbarten Überlassungsentgelts, beispielsweise Pachtzins, Nutzungsentgelt, Erbbauzins, Leibrente.  Wenn nur eine Bruttokaltmiete (einschließlich Nebenkosten, aber ohne Heizkosten) vereinbart wurde, gilt als Nettokaltmiete die um einen Abzug von 10 % verminderte Bruttokaltmiete. Wenn nur eine Bruttowarmmiete (einschließlich Nebenkosten und Heizkosten) vereinbart wurde, gilt als Nettokaltmiete die um einen Abzug von 20% verminderte Bruttowarmmiete.

Diese zweite Kategorie ist im Ansatz verfassungsgemäß und entspricht dem Grundsatz der realitätsgerechten Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.

Für Wohnungen, die im Eigentum des Steuerpflichtigen stehen oder die dem Steuerpflichtigen unentgeltlich oder zu einem Entgelt unterhalb der ortsüblichen Miete überlassen sind, ist die Nettokaltmiete in der ortsüblichen Höhe anzusetzen. Sie wird von der Landeshauptstadt München in Anlehnung an die Nettokaltmiete geschätzt, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird. – Als Anknüpfungspunkte nimmt zum Beispiel die Gemeinde Hannover ähnlich wie München die aufgrund des Mietvertrages im Besteuerungszeitraum gemäß § 5 Abs. 1 geschuldete Nettokaltmiete. Das stellt keine gleichheitswidrige Vergünstigung dar und verstößt deshalb wohl nicht gegen Artikel 3 Abs. 2 GG.

Leipzig hatte einen gestaffelten Steuersatz

Eine Ausnahme erlaubte sich die Stadt Leipzig, weil sie die die Anforderungen des BVerfG hinsichtlich der Steuergerechtigkeit nicht erfüllte. Das Leipziger Verwaltungsgericht hatte mit seinem Urteil vom 8.12.2015 (6 K 594/15). der dortigen Satzung "keine wirksame Rechtsgrundlage" attestiert und einen Zweitwohnungsbescheid aufgehoben. Leipzig hatte einen gestaffelten Steuersatz. Dieses führte insbesondere zu Ungerechtigkeiten an der Grenze der Staffeln, sodass die Steuerschuldner im unteren Bereich der Steuerquote am stärksten belastet werden. Das BVerfG stellte klar, dass ein degressiver Zweitwohnungssteuertarif (und dazu zählten auch Staffeln) das Grundrecht auf Gleichbehandlung des Art. 3 Absatz 1 GG verletzt. 4. Handlungsmöglichkeiten bei Grund- und Zweitwohnungssteuerbescheiden.

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